Danziger Bürgermeister Adamowicz nach Attentat verstorben
Danzigs Oberbürgermeister Pawel Adamowicz erlag am heutigen Montag seinen schweren Verletzungen. Der Politiker wurde am Sonntag, den 13. Jänner, während der alljährlichen Charity-Veranstaltung WOSP (Großes Orchester der Weihnachtshilfe) auf offener Bühne tödlich mit Messerstichen verwundet. Er wurde 53 Jahre alt, hinterlässt seine Ehefrau und zwei Töchter.
Der Angreifer stürmte nach 20 Uhr, kurz vor dem Ende des Events, die Bühne und stach dreifach auf Adamowicz mit einem 14,5-Zentimeter langen Messer ein. Nach der Attacke nannte der Mann seinen vollständigen Namen und schrie, dass er in der Regierungszeit der PO (Bürgerplattform) im Gefängnis saß und dort gefoltert wurde. Wenige Momente später wurde er überwältigt und von Securitymitarbeitern abgeführt.
Adamowicz wurde auf der Bühne wiederbelebt und in ein Krankenhaus transportiert. Nach einer fünfstündigen Notoperation verkündeten Ärzte gegen 2.30 Uhr, dass der Patient lebt, sich aber in einem kritischen Zustand befindet. Adamowicz war an der Aorta und an Organen im Bauchbereich schwer verletzt worden, bei der Operation hatte man 41 Blutkonserven benötigt. Ein Team aus acht Ärzten kämpfte stundenlang um das Leben des seit 2015 parteilosen Bürgermeisters. Hunderte Danziger folgten ihrem Aufruf und spendeten Blut, die Wartezeiten für die Abnahme betrugen bis zu zwei Stunden. Kurz vor 15 Uhr wurde sein Tod verkündet.
Adamowicz kam am 2. November 1965 in Danzig zur Welt. Von 1984 bis 1989 studierte er an der Universität Danzig Jus, engagierte sich in der freien Gewerkschaft Solidarnosc und galt als proeuropäisch. Seit 1998 bekleidete er das Amt des Oberbürgermeisters in der Hafenstadt an der polnischen Ostseeküste. "Ich bin der Bürgermeister aller Danziger" war sein wichtigster politischer Grundsatz.Von 2001 bis 2015 war er Mitglied der PO. Mehrfach wurde gegen ihn ermittelt, weil er eine Eigentumserklärung nicht korrekt ausgefüllt haben könnte. Aufgrund dieser Anschuldigungen zog sich Adamowicz aus der PO zurück. Ein Urteil im Prozess steht aus.
Polen in Schockstarre
Noch vor Adamowiczs Ableben verkündete Staatspräsident Andrzej Duda, am morgigen Dienstag einen Marsch gegen Hass mit Politikern aller Couleur zu veranstalten. Auf Wunsch der Familie des Verstorbenen, den Tod nicht politisch zu instrumentalisieren, nahm er von dieser Idee wieder Abstand. Im ganzen Land wollen sich bereits am heutigen Abend Menschen in Großstädten versammeln, auch in Berlin und London sind Kundgebungen geplant.
Behörden prüfen, wie es zu dem Anschlag trotz Sicherheitsvorkehrungen kommen konnte. Der Attentäter habe laut Angaben einer Polizeisprecherin eine Medienakkreditierung bei sich gehabt. Sicherheitsbehörden wehrten sich gegen Anschuldigungen, das Event nicht genügend geschützt zu haben.
Parteiübergreifende Trauer
Politiker aller Parteien verurteilten die Tat. In Polen entfachte rasch eine Debatte, inwiefern ein vergiftetes gesellschaftliches und politisches Klima den Angreifer zur Tat angestiftet haben könnte. Der 27-jährige Täter verbüßte bis vor kurzem eine fünfjährige Haftstrafe wegen bewaffneten Banküberfällen und soll an einer psychischen Störung leiden.
Jerzy Owsiak, der wie Adamowicz in Vergangenheit Zielscheibe von Kritik seitens der Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) und Leiter der Charity-Veranstaltung war, legte seine Tätigkeit nieder. Er begründete den Schritt mit dem jahrelangen Anstieg von Hassrede. In der Nacht nach der Attacke auf Adamowicz forderte zur Abkehr von Hass und Gewalt auf: „Seien wir Polen, die sich lieben und Freundschaft füreinander empfinden! Bekämpfen wir das Böse, aber ohne Aggression und Gewalt!“
PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski solidarisierte sich mit der Familie des Verstorbenen und sprach sein Beileid aus. Der konservative Politiker fühle "tiefen Schmerz" sprach von einem "verbrecherischen Attentat". Staatspräsident Andrzej Duda bat Gott um Unterstützung der Hinterbliebenen und twitterte: "Feindschaft und Gewalt brachten die tragischste Folge und Schmerz. Wir dürfen uns nicht damit abfinden." Duda kündigte fügte hinzu: "Ein unvorstellbares Übel ist geschehen." Für den Tag des Begräbnisses rief er eine Staatstrauer aus. Premierminister Mateusz Morawiecki stimmte in den Tenor ein und sprach von einer "großen Tragödie für uns alle".
EU-Ratspräsident Donald Tusk, wie Adamowicz aus der ehemaligen Hansestadt stammend, verabschiedete sich auf Twitter: "Wir werden dich nie vergessen. Ade, mein Freund." Frans Timmermans, Vizepräsident der Europäischen Kommission, verurteilte "sinnlose Gewalt" und twitterte, dass Danzig, Polen und Europa ihn vermissen werden.
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