UN-Chef sieht „moralisches Versagen“ beim Klimaschutz und fordert 1.300 Milliarden Dollar ein

UN-Chef sieht „moralisches Versagen“ beim Klimaschutz und fordert 1.300 Milliarden Dollar ein
Beim Vorbereitungsgipfel fehlten die Staats- und Regierungschefs der USA, Chinas und Indiens – der drei größten CO₂-Emittenten der Welt.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat den Mitgliedstaaten vor Beginn der 30. UN-Klimakonferenz (COP30) eine gescheiterte Klimapolitik vorgeworfen. Auf einem Gipfeltreffen im brasilianischen Belém sagte er, die Welt steuere auf ein „unvermeidliches, vorübergehendes Überschreiten“ der 1,5-Grad-Grenze zu. Jede weitere Verzögerung sei „moralisches Versagen und tödliche Fahrlässigkeit“.

Selbst ein kurzfristiges Überschreiten des Limits könne Ökosysteme über Kipppunkte hinausdrängen, Milliarden Menschen unerträglichen Lebensbedingungen aussetzen und Konflikte verschärfen, so Guterres. Die 1,5-Grad-Marke sei eine „rote Linie für die Menschheit“. Zwar investiere die Weltwirtschaft inzwischen jährlich zwei Billionen Dollar in saubere Energie – deutlich mehr als in fossile Projekte –, dennoch fehlten „politischer Mut“ und klare Entscheidungen. „Fossile Energien werden immer noch massiv subventioniert“, kritisierte er.

Der UN-Chef forderte einen „Paradigmenwechsel“: rascher Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas, deutliche Senkung der Methanemissionen, Ausbau von Stromnetzen und Energiespeichern sowie ein Stopp der Entwaldung bis 2030.

Zudem müssten Industriestaaten und Schwellenländer ihre nationalen Klimapläne (NDCs) bis 2035 auf Kurs 1,5 Grad bringen und zugesagte Klimafinanzierungen einhalten. Konkret verlangte Guterres, die in Baku vereinbarte Summe von 1,3 Billionen Dollar jährlich für Entwicklungsländer tatsächlich bereitzustellen.

Schwaches Signal der größten Emittenten

Zum zweitägigen Vorbereitungsgipfel erschienen zwar rund 30 Staats- und Regierungschefs – deutlich weniger als im Vorjahr –, die drei größten Emittenten blieben jedoch fern: China, die USA und Indien

Laut New York Times ist es das erste Mal, dass die USA kein hochrangiges Regierungsmitglied zu einer COP entsenden. Diplomaten befürchten, dass die US-Delegation unter Trump sogar ohne formelle Teilnahme versuchen könnte, Verhandlungen zu stören.

Lateinamerikanische Staatschefs äußerten scharfe Kritik. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro sagte laut Politico: „Mr. Trump ist gegen die Menschheit.“ Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva warnte vor „extremistischen Kräften“, die den Klimaschutz ausbremsen, und forderte einen globalen „Fahrplan für den Ausstieg aus fossilen Energien“.

Großoffensive für den Waldschutz

Gastgeber Brasilien startete in Belém einen neuen Tropenwald-Fonds im Umfang von 125 Milliarden Dollar („Tropical Forests Forever“). Norwegen sagte als größter Geldgeber Kredite von bis zu drei Milliarden Dollar zu. Parallel dazu arbeitet Frankreich mit Deutschland, Belgien, Norwegen und Großbritannien an einem weiteren milliardenschweren Schutzpaket für das Kongobecken.

China fordert „freie Märkte für grüne Technologien“

Chinas Vizepremier Ding Xuexiang rief dazu auf, Handelsbarrieren für Solartechnik und andere grüne Produkte abzubauen. Ex-US-Klimabeauftragter John Kerry sprach von einem „fundamentalen Machtwechsel“ in der internationalen Klimapolitik – China werde als Führungsmacht erwartet, während sich die USA zurückziehen.

Aussicht auf COP30

Die Verhandlungen in Belém beginnen offiziell am Montag. Entscheidend wird sein, ob Staaten sich auf neue nationale Klimaziele einigen und ob die versprochene Klimafinanzierung für Entwicklungsländer tatsächlich mobilisiert wird. Ohne drastische Maßnahmen, so Guterres, bleibe das 1,5-Grad-Ziel außer Reichweite.

EU-Verhandler kommen mit minus 90%-Versprechen 

Gestärkt durch den Beschluss der 27 EU-Umweltminister vom Mittwoch, wonach die Union bis 2040 die Treibhausgase um 90 Prozent senken will, werden auch hochrangige Vertreter der EU in Belem anwesend sein. Angekündigt haben sich unter anderem EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen und EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra. Aus Österreich wird Umweltminister Norbert Totschnig die Reise nach Brasilien antreten. 

Klimagipfel in Belém

Die UN-Klimakonferenz 2025 (COP30) findet vom 10. bis 21. November 2025 im brasilianischen Belém, der Hauptstadt des Bundesstaats Pará statt. Der KURIER vor Ort dabei. Sehen Sie hier unsere aktuelle Berichterstattung dazu

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