Bahn-Match: ÖBB schlagen Deutsche Bahn um Längen
Die Klimaaktivistin Greta Thunberg hat mit einem Tweet aus der Deutschen Bahn, in der sie am Boden sitzen musste, für Aufregung gesorgt. Zuvor ist sie mehrmals mit den ÖBB gefahren – ohne Zwischenfälle. Der KURIER hat aus diesem Anlass die beiden Staatsbahnen verglichen.
Im Match ÖBB gegen die Deutsche Bahn (DB) erleben unsere Nachbarn aus dem Norden ihr zweites Cordoba. Schaut man sich die wichtigsten Kriterien an, dann kann die DB nur zwei Mal mit den ÖBB mithalten.
Pünktlichkeit
Die ÖBB gehörten 2018 mit rund 95,5 Prozent Pünktlichkeit im Personenverkehr zu den pünktlichsten Bahnen Europas. Dazu trägt vor allem der Nahverkehr bei, bei dem 95,9 Prozent aller Züge nicht mehr als fünf Minuten Verspätung haben. Im Fernverkehr sind es 86,6 Prozent.
Die DB kommt insgesamt auf ähnliche Zahlen, schneiden jedoch beim Fernverkehr deutlich schlechter ab: Der Höchstwert für 2019 wurde mit 80 Prozent Pünktlichkeit im Februar erreicht. In Deutschland gibt es bei dem Thema übrigens eine andere Zeitrechnung. In beiden Ländern gelten Züge mit fünf Minuten Verspätung als pünktlich. In Deutschland dürfen sie aber fünf Minuten und 59 Sekunden zu spät sein. Der Grund? Früher gab es bei Bahnhofsuhren keinen Sekundenzeiger, die fünfte Minute endete also erst mit dem Zeigersprung auf die sechste. Die Deutsche Bahn ist also nicht nur unpünktlicher, sie rechnet auch noch großzügiger ab.
Stand: 1:0 für Österreich
Alter der Züge
Die ÖBB haben in den letzten Jahren eines ihrer größten Investitionsprogramm für Wagenmaterial durchgeführt. Das Durchschnittsalter von Railjets liegt bei 7 Jahren und bei Schlafwagen bei 25 Jahren. Ein Investitionsprogramm für neue Schlafwagen ist im Laufen, die Auslieferung startet 2020. Im Nahverkehr stellen die ÖBB derzeit ebenfalls auf neues rollendes Material um.
Das durchschnittliche Alter der DB-Fernverkehrsflotte liegt bei 22 Jahren. Es sinkt mit dem kontinuierlichen Ausbau und der Modernisierung in den nächsten Jahren auf 15 Jahre bis 2026.
Stand: 2:0
Preise
Die Preisgestaltung ist aufgrund unterschiedlicher Vergünstigungen, Wochentage und Strecken äußerst komplex und schwer zu vergleichen. Die ÖBB rechnen zum Beispiel nicht nach Kilometer ab, sondern nach Tarifeinheiten, die DB nach Relationen und nicht nach Entfernungen.
Der KURIER machte daher die Probe aufs Exempel: Die Strecke Wien – Salzburg ist 295 Kilometer lang, ein Einzelticket ohne jegliche Vergünstigung kostet 56,80 Euro. Berlin – Hamburg mit 290 Kilometern kommt in einem ICE, der schnellsten Zuggattung mit bis zu 300 km/h, auf 83 Euro. Im etwas langsameren EC kostet das Ticket immer noch 67 Euro.
Stand: 3:0
Nachtzüge
Die ÖBB bieten derzeit 19 Nachtzugverbindungen an, zählt man ihre Partner dazu, sind es 27. Das ist das mit Abstand größte Nachtzugnetz in Europa.
Die Deutsche Bahn hat 2016 ihre Schlafwagenzüge abgeschafft. Diese sollen auch trotz der aktuellen Klimadebatte nicht wieder eingeführt werden. Als Grund wurden sinkende Buchungen und ein schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis angegeben. Die ÖBB haben einen großen Teil der eingestellten Strecken übernommen und sollen damit rentabel sein.
Stand: 4:0
Reservierungspflicht
Die ÖBB haben ein offenes System, der Zustieg ist mit einem gültigen Ticket jederzeit möglich, eine Reservierungspflicht gibt es nicht. Nachdem in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen mit dem Zug fahren, wird jedoch empfohlen, einen Sitzplatz zu reservieren, um auch sicher einen zu bekommen. Die Reservierung kostet 3 Euro, mit persönlichen Kundenkonto nur 1 Euro.
Auch bei der DB ist eine Sitzplatzreservierung nicht zwingend notwendig, sie wird aber ebenfalls ausdrücklich empfohlen, wenn man in vollen Zügen nicht Gefahr laufen will, am Gang sitzen zu müssen. An diesem offenen System soll auch künftig festgehalten werden, darin ist man sich in beiden Ländern einig.
Unentschieden, Stand: 5:1
Speisewagen
Die ÖBB setzen mit ihrem Caterer DoN auf regionale Produkte. Auch vegetarische und vegane Alternativen sind im Angebot enthalten.
Die Deutsche Bahn setzt vor allem auf Bio und Fairtrade. Weiterhin gibt es zwei unterschiedliche Arten von Speisewagen, das Bordbistro und das Bordrestaurant. In ersterem erhält man Snacks und Sandwiches, in Letzterem ein saisonal wechselndes Angebot an warmen Gerichten. Beide Unternehmen setzen auf professionelle, qualitativ hochwertige Versorgung an Bord und folgen einem ähnlichen Konzept.
Unentschieden, Stand: 6:2.
Investitionen
Bei den Pro-Kopf-Investitionen liegt Österreich in Europa mit 218 Euro im absoluten Spitzenfeld. Nur die Schweiz gibt mit 365 Euro mehr aus. Dahinter folgen Dänemark, Schweden und die Niederlande.
Deutschland folgt erst auf Platz acht, mit 77 Euro pro Kopf. Nachdem die CDU/CSU-dominerten Regierungen der vergangenen Jahre einen Sparkurs fuhren, soll in den kommenden mehr als 12 Milliarden Euro für neue Züge ausgegeben werden. Für unser Match kommt das leider zu spät.
Endstand: 7:2
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