Virtuelle Klasse baut Roboter und Computer

Daniel Modre (l.) und Jakob Greiner mit dem standhaften Lego-Roboter
Österreichweites Pilotprojekt in Klagenfurt: Jetzt werden die ersten Diplomarbeiten erstellt.

Unscheinbar sieht er aus, der aus Legoteilchen zusammengebastelte Roboter. Doch er ist mit einem Minicomputer ausgestattet, düst per Handy-Funk-Befehl auf zwei Rädern über den Schreibtisch – und unfallfrei über die Computertastatur. "Wir haben Sensoren eingebaut, der Roboter hält die Balance und fällt nicht um", grinsen Daniel Modre und Jakob Greiner.

Bei den Fünftklässlern handelt es sich um zwei von 100 Schülern der HTL Mössingerstraße in Klagenfurt, die die Schulautonomie der Zukunft leben: Sie sitzen in der ersten "virtuellen" Klasse Österreichs. Wobei "virtuell" irreführend ist, denn die Oberstufen-Schüler treffen sich in realen Klassenräumen oder disloziert bei Unternehmen. Das Besondere ist, dass eine Art Freigegenstand entwickelt und Gleichgesinnte gesucht werden, die sich eines Themas aus den Bereichen Elektrotechnik, Biomedizin- und Gesundheitstechnik, Elektronik oder technische Informatik annehmen.

Dass dies während der regulären Unterrichtszeit passiert – egal. Dass die Interessierten aus unterschiedlichen Jahrgängen kommen – egal. Dass der jeweilige Wissensstand ein anderer ist – ebenfalls egal.

Keine Noten

"Das ist organisatorisch eine Herausforderung, weil der Unterricht in der virtuellen Klasse manchmal auch weitergeht, wenn die Pausenglocke läutet. Aber die Jugendlichen können sich in ihren Interessensbereichen vertiefen und Exzellenz erreichen", erklärt HTL-Direktor Hubert Lutnik, der insgesamt 1080 Schülern vorsteht. Noten gibt es für diese speziellen Schüler nur in den Normalklassen, denen sie weiter zugeteilt bleiben. "Anmelden kann sich jeder, wir schauen schon, dass der Betroffene gewisse Kriterien erfüllt", sagt Burkhard Grabner, der das bundesweite Pilotprojekt leitet.

Die ersten Diplomarbeiten sind in der Endphase. "Im April ist Abgabetermin", betonen Thomas Raunegger und Helena Grabner. Das Duo hat einen Bordcomputer für ein Elektro-Gokart entwickelt, der über Steuerelemente auf einem LED-Schirm Details wie Reifendruck oder Lenkwinkel anzeigt und an eine zentrale Einheit sendet. "Die Vorstufe eines selbstfahrenden E-Karts", meinen die Forscher – und der Halbleiterkonzern Infineon, der die Diplomarbeit wie das gesamte HTL-Projekt (finanziell) unterstützt. "Die virtuelle Klasse bietet Schülern Autonomie sowie Problemlösungskompetenz", urteilt Christiana Zenkl, Personalleiterin von Infineon Austria.

Das können Jana Friedrich und Ariane Krassnitzer bestätigen. Sie entwickeln eine Weltkarte mit Leuchtdioden, die auf Zuruf die gewünschten Länder signalisiert. "Hier können wir unsere kreative Ader ausleben und experimentieren", erwähnen sie. Im Fall von Marcel Gamper gehen die Experimente so weit, dass er ein neues, hitverdächtiges Musikinstrument geschaffen hat: Er lässt mit elektrischen Impulsen Leseköpfe von Diskettenlaufwerken unterschiedlich schnell schwingen und somit erklingen.

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