Mit Innsbrucker Hilfe: Skelett von Räuberlegende "Schinderhannes" identifiziert

Mit Innsbrucker Hilfe: Skelett von Räuberlegende "Schinderhannes" identifiziert
Er wird als deutscher Robin Hood verklärt. Nun konnten die Überreste von Johannes Bückler über 200 Jahre nach seiner Hinrichtung eindeutig zugeordnet werden.

Zusammenfassung

  • Über 220 Jahre nach seiner Hinrichtung wurde das Skelett von Johannes Bückler, bekannt als 'Schinderhannes', eindeutig identifiziert.
  • Eine neue molekulargenetische Methode ermöglichte die Identifikation durch Abgleich der DNA aus den Skelettknochen mit lebenden Nachfahren.
  • Die Verwechslung der Skelette in Heidelberg führte dazu, dass das vermeintliche Skelett des 'Schwarzen Jonas' tatsächlich das von 'Schinderhannes' war.

Johannes Bückler war bereits zu Lebzeiten eine Legende. Am 21. November 1803 besiegelte ein Fallbeil das Schicksal des "Schinderhannes", wie der deutsche Räuberhauptmann genannt wird, und 19 seiner Weggefährten. 

Unmittelbar vor seiner Hinrichtung soll er sich noch von den rund 30.000 Schaulustigen mit einer Verbeugung verabschiedet haben.

Der große Andrang zu dieser Hinrichtung in Mainz war der schillernden Vita Bücklers geschuldet. Er gehörte zu den meistgesuchten Verbrechern seiner Zeit. Aber auch wenn "Schinderhannes" westlich des Rheins stahl, mordete und erpresste, so wurde er im Volk dennoch als vermeintlich "edler Räuber" verehrt und wird bis heute als "Robin Hood vom Hunsrück" verklärt.

Besonders edel soll der Gauner, der seinen Spitznamen von seinem erlernten Beruf als "Schinder" - also der Entsorgung von Tierkadavern - verdankte, nicht gewesen sein. Er wurde letztlich wegen der Beteiligung an 50 Delikten verurteilt und hingerichtet.

Historischer "Kriminalfall"

Ein "Kriminalfall" um den "Schinderhannes" konnte allerdings erst jetzt in Zusammenarbeit von Wissenschaftern aus Deutschland, Österreich, Schweden, Portugal und den USA gelöst werden. Und zwar unter tatkräftiger Beteiligung von Walther Parson und seinem Team am Institut für Gerichtliche Medizin in Innsbruck (GMI).

Mit Innsbrucker Hilfe: Skelett von Räuberlegende "Schinderhannes" identifiziert

Über 220 Jahre nach dem Ableben von Bückler konnten nun seine Überreste eindeutig identifiziert werden. Damit konnte auch eine jahrhundertealte Verwechslung in der Sammlung des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Universität Heidelberg, welche das Projekt leitete, aufgeklärt werden.

Zur Anatomischen Sammlung der deutschen Uni gehören zwei Skelette, die mit den Namen des „Schinderhannes“ und eines gemeinsam mit ihm hingerichteten Kumpanen - dem „Schwarzer Jonas“ - beschriftet sind. 

Verwechslung und falscher Zuordnung

Der erste Inhaber des Lehrstuhls für Anatomie und Physiologie in Heidelberg, Jacob Fidelis Ackermann, brachte die Skelette im Jahr 1805 nach Heidelberg. Offenbar kam es jedoch zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einer Verwechslung der Sammlungsnummern – und damit begann die falsche Zuordnung der Skelette.

Parson, Leiter der Forensisches Molekularbiologie am GMI der Medizin-Uni Innsbruck, konnte nun durch verschiedene Analysemethoden zeigen: Das vermeintliche Skelett des „Schwarzen Jonas“ gehörte eindeutig dem „Schinderhannes“. Das angebliche Skelett des „Schinderhannes“ ist demnach nicht das des „Schwarzen Jonas“.

Aufklärung historischer Fälle

Parson und sein Team waren bereits an mehreren historischen Projekten beteiligt, unter anderem an Untersuchungen zur russischen Zarenfamilie Romanow, Wolfgang Amadeus Mozart, Friedrich Schiller oder zuletzt Kaspar Hauser. „Für die Aufklärung solcher historischer Fälle braucht es besonders sensible Methoden“, sagt der Forscher. 

Er ist unter anderem darauf spezialisiert, selbst aus stark beschädigten Überresten noch DNA-Erkenntnisse zu gewinnen. Im Falle der Skelette der beiden Räuber in Heidelberg wurden die Knochen, um sie ausstellen zu können und haltbar zu machen, entsprechend eingeweicht und behandelt. Das führt aber dazu, dass DNA zerstört wird.  

Neue Methode angewandt

„Die eindeutige Identifikation von „Schinderhannes“-Skelett wurde durch eine neuartige molekulargenetische Methode ermöglicht, die die Bestimmung von Verwandtschaftsverhältnissen sogar bei Individuen erlaubt, die über fünf Generationen hinweg getrennt sind,“ erklärt Parson. 

„Der Fall Schinderhannes ist der erste historische Fall, an dem wir diese neue Technologie erfolgreich angewendet haben." Die DNA aus Zellkernen der Skelett-Knochen wurde mit jener von noch lebenden Nachfahren von Bückler abgeglichen.

Dass die Skelette vertauscht wurden und jenes des „Schwarzen Jonas“ im Laufe der Zeit verloren gegangen ist, könnte nachträglich sogar ein Glücksfall sein. 

„Möglicherweise wurde es im Glauben, es handle sich um das Skelett des „Schinderhannes“, entwendet oder ausgeborgt und nie zurückgegeben? Ironischerweise könnte diese Verwechslung letztendlich dazu geführt haben, dass wir heute noch im Besitz des echten Skeletts von „Schinderhannes“ sind“, sagt Sara Doll, Kuratorin der Anatomischen Sammlung in Heidelberg, die das Forschungsprojekt federführend geleitet hat.

So hat der "Schinderhannes" wirklich ausgesehen

Die Erkenntnisse aus Innsbruck bringen indes noch weitere Details ans Licht. Tatsächlich gibt es nur wenige, teilweise widersprüchliche zeitgenössische Beschreibungen von „Schinderhannes’“ Aussehen. Die wenigen erhaltenen Darstellungen – etwa Stiche oder Gemälde – entstanden meist nach seinem Tod und beruhen eher auf künstlerischer Freiheit als auf authentischen Vorlagen, heißt es aus Heidelberg.

Die genetischen Analysen deuten nun darauf hin, "dass 'Schinderhannes' braune Augen, dunkle Haare und einen blassen Hautton hatte", so Parson. 

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