Kriminalfall: König Richard III. bekommt ein Grab

Ein Schauspieler mimt den König, zu dem es viele Mythen gibt.
Getötet, verscharrt und gefunden: 530 Jahre musste Richard III. auf seine Bestattung warten.

Auch das noch. Erst bleibt das Pferd mit seinen Hufen im Schlamm stecken, nun hat Richard III. auch noch seinen Helm verloren. Sein Kopf ist ungeschützt, als er am Schlachtfeld in Bosworth seinem Angreifer gegenübersteht. Dieser zögert nicht lange und stößt ihm das Schwert von unten in den Hals. Richard III. stirbt als letzter englischer Herrscher während einer Schlacht. Sein Widersacher und Nachfolger, Heinrich VII. Tudor, lässt den nackten Leichnam des Königs im Wirtshaus "The New Wake" ausstellen. Später wird der leblose Körper in einem anonymen Grab verscharrt – und vergessen.

Bis 2012: Archäologen finden auf einem Parkplatz in Leicester Skelettreste, dessen Alter und anatomische Merkmale auf Beschreibungen von Richard III. passen. Nun beginnt die Detektivarbeit. Die Fundstücke werden untersucht und DNA von lebenden Verwandten des Königs gesammelt – die genetischen und genealogischen Belege fehlen allerdings.

DNA-Beweise

Der Molekularbiologe Walther Parson, vom Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck, ist Teil des Teams, das 2014 den endgültigen Beweis liefert, dass es sich um die Gebeine des vermissten Königs handelt. Parson, eine Koryphäe im Bereich der DNA-Analyse, wird beauftragt, die mitochondriale DNA zu interpretieren und auszuwerten. Die mitochondriale DNA wird nur von Müttern und deren Töchtern weitervererbt. "Wir können so die mütterliche Linie zurückverfolgen und eine Person identifizieren", sagt Parson. Bei Richard III. verglich er mitochondriale DNA aus dessen Knochen mit jener von lebenden Nachkommen. Das Ergebnis war eindeutig: Die Überreste stammen zu 99,999 Prozent von Richard III. Er ist die älteste Person, die anhand ihrer DNA identifiziert wurde.

Parson verrät noch ein pikantes Detail: Es gab in der Linie mindestens einmal ein Kuckuckskind. "Bei keinem der fünf Nachkommen aus der männlichen Linie stimmten die Y-Chromosomen mit jenen von Richard überein." Besonders interessant, weil dadurch, laut Forschern, mehrere Könige unberechtigt auf dem Thron saßen.

Das war aber nicht alles: Auch äußerliche Merkmale des Königs konnten mit genetischen Markern festgestellt werden: Richard war blauäugig und in seiner Kindheit blond. Dank eines 3D-Modells konnte sogar ein Mythos widerlegt werden: Richard III., der von William Shakespeare im gleichnamigen Drama als buckliger, hinkender Schurke dargestellt wird, hatte nur ein verkrümmtes Rückgrat und eine schiefe Schulter. Das dürfte ihn aber nicht behindert haben, meinen Experten. Dass er ein machtbesessener und gewissenloser Mörder war, ist ebenfalls umstritten. Die Mitglieder der "Richard III. Society" sind überzeugt, dass der König ein Opfer politischer Propaganda war und Shakespeare ihn im Auftrag der Tudors schmähte – bis heute sehr erfolgreich.

Trinker

Bei der Untersuchung von Knochen und Zähnen fand man heraus, dass er am Ende seines kurzen Lebens täglich eine Flasche Wein trank. Nur so konnte er den Druck der Regentschaft ertragen, heißt es in einer auf dem Sender Channel 4 ausgestrahlten Dokumentation. Wie er am Schlachtfeld starb, konnten die Forscher der Universität Leicester mit Computertomografie feststellen. Sie fanden elf Verletzungen – neun am Kopf, eine an den Rippen und eine an der Hüfte. Ein Loch auf der Innenseite der Schädeldecke und eines am ersten Halswirbel zeigen, dass er an dieser Stelle getötet wurde.

Die Akte um den vermissten König wurde mittlerweile geschlossen. Kommenden Donnerstag sollen seine Gebeine in der Kathedrale von Leicester bestattet werden. Dafür werden keine Kosten gescheut: 3,5 Millionen Euro kosten die Feierlichkeiten, die durch Spenden finanziert werden. Kein Wunder, bereits zuvor profitierte die Stadt vom Geschäft mit Richard III. Nun nutzt man die Bestattung für einen fünftägigen Reigen aus Veranstaltungen. Auch der Sarg soll aufgebahrt und für Besucher sichtbar sein.

Viele andere Schaulustige haben dem König bereits am Sonntag die letzte Ehre erwiesen, als der Wagen mit seinen Gebeinen auf dem Weg von der Universität zur Kathedrale dort stehen blieb, wo er einst starb: am Schlachtfeld von Bosworth.

Kommentare