Keine neuen Schulden in Tirol - Mattle: "Lässt Spielraum für Zukunft"
Zusammenfassung
- Tirols Landesregierung präsentiert für 2026 und 2027 ein Budget ohne neue Schulden mit Schwerpunkten auf Gesundheit, Soziales, Bildung und Wohnen.
- Einsparungen von rund 250 Millionen Euro, Personalabbau und Kürzungen bei Landesunternehmen sind geplant, während Investitionen in Infrastruktur und soziale Bereiche betont werden.
- Die Opposition äußert Skepsis bezüglich der Einhaltung des Nulldefizits und kritisiert die Sparmaßnahmen sowie die Finanzierung durch Rücklagen.
Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung hat am Dienstag ihren Budget-Voranschlag für die Jahre 2026 und 2027 ohne Netto-Neuverschuldung präsentiert. "Dieses Budget lässt Spielraum für die Zukunft", freute sich Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) im Innsbrucker Landhaus - dieses sei demnach "enkeltauglich".
Budgetschwerpunkte würden im Bereich Gesundheit, Soziales, Bildung und Wohnen gesetzt. Die Opposition zeigte sich zur tatsächlichen Einhaltung des Nulldefizits skeptisch.
Mattle in der ZIB 2: "Tirol kann es nicht sein"
Tirol sei das einzige Bundesland, das keine neuen Schulden aufnehme, betonte Mattle. Man könne die laufenden Ausgaben selbst decken und zusätzlich noch Investitionen von über 600 Millionen Euro tätigen. Insgesamt würde das Budget des Landes rund 6 Milliarden Euro betragen.
Am Dienstagabend wehrte sich der Tiroler Landeshauptmann in der ZIB 2 gegen Kritik aus dem Bund. "Wenn man ein Doppelbudget präsentiert, das keine neuen Schulden mehr ausweist, dann wird man vermutlich nicht verantwortlich sein für die falschen Zahlen." Man müsse nun "mit jedem Landeshauptmann, mit jeder Landeshauptfrau einzeln sprechen", warum sich die Defizite der Länder in den letzten zwei Jahren mehr als verdreifacht hätten. Auf die Frage von Moderator Armin Wolf, warum die Bundesländer nicht wüssten, wie ihre Finanzen aussehen, entgegnete Mattle jedoch: "Die anderen Bundesländer erlaube ich mir nicht zu kommentieren."
Und: "Der Budgetvollzug war auf Pfad, deshalb kann es Tirol nicht sein", so der Landeshauptmann.
Mattle (ÖVP): "Budget ohne neue Schulden"
Schuldenstand bleibt gleich
2026 würden Einzahlungen von 5,84 Milliarden Euro Auszahlungen von 6,07 Milliarden Euro gegenüberstehen. Die Differenz werde durch liquide Mittel in Höhe von 231,60 Millionen Euro kompensiert. Im Folgejahr seien 5,92 Milliarden Euro an Einnahmen und 6,18 Milliarden Euro an Ausgaben bei 266,5 Millionen Euro an liquiden Mitteln budgetiert. Aufgrund des Nulldefizits bleiben die Finanzschulden wie im Jahr 2025 bei 1,3 Milliarden Euro.
Gefragt nach dem avisierten Sparziel von 15 Prozent bei den Ermessensausgaben in allen Ressorts meinte Mattle am Dienstag, es sei nicht überall gleich gespart worden. Jeder Budgetposten sei auf den Prüfstand gestellt worden und alle Ressorts hätten ihren Beitrag geleistet. Im Sozialressort, über das zuletzt verstärkt bezüglich im Raum stehender Einsparungen diskutiert worden war, sei das Budget seit 2019 um 50 Prozent gestiegen.
"Sparen mit Maß und Ziel"
Hier sei die nunmehr erfüllte Aufgabe gewesen, diese Entwicklung "einzufangen", so Mattle. Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth (SPÖ) sah wiederum ein Sparen mit "Maß, Ziel und sozialer Verantwortung". Es gelte auch bei enger werdenden Spielräumen das soziale System abzusichern, betonte Wohlgemuth. Gespart werde "beim System und nicht bei den Menschen."
Insgesamt würden rund 250 Millionen Euro im nächstjährigen Budget eingespart, hieß es. Neben der bereits unter den Landtagsparteien vereinbarten Nulllohnrunde für Landespolitikerinnen und -politiker soll demnach auch der Personalstand des Landes bis 2027 um 240 Stellen reduziert werden.
Außerdem würden Zuschüsse für Landesunternehmen gekürzt - etwa würden bei der Lebensraum Tirol Holding vier Millionen Euro pro Jahr eingespart. Als weiteres konkretes Beispiel für Einsparungen wurden die Tiroler Soziale Dienste bzw. die Flüchtlingshilfe mit neun Millionen Euro jährlich weniger genannt. Andererseits sei für 2026 eine Dividende von 150 Millionen Euro und für 2027 von 100 Millionen Euro vom landeseigenen Energieversorger Tiwag eingepreist.
Wo liegen die Schwerpunkte?
Mattle und Wohlgemuth betonten indes die Investitionen bzw. Schwerpunkte:
- Bereich Gesundheit: 2026 1,26 Milliarden Euro (2027: 1,30 Milliarden Euro).
- Bereich Bildung, Familie und Kinderbetreuung: 1,14 Milliarden Euro (2027: 1,16 Milliarden Euro).
- Bereich Pflege und Soziales: 1,06 Milliarden Euro (2027: 1,07 Milliarden Euro).
- Bereich Wohnen: in beiden Jahren jeweils 360 Millionen Euro.
Der Landeshauptmann nannte bei den Investitionen zudem auch Infrastrukturprojekte wie entlang der von Steinschlag betroffenen Reschenstraße oder Projekte der Wildbach- und Lawinenverbauung.
"Tirol gibt das Geld für das Richtige aus. Wir schaffen die Balance zwischen Sparsamkeit und Investitionsmotor", ließ Mattle wissen. Auf Nachfrage zeigte sich der Landeshauptmann mit Verweis auf vergangene Jahre gewiss, dass das vorgelegte Budget auch eingehalten werde. Wohlgemuth wiederum betonte, dass bei den Vorhaben auf Prestigeprojekte verzichtet werde: "Es wird keine Denkmäler von uns geben".
Zuletzt noch Netto-Neuverschuldung
Für das laufende Jahr 2025 hatte die Landesregierung noch eine Netto-Neuverschuldung von 147,6 Mio. Euro budgetiert, im Jahr zuvor waren es 178,4 Millionen Euro gewesen. Bereits bei der Budgetpräsentation im Vorjahr hatte man wie nunmehr eingehalten für die nahe Zukunft ein Nulldefizit avisiert.
Zudem hatte sich die Landesregierung 2023 eine Schuldenobergrenze auferlegt, auch diese werde weiter eingehalten: Mit 24,21 Prozent für 2026 und 24,03 Prozent für 2027 liege man innerhalb des maximalen Finanzrahmens von 25 Prozent im Vergleich zu den operativen Einzahlungen, hieß es.
FPÖ vermisst Entschuldigung, Liste Fritz zweifelt Nulldefizit an
Aus der Opposition kamen nach der Budgetpräsentation vorwiegend skeptische Signale. FPÖ-Klubobmann Markus Abwerzger vermisste eine Entschuldigung der ÖVP für die Verursachung des "Sparbudgets". Immerhin werde hier "der Brandstifter zum Feuerwehrmann". Er ortete "Einsparungen dort, wo es dem ÖVP-Imperium und dem ÖVP-Klientel am wenigsten wehtut". Dementsprechend vermute er diese vor allem in den rot-geführten Ressorts. Die FPÖ werde einem Horten von Gelder landeseigener Konzerne anstatt notwendiger finanzieller Schritte keine Zustimmung erteilen.
Eine "Mogelpackung" bemängelte die Liste Fritz. Dass trotz mehr Ausgaben als Einnahmen keine neuen Schulden aufgenommen würden sei einem "Taschenspielertrick" zu verdanken: "Die schwarz-rote Landesregierung räumt die Konten des Landes leer und bringt so 231 Mio. Euro zur Abdeckung des Minus auf." Die "Jubelmeldung" sei "besonders bitter und brutal für alle Betroffenen, für die Institutionen und Organisationen, für die Kultur- und Sozialvereine, die von Budgetkürzungen und -streichungen hart getroffen werden", wurde Klubobmann Markus Sint in einer Aussendung zitiert.
Grüne sehen "schwarzen Tag für Tirol
Die Grünen sprachen von einem "schwarzen Tag für Tirol" und einem "matten" Budget. Die Öko-Partei hatte eine mögliche Zustimmung zum Budget in Aussicht gestellt, wenn vor allem auf Bau-Großprojekte verzichtet und stattdessen in Soziales investiert werde. Das konnte Klubobmann Gebi Mair im nun vorliegenden Voranschlag nicht erkennen.
Im ausgerufenen "keine neuen Schulden" sah Mair zudem mit Verweis auf Schuldenaufnahme in ausgegliederten Bereichen wie dem Gemeindeinvestitionsfonds oder der Fernpassstraßen-GmbH eine "Tabellentrickserei". Schulden würden so den Bürgern "verschleiert", warf Mair der Landesregierung vor.
Die Neos hatten bereits im Vorfeld ein mögliches Nulldefizit begrüßt, jedoch dessen tatsächliche Einhaltung eingemahnt. "Wir werden erst 2027 bzw. 2028 genau wissen, wie nachhaltig dieser Sparkurs wirklich war und ob Mattle seine eigenen Ansprüche erfüllen konnte", so Budgetsprecherin Susanna Riedlsperger: "Es kommt aber auch darauf an, auf wessen Rücken die notwendigen Einsparungen gemacht werden". Die Landtagsabgeordnete forderte Transparenz, Ausgabenprioritäten und ein konsequentes Controlling - "statt politischer Schlagzeilen".
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