Auch Finanzminister von Defizit überrascht: "Höher als erwartet"
Zusammenfassung
- Die Länderdefizite sind laut Finanzminister Marterbauer deutlich höher als erwartet, betroffen sind mehrere Bundesländer, insbesondere Wien, Niederösterreich und die Steiermark.
- Die Länder führen die höheren Defizite auf massive Kostensteigerungen in Bereichen wie Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung zurück und fordern eine gemeinsame Lösung mit dem Bund.
- Die Verhandlungen zum Stabilitätspakt wurden zuletzt unterbrochen, sollen aber zeitnah fortgesetzt werden, um das Defizitziel der EU zu erreichen.
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hat am Dienstag bestätigt, dass die Gesamtneuverschuldung der Bundesländer "deutlich höher als bislang erwartet" ausfallen wird. Dies habe er von den Bundesländern erfahren. Nun wartet Marterbauer auf "detaillierte Informationen".
Dass dadurch das Defizit von 4,5 Prozent des BIP auf 4,9 Prozent ansteigen könnte - der KURIER berichtete -, wollte er bei einer Pressekonferenz mit Oberösterreichs Landesrat Martin Winkler (SPÖ) in Linz noch nicht bescheinigen.
Gemeinsam mit den neuen Zahlen, die von der Statistik Austria für das dritte Quartal vorliegen, versuche man im Finanzministerium, jene überarbeiteten Daten zu beurteilen, sagte Marterbauer nur.
Der Finanzminister betonte, dass die Budgetsanierung eine gesamtstaatliche Aufgabe sei, die nur gemeinsam mit Bund, Ländern und Gemeinden gelingen könne. Wie von der EU gefordert "müssen wir 2028 beim Defizit unter drei Prozent des BIP kommen". Von "gegenseitigen Schuldzuweisungen" halte er nichts. So soll ja vor allem Wien für das höhere Defizit verantwortlich sein. Laut Marterbauer seien es "eine Reihe von Bundesländern" unter anderem auch Niederösterreich. Gleichzeitig strich er hervor, dass der Bund mit dem Beschluss des Konsolidierungsbudgets 2025/2026 bereits in Vorlage gegangen sei, die Ziele seien "übererfüllt" worden.
Wien sticht hervor
Seit Montagabend kursiert eine Liste mit den Netto-Finanzierungssalden der Länder für das Jahr 2025, die die Differenz zwischen den jeweiligen Einnahmen und Ausgaben der Bundesländer ausweist. Zum Teil sind diese Zahlen bereits bekannt und von den Ländern selbst kommuniziert worden. Wien sticht dabei mit einem negativen Saldo von 3,2 Mrd. hervor, dahinter folgen die Steiermark mit minus 942 und Niederösterreich mit einem Minus von 891 Mio.
Die Stadt Wien etwa hat ihre Zahlen bereits zu Beginn des Jahres öffentlich kommuniziert - konkret am 10. Jänner, wie es aus dem Rathaus am Dienstag hieß. Das prognostizierte Defizit sei damals bei minus 3,8 Mrd. Euro gelegen.
"Massive Kostensteigerung"
Zudem sei im Oktober bekannt gegeben worden, dass sich dieses um etwa 600 Millionen Euro verbessert habe. Dieser Umstand sei "bei mehreren Gelegenheiten" dem Bund kommuniziert worden, wie aus dem Wiener Rathaus betont wurde. Zudem verwies man darauf, dass sich die Ausgabendynamik gerade in den Länder- und Gemeindekompetenzen verstärkt habe. Vor allem in den Bereichen Elementarpädagogik, Pflege und Gesundheit würden die Kosten überdurchschnittlich stark steigen.
Ähnlich auch die Argumentation in Niederösterreich: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hielt am Dienstag fest, dass die Länder "massive Kostensteigerungen" zu tragen haben. In diesem Zusammenhang verwies sie auf ein Ausgabenplus seit 2020 von 50 Prozent im Gesundheitsbereich und von 40 Prozent bei der Kinderbetreuung im Bundesland. "Länder und Gemeinden haben in den letzten Jahren immer mehr Aufgaben erhalten und hatten mehr Ausgaben", hielt Mikl-Leitner am Rande eines Pressegesprächs auf Nachfrage fest. Rund 87 Prozent der Verschuldung liege beim Bund. Nun müsse ein Weg zwischen Bund und Ländern gefunden werden, wie es mit dem Stabilitätspakt weitergeht: "Jetzt geht es darum, die Zahlen außer Streit zu stellen, die Gespräche abzuwarten und dann weitere Ableitungen zu treffen."
Ende Oktober war Marterbauer noch von 4,5 Prozent Defizit ausgegangen
Die neuen Zahlen kommen für das Finanzministerium zur Unzeit. Erst Anfang Oktober hatte Marterbauer berichtet, dass das Defizitziel von 4,5 Prozent eingehalten werden kann. Schon damals unterstrich der Minister allerdings, dass dies nur gelungen sei, weil das Defizit des Bundes deutlich geringer sei als budgetiert, während die Länder ihr Ziel klar verfehlten. Auch machte Marterbauer klar, dass die damals präsentierten Zahlen von Ländern und Gemeinden im Wesentlichen auf den Werten des ersten Halbjahrs beruhten, daher ein gewisser Unsicherheitsfaktor vorhanden sei.
Dass die Stimmung zwischen den Gebietskörperschaften aktuell nicht bestens ist, sieht man auch daran, dass die davor ohnehin schon seit einiger Zeit pausierten Verhandlungen zum Stabilitätspakt am Freitag geplatzt waren, nachdem die Länder diese kurz davor aus Termingründen abgesagt hatten. Nun soll "zeitnah" ein neuer Termin gefunden werden. Die Länder haben jedenfalls Donnerstag und Freitag bei der Landeshauptleutekonferenz in der Steiermark Gelegenheit, eingehend darüber zu beraten.
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