Entscheidung über Aufenthaltsverbot: Prozess gegen Aktivistin Windl startet
Klimaaktivistin Anja Windl vor der Grazer Außenstelle des Bundesverwaltungsgerichts. Die Verhandlung rund um das zweijährige - nicht rechtskräftige - Aufenthaltsverbot gegen sie begann am Mittwoch.
Die Verhandlung rund um das zweijährige - nicht rechtskräftige - Aufenthaltsverbot des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen die deutsche Aktivistin Anja Windl geht am Mittwochvormittag in der Grazer Außenstelle des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) über die Bühne. Das Gericht muss nun in Folge einer Beschwerde ihres Anwalts über Windls Fall entscheiden.
Das Erkenntnis wird schriftlich zugestellt
Das BFA wirft der Studentin eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor. Die Richterin schloss zu Mittag die Öffentlichkeit von der Verhandlung aus. Eine Entscheidung blieb am Mittwoch aus. Wie das Gericht am frühen Nachmittag entschied, werde das Erkenntnis schriftlich zugestellt.
Es sei für sie irritierend, dass "friedlicher Protest als sicherheitspolizeiliches Problem gewertet" werde, so Windl. "Dann wird nicht die öffentliche Ordnung gestört, sondern nur die politische Ruhe", sagte die Studentin laut APA zu Beginn der Verhandlung. Man habe bei Blockaden zudem nie den fließenden Verkehr auf Autobahnen gestört. "So fetzendeppat sind wir nicht", erklärte Windl.
Schmieraktion mit Hundekot
Auch eine Schmieraktion an der ÖVP-Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse Anfang Jänner während der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ war Thema. Die Verhandlungen "hätten sie maßlos aufgeregt", sagt Windl, deswegen sei es zu der Schmieraktion gekommen. Windl hatte damals die Fassade der Zentrale der Partei mit Hundekot beschmiert - Motto: "Ihr stinkt nach brauner Scheiße."
"Warum nicht auf eine andere Art, die keine Beschädigung nach sich zieht?", fragte die Richterin. "Ich war auf genügend Demos mit hübschem, buntem Schild", antwortete Windl. Sie habe an genug solcher Protestaktionen teilgenommen, ihr sei es darum gegangen, eine Diskussion anzustoßen. Sie würde dennoch heute "so etwas nicht mehr machen", sagte die Aktivistin - "weil ich - ganz ehrlich - in Österreich bleiben will".
Aktivistin versicherte: "Ich kann mich kontrollieren"
Auf die Frage des Vertreters des BFA, ob sie ausschließen könne, in Zukunft an weiteren Protesten dieser Art in Österreich teilnehmen werde, antwortete sie: "Ich kann mich kontrollieren. Ich stehe nicht einfach aus dem Bett auf und steh' dann vor der ÖVP-Zentrale."
An Klebeprotesten mit Quarzsand und Superkleber - bekannt als "Mumienhände" - habe sie zweimal in Österreich teilgenommen. Der Grund dafür sei gewesen, dass die Aktionen nicht so schnell beendet werden könnten. Sie habe bei vorherigen Protesten mit Mumienhänden in Deutschland erlebt, dass dort eine Auflösung des Protestes auch erfolgen konnte "ohne, dass wir von der Fahrbahn geschnitten werden mussten".
Mehrere Aktivisten hatten sich damals im November 2023 unter anderem am Wiener Ring und auf der Südautobahn (A2) festbetoniert. Auch zahlreiche Schüttaktionen hätten nur einer kurzfristigen Verlängerung der Protestaktionen gedient.
Im Verlauf der Verhandlung kam es zu durchaus hitzigen Scharmützeln zwischen der 28-Jährigen und Niederhammer auf der einen sowie dem aktführenden Beamten des BFA auf der anderen Seite, wie die APA schildert. "Sie sprechen viel von Strategie. Sie erwirken den Eindruck, dass Sie in einem Kampf mit wem auch immer stehen", sagte der Beamte des BFA. "Man kann sich sehr wohl Gedanken über Strategie machen und wie man protestiert", polterte Niederhammer daraufhin.
Verteidiger sieht keine Gefährdung durch seine Mandantin
Alleine die Übertretung einer Verwaltungsvorschrift bedeute keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Es gebe "einige wenige strafrechtliche Vorwürfe" gegen seine Mandantin, sagte Niederhammer. "Diese stellen aber ebenfalls keine Gefährdung dar." Das BFA sehe in Windl eine abstrakte Gefährdung ohne konkreten Anlass. Ihre letzten Verwaltungsübertretungen würden aus dem vergangenen Jahr stammen, der letzte strafrechtliche Vorwurf aus dem Jänner 2025.
Eine solche Gefährdung bleibe jedoch auch, wenn man Protestaktionen einen "Anstrich von Legitimität" verpassen wolle, hielt wiederum das BFA gegen Ende des Gerichtstermins fest. Auch dass Windl während des laufenden fremdenrechtlichen Verfahrens immer wieder im benachbarten Deutschland an Klebeprotesten teilgenommen habe, lasse "weitere einschlägige Störaktionen befürchten", argumentierte das BFA.
Entscheidung offen, Erkenntnis wird schriftlich zugestellt
Während die Verhandlung am frühen Nachmittag für die Öffentlichkeit beendet wurde, blieben Windl, Niederhammer sowie der Vertreter des BFA weiter im Saal, um "nicht öffentlichkeitsrelevante Details" zu erläutern.
Die Richterin wollte sich am Nachmittag auch die Möglichkeit vorbehalten, den Ausgang des Strafverfahrens gegen die Aktivistin abzuwarten. Wie das Gericht am frühen Nachmittag erklärte, solle das Erkenntnis zum Aufenthaltsverbot jedenfalls schriftlich zugestellt werden. Wann das der Fall sein wird, war am Nachmittag noch nicht klar.
Unterstützer protestieren in der Nähe des Gerichts
Kurz vor Beginn versammelten sich ihre Unterstützer bei einer Kundgebung gegen das Aufenthaltsverbot, berichtet die APA. Die Protestaktion am Grazer Dietrichsteinplatz unweit des Gerichts fand dabei unter regem Medieninteresse statt. Windl solle das Landes verwiesen werden, während immer noch diskutiert werde, "ob Klimaschutz zumutbar" sei, hieß es in einer der Reden.
Wird die Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot abgewiesen, besteht auch die Möglichkeit, dass die Studentin nicht am Strafprozess wegen des Verdachts der schweren Sachbeschädigung sowie Sachbeschädigung am Wiener Landesgericht teilnehmen kann.
Für den Prozess, der im Frühjahr starten soll, gibt es noch keinen Termin. Wobei ihr Anwalt Ralf Niederhammer am Mittwoch betonte, dass im Fall einer Abweisung der Beschwerde noch immer die Möglichkeit eines Rechtsmittels bestehe.
Vorwurf einer "massiv querulatorische Neigung"
Windl lebt seit Herbst 2017 in Klagenfurt. Die bayrische Studentin gilt als eines der Gesichter des im August 2024 aufgelösten österreichischen Ablegers der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation".
Zum Aufenthaltsverbot war es im vergangenen März nach einem mehr als zwei Jahre andauernden fremdenrechtlichen Verfahren gekommen. Das BFA wirft der 28-Jährige eine "massiv querulatorische Neigung" sowie eine "weitreichende Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung" vor.
Sie wolle nun "erst mal abwarten", sagte Windl nach der Verhandlung. Sie wolle sich jedenfalls in Österreich künftig "ein bisschen handzahmer" geben - "wenn nur so mein Aufenthalt hier gesichert werden kann". Ihr Anwalt sprach von "einer sehr korrekten Verhandlung". Er unterstrich dennoch, dass "das, was hier passiert, eigentlich für schwere Straftäter, die Verwaltungsübertretungen begehen, vorgesehen" sei.
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