Würdigung für Armenpfarrer: Kleine Pucher-Gasse, große Symbolik

Würdigung für Armenpfarrer: Kleine Pucher-Gasse, große Symbolik
Ein Straßenstück in Graz wurde umbenannt und trägt nun den Namen des Gründers der "VinziWerke", Wolfgang Pucher. Die Gasse wurde speziell ausgewählt.

Gerade einmal 150 Meter lang ist die Straße zwischen Laudongasse und Starhemberggasse, und doch: In den 1980-er Jahren erregte es großes Aufsehen, als sich Pfarrer Wolfgang Pucher dafür aussprach, das damals Heßgasse genannte Straßenstück umzubenennen.

Denn die Adresse Heßgasse auf einem formellen Schriftstück oder einem Kontoantrag bei einer Bank wies sofort auf den Status der Menschen hin, die dort wohnten: In der Heßgasse gab es nämlich nur vier Gebäude - sogenannte Delogiertenhäuser der Stadt Graz.

Heßgasse verschwand aus Stadtplan

"Jeder, der diese Adresse genannt hat, hat eigentlich schon einen Minuspunkt gehabt", erinnert sich Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) am Montag. Pfarrer Pucher setzte sich damals durch, die Heßgasse verschwand aus dem Stadtplan, die Hausnummern wurden den beiden angrenzenden Straßen zugeordnet. Die Menschen, die dort wohnten, hatten nicht mehr das automatische Stigma des "Delogierten".

Seit Montag tragen diese 150 Meter aber den Namen des Pfarrers und späteren Gründers der "VinziWerke", der mit dem Einsatz gegen die Heßgasse erstmals öffentlich in Erscheinung trat: Mit der Wolfgang-Pucher-Gasse wird das jahrzehntelange Engagement Puchers gewürdigt, der im Juli 2023 starb.

Im Februar beschloss der Grazer Gemeinderat einstimmig, die ehemalige Heßgasse nach Pucher zu benennen, der ein "Vorbild an Menschlichkeit" gewesen sei. "Er hat auch nicht davor zurückgeschaut, unbequeme Positionen einzunehmen, wenn es um zentrale Menschenrechtsfragen gegangen ist", betont Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne). 

Der Einsatz des Pfarrers

Puchers "VinziDorf", 1993 gegründet, war die erste Einrichtung für obdachlose Männer, in der kein Alkoholverbot herrschte - das kam damals einem Tabubruch gleich. Unvergessen auch der Kampf des Pfarrers gegen das steirische Bettelverbot: 2011 setzte er sich selbst mitten in die Herrengasse in Graz und bettelte, um den "Akt der Herzlosigkeit", wie er das Gesetz bezeichnete, rechtlich bekämpfen zu können.

In der nunmehrigen Wolfgang-Pucher-Gasse befinden sich übrigens heute Einrichtungen für betreutes Wohnen,  die stigmatisierenden Delogierten-Wohnungen gibt es nicht mehr. "Die Heßgasse stand symbolisch für das große Unrecht, das Personen widerfahren ist, die ohnehin in großer Armut leben mussten“, überlegt Thomas Ferk, Obmann der "VinziWerke Österreich". 

Das Straßenschild Heßgasse nahm Pucher mit ins Grab: Er verfügte in seinem Testament, es möge mit ihm beerdigt werden.

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