Arzt als Gesundheitslandesrat: "Es sollte keine Denkgrenzen geben"
Mitte Oktober 2023 löste der Internist Karlheinz Kornhäusl, 42, Juliane Bogner-Strauß als ÖVP-Gesundheits- und Sportlandesrat in der Steiermark ab. Bis dahin arbeitete als Oberarzt in einem Grazer Spital.
KURIER: Welches Rezept hat der Arzt Kornhäusl an Landesrat Kornhäusl, wenn es um Spitalspolitik geht, Stichwort Personalmangel?
Karlheinz Kornhäusl: Wenn es ein Rezept gäbe, wäre es schön. Es braucht mehrere Rezepte unterschiedlicher Komplexität, denn das ist ja nicht nur ein steirisches Phänomen, das betrifft ja alle Bundesländer, in Wahrheit ganz Europa. Wir haben Baustellen, ja, da gibt es von mir kein Schönreden. Aber für mich ist eine Baustelle nichts Schlechtes, da entsteht ja wieder etwas, da wird gearbeitet, da entsteht Neues, Moderneres.
Wo muss man ansetzen?
Das Personal ist natürlich eine Riesenfrage, da braucht es mehrerlei: Geld ist ein Ansatz, sprich Gehalt. Da haben wir in der Steiermark doch eine erhebliche Summe in die Hand genommen. Wir haben ein Gehaltspaket von 130 Millionen Euro jährlich geschnürt und den Bundesgehaltsabschluss von 9,15 Prozent übernommen. Aber Geld ist halt nicht alles: Da geht es um Dienstplansicherheit, um Fragen der überbordenden Bürokratie und Dokumentations- und Administrationspflichten sowohl in der Pflege als auch im ärztlichen Bereich. Es geht um die Vereinbarkeit von Job und Familie. Das sind alles Bälle, die wir in der Luft haben, Themen, die wir anpacken, aber das geht nicht von heute auf morgen. Das Gesundheitssystem ist in Jahrzehnten so gewachsen.
Zum Teil sind die Wartezeiten sehr lang, im Spitals- wie im niedergelassenen Bereich.
Das Thema Wartezeiten stört mich sehr. Wir hatten Ende Jänner den Auftakt zu einem großen Projekt zur Reduktion der Wartezeiten, da waren alle Player an einem Tisch: 35 Expertinnen und Experten aus verschiedensten Bereichen, die schauen, wo haben wir großen Aufholbedarf? Das sind Knie- und Hüftgelenksoperationen, Operationen wegen Grauem Star und Behandlungen bei Prostatakrebs und Darmkrebs. Ich möchte noch vor dem Sommer erste Maßnahmen präsentieren. Das Novum daran ist, nicht zu sagen, das ist mein Patient und das deiner, sondern zu fragen, was können wir gemeinsam tun?
Privat: Geboren am 1. Jänner 1982, verheiratet, zwei Töchter. Sportlich zählt Tennis spielen zu seinen Hobbys. Bis zur Wahl zum Landesrat saß er im Vorstand des Fußballklubs GAK
Beruf: 2001 - 2009 Medizinstudium in Graz, zuletzt Facharzt für Innere Medizin am LKH Graz II / Standort West
Politik: Kornhäusl war in Schülerunion und JVP; 19.12.2019 - 16.10.2023 für die ÖVP im Bundesrat, zuletzt dort auch Fraktionsvorsitzender. In der Ärztekammer u. a. auch Bundessektionsobmann der Sektion Turnusärzte. Seit 2022 Vize-Landesparteiobmann der ÖVP, seit 17. 10. 2023 Landesrat
Da müsste man aber auch die Bundesländergrenzen überdenken.
Das ist absolut ein Thema. Wir müssen die Mauern in unserem Köpfen einreißen, wenn es um die verschiedenen Träger geht und Verantwortungsbereiche, etwa niedergelassener Bereich oder Spitalsbereich. Aber es gibt ja auch schon Kooperationen, das sind zwar noch zarte Pflänzchen, aber wir haben sie, etwa mit dem Klinikum Klagenfurt. Wir denken heute in Wirtschaftsregionen, in Tourismusregionen – warum dürfen wir nicht auch in Gesundheitsregionen denken? Und sagen, es gibt eine Gesundheitsregion Südösterreich und Ostösterreich?
Was müsste passieren?
Es wäre schön, einen österreichischen Masterplan Gesundheit zu entwickeln, wo ich sage, was kann Tirol, was die Steiermark nicht kann, was kann Niederösterreich nicht, was die Steiermark kann? Es gibt so spezielle Eingriffe, die so selten sind, dass es Sinn macht, die an einem Ort zu bündeln.
Ich freue mich darauf, was Ihr Tiroler und Ihr Kärntner Kollege dazu sagen werden. Geben Sie dann nicht de facto die Spitalspolitik aus Länderhand?
Nein, gar nicht. Die Länder kennen ihre Regionen. Die Debatte wird immer gleich so hoch emotionalisiert geführt, aber man kann ja einmal darüber nachdenken, wo gibt es Kooperationsmöglichkeiten, wo kann man etwas voneinander lernen? Da sollten keine Denkgrenzen auferlegt werden.
Worum geht es da konkret?
Ich rede nicht von der Basisversorgung, sondern von Spezialgeschichten. Wenn ich bei dem Haus bleibe, wo ich bis zu meiner Angelobung war, dem LKH Graz West: Wir haben dort die einzige steirische HIV-Ambulanz, dort kommen aber auch Patienten aus Kärnten und Burgenland hin. Es ist nicht zwingend notwendig, dass du mehrere HIV-Ambulanzen in jedem Bundesland hast. Sondern es funktioniert wunderbar, dass Graz einen großen Teil Kärntens abdeckt und Teile des südlichen Burgenlands.
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