Grazer Stadtchefin Kahr: "Nicht in der Politik, um reich zu werden"
"Tag der offenen Konten" für KPÖ-Politiker Manfred Eber, Robert Krotzer, Elke Kahr, Alexander Melinz und Claudia Klimt-Weithaler (v. li.)
Zusammenfassung
- KPÖ-Funktionäre zahlen zwei Drittel ihrer Politikerbezüge in den Sozialfonds ein. Seit 1998 wurden so 3,8 Millionen Euro gesammelt, allein Kahr gab 1,3 Millionen Euro weiter.
- 2025 wurden 2.521 Menschen unterstützt, vor allem bei Wohnkosten, Lebensbedarf und Gesundheit.
- 2025 war die Nachfrage nach Unterstützung besonders hoch, auch viele Berufstätige suchten Hilfe. Die Mittel reichten erstmals nicht aus, in einigen Fällen half der Landtagsklub aus. Als Gründe werden die allgemeine Teuerung und Kürzungen bei Sozialleistungen durch die Landesregierung genannt.
Im Herbst 2026 wird in Graz gewählt, erstmals verteidigt Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) ihren Spitzenplatz in der Stadtpolitik: Im Sommer gab die 64-Jährige bekannt, erneut zu kandidieren.
"Vielleicht das letzte Mal"
Doch wie zu Jahresende üblich geben die Kommunisten mit dem "Tag der offenen Konten" Einblick in ihre Finanzen, genauer: in den parteieigenen Sozialfonds, den sie mit ihren Politikerbezügen speisen.
"Für mich ist das in der Funktion vielleicht das letzte Mal", sinniert Kahr in Richtung der Wahlen. Sie kündigte bekanntlich an, die Stadtpolitik zu verlassen, sollte die KPÖ nicht mehr stimmenstärkste Fraktion im Gemeinderat werden.
Zwei Drittel ihrer Einkünfte aus politischen Ämtern zahlt jeder KPÖ-Funktionär in den Sozialfonds ein; diese Regel existiert seit 1998, als die KPÖ erstmals in den Grazer Stadtsenat einzog.
Eigentlich wäre die Bürgermeisterin Millionärin
3,8 Millionen Euro kamen so bisher zusammen, allein Kahr gab seit 2005 1,3 Millionen Euro weiter. Geld, das die Partei jenen Menschen überlässt, die sich in Notlage befinden. "Das ist natürlich den hohen Bezügen geschuldet, die Stadt Graz sticht da ja als Statuarstadt ziemlich hervor", begründet Kahr ihre eigene Summe, die in insgesamt 20 Jahren in der Stadtregierung zusammenkam.
Die parteieigene Gehaltsobergrenze liegt bei 2.500 Euro netto monatlich; Kahr selbst behält 2.300 Euro, rund 8.500 Euro stünden ihr zu. "Wir sind alle miteinander nicht in die Politik gegangen, um reich zu werden", deponiert die Stadtchefin.
Wie viele Menschen unterstützt wurden
2025 flossen exakt 304.494 Euro aus den Bezügen Kahrs, ihrer Stadtsenatskollegen Manfred Eber und Robert Krotzer sowie den beiden Landtagsabgeordneten Claudia Klimt-Weithaler und Alxeander Melinz in den Sozialfonds. 2.521 Menschen wurden damit unterstützt.
Der Großteil des Geldes wurde für Kosten rund ums Wohnen benötigt:
- Unterstützung für den Lebensbedarf (z. B. Bekleidung, Lebensmittelgutscheine, Bestattungskosten) - 1.399 Personen, 108.402 Euro.
- Mieten - 387 Personen. 67.247 Euro.
- Strom- und Heizkosten - 179 Personen, 31.473 Euro.
- Gesundheit (z. B. Arztrechnungen, Heilbehelfe oder auch Tierarztkosten) - 146 Personen, 24.589 Euro.
Doch 2025 sei ein besonders herausforderndes Jahr gewesen, resümiert Kahr: "Es waren noch nie so viele Leute bei uns."
In Graz wurden die Mittel eng
In Graz reichten die Mittel der Grazer KPÖ-Politiker nicht mehr aus - in so einer Situation sei man noch nie gewesen. "Im Dezember war kein Spielraum mehr. Wir haben Leuten sagen müssen, dass es bei uns nicht mehr geht." Doch "abgewiesen wurde niemand, wir finden immer einen Weg" - in einigen Fällen sprangen die Kollegen des Landtagsklubs ein.
Auffällig hoch war heuer die Nachfrage von Berufstätigen, speziell aus Dienstleistungsbereichen. "Leute, die sehr schwer arbeiten vom Handel bis in die Pflege", schildert Kahr. "Die Beispiele sind mannigfaltig."
Die allgemeine Teuerung, aber auch die Politik der FPÖ-ÖVP-Landesregierung machten sich bemerkbar, begründet Claudia Klimt-Weithaler, KPÖ-Klubobfrau im Landtag, die große Nachfrage nach finanzieller Unterstützung. "Blau-Schwarz kürzt Sozialleistungen, das trifft auch den Mittelstand."
"Leistung, Leistung, Leistung"
Derzeit würde "permanent Leistung, Leistung, Leistung gefordert", setzt Bürgermeisterin Kahr nach: "Das führt zu einem Gefühl der Entsolidarisierung. Ich würde mir wünschen, dass wieder mehr über die Arbeitssituation von Menschen gesprochen wird."
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