Teuerung: Grazer Stadtchefin Kahr verlangt staatliche Eingriffe

Bürgermeisterin Elke Kahr sitzt in ihrem Büro an einem Tisch
KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr fordert angesichts hoher Teuerung eine amtliche Preisregelung für Grundnahrungsmittel. Etwas Ähnliches gab es bis in die 1980er Jahre.

"In unseren Sozialsprechstunden haben wir Hunderte Leute, die an dem einen Punkt sind und sich fragen: Zahle ich die Stromrechnung oder kaufe ich Lebensmittel ein?", schildert Elke Kahr. Eine Situation, die sich seit 2020 verschärfe: Plus 34 Prozent bei den Preisen für Nahrungsmittel, plus 24 Prozent bei den Kosten fürs Wohnen, rechnet die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin am Freitag vor. "Das sagt ja eigentlich schon alles", kommentiert Kahr.

Teuerung fast doppelt so hoch wie in Deutschland

Für September lag die Inflation in Österreich bei vier Prozent; die Teuerungsrate ist damit unvermindert hoch und höher als in vielen anderen EU-Staaten, Deutschland etwa liegt bei 2,2 Prozent, Frankreich gar nur bei rund einem Prozent.

Daraus leitet die einzige KPÖ-Stadtchefin Österreichs eine Forderung ab: die nach einer amtlichen Preisregelung. Sobald die Inflation in "die Höhe schieße und die Preise davon galoppieren", müsse der Staat eingreifen, jedenfalls bei Nahrungsmitteln und Energiekosten.

Preis für Brot bis 1988 reguliert

"Da muss man gar kein Geld in die Hand nehmen", verweist Kahr auf die angespannte Budgetlage im Bund. "Sondern man muss sich nur trauen, ein paar Lebensmittelkonzernen ein paar Promille Profit weniger zu gönnen." Das System sei keine Erfindung der KPÖ, sondern ein einst bewährtes System der Sozialpartnerschaft, erinnert Kahr an die paritätische Kommission: Bis 1988 mussten mussten Unternehmen beabsichtigte Preiserhöhungen melden. Zudem galt bis dahin eine amtliche Regulierung für den Preis von Brot oder Semmeln.

Kahr fordert die Rückkehr dieses Systems. Per Gesetz soll für ein Jahr oder mehre Jahre verankert werden, dass bestimmte Nahrungsmittel nicht mehr als eine festgelegte Summe kosten dürfen.

"Halber Monatslohn für die Miete, Herr Bundeskanzler?"

"Milch, Brot, Kaffee", zählt die Bürgermeisterin als Beispiele auf. "Lebensmittel, die jeder braucht." Man wolle ja nicht verhindern, dass der Kaviar teurer werde, setzt Kahr nach. 

Auch Energiekosten müssten reguliert werden, das senke dann wiederum die Wohnkosten.  Entsprechende Plakatsujets haben die Kommunisten bereits fertig, die an die schwarz-rot-pinke Koalition im Bund gerichtet sind: "Schon einmal den halben Monatslohn für die Miete ausgegeben, Herr Bundeskanzler?" Die Plakate werden steiermarkweit affichiert, das habe nichts mit dem bereits beginnenden Wahlkampf in Graz zu tun, versichert Kahr.

In Graz wird voraussichtlich Ende September, Anfang Oktober 2026 neu gewählt. Seit Ende 2021 regiert eine Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ.

Und was tut Graz?

Man steuere der Teuerung mit allem entgegen, was einer Landeshauptstadt rechtlich möglich sei, versichert Kahr:

  • In Gemeindewohnungen betrage die Mieterhöhungen maximal zwei Prozent.
  • Für Bezieherinnen und Bezieher der Socialcard kostet ein Öffi-Jahres-Ticket 60 Euro.
  • Die automatische Indexierung von Gebühren für Müll oder Kanal wurde abgeschafft.
  • Bei der Energie Graz wurde ein Energiehärtefonds eingerichtet und mit einer Millionen Euro dotiert: Wer Strom- oder Heizkostennachzahlungen nicht stemmen kann, erhält bis zu 400 Euro Zuschuss.
  • Die Parteienförderung wurde in drei Jahren hintereinander um jeweils zehn Prozent gekürzt. 

Das Sparprogramm der blau-schwarzen steirischen Landesregierung verschärfe das Problem, mahnt KPÖ-Landtagsabgeordneter Alexander Melinz: "Viele Menschen in der Steiermark werden ganz massive Probleme bekommen. Wollen wir wirklich, dass Zigtausende in unserem Bundesland in Armut leben müssen?"

Wieder da: Die Forderung nach neuen Landesabgaben

So habe Blau-Schwarz die Inflationsanpassung der Wohnkostenunterstützung zurückgenommen, in welcher Form der Heizkostenzuschuss fortgesetzt werde, sei noch nicht bekannt. Melinz fordert, dass das Land auch einnahmenseitig handele und nicht nur Sozialaufgaben kürze: Die Einführung einer Nahverkehrsabgabe, einer Schottersteuer oder einer Parkplatzabgabe für Einkaufszentren würde 135 Millionen Euro bringen. Damit ließen sich die Kürzungen ausgleiche.

Das allerdings sind Punkte, die bereits vor 20 Jahren diskutiert und von den jeweiligen Landesregierungen verworfen wurden. Und auch die Landeshauptmannpartei FPÖ sprach sich heuer bereits deutlich gegen eine Nahverkehrsabgabe aus. 

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