Ausbau-Fieber: Skiregionen planen 21 neue Großprojekte

Rund um den Fernerkogel sollen drei Seilbahnen gebaut werden
21 Großprojekte stecken in Österreich in der Pipeline. Umweltschützer wollen die Stopptaste drücken.

Das werbewirksame Prädikat "Größtes zusammenhängendes Skigebiet Österreichs" hat gerade einmal eine Saison lang gehalten. Zu dem neuen Riesen hatte sich Fieberbrunn (Tirol) im vergangenen Winter mit dem Skicircus Saalbach-Hinterglemm (Salzburg) zusammengeschlossen. Doch bereits kurz nach der Eröffnung des Verbindungslifts hatte Mario Stedile-Foradori von den Arlberger Bergbahnen im KURIER angekündigt: "Schon nächstes Jahr werden wir sie überholen." Das Vorhaben wurde wie angekündigt umgesetzt. Das Rennen um die meisten Pistenkilometer geht weiter.

Wie die internationale Alpenschutzkommission CIPRA am Freitag aufzeigte, werden alleine in Tirol, Vorarlberg und Salzburg in 21 Skigebieten Pläne für Seilbahn- und Pistenerschließungsprojekte gewälzt; einige davon sind sogar grenzübergreifend. Besonders umstritten ist derzeit der geplante Zusammenschluss der Gletscher-Skigebiete des Ötz- und des Pitztals in Tirol. Für die Realisierung sollen rund um den Linken Fernerkogel drei neue Seilbahnen gebaut und 64 Hektar Pisten angelegt werden. Die große Fusionswelle rollt damit weiter. "Das ist ein Phänomen, dass nicht nur Tirol, sondern den ganzen Alpenbogen betrifft", sagte CIPRA-Präsidentin Katharina Conradin. "Wir stellen fest, dass eine regelrechte Ausbauspirale zu beobachten ist", erklärte die Schweizerin, flankiert von den österreichischen, deutschen und Südtiroler Ländervertretern der Wächterorganisation für die Alpenkonvention.

Zweifel an Sinn der Investitionen

Gemeinsam fordern sie eine Nachdenkpause und einen Stopp des "Erschließungswahns". Für Conradin steht fest: Aus ökonomischen und umwelttechnischen Gründen machen Skigebiets-Erweiterungen keinen Sinn." So habe die Verbundenheit zum Skisport in der Bevölkerung abgenommen; die Zahl der Skiläufer sei rückläufig. Aber auch der Klimawandel spreche gegen die enormen Investitionen in Ausbauten: "Bis ins Jahr 2100 sollen die Temperaturen in den Alpen um über fünf Grad steigen. Dann herrschen auf 3000 Metern Bedingungen wie heute auf 1400 Metern", warnte die Schweizerin. Ein anderer finanzieller Aspekt: "Viele Skigebiete sind nicht mehr profitabel und müssen von der öffentlichen Hand gestützt werden."

Tatsächlich ist der Versuch, immer größere Skigebiete zu schaffen, von purem Überlebenswillen getrieben. "Ein Verdrängungswettbewerb findet statt. Und es werden einige unter die Räder kommen", gesteht auch Toni Niederwieser, Chef der Bergbahnen Fieberbrunn, ein. Dass er und seine Kollegen vom Skicircus im Dezember Platz eins unter den größten Skigebieten verlieren werden, betrachtet er sportlich. "Wir haben das gerne genommen und wären gerne noch ein weiteres Jahr die Größten geblieben. Aber was zählt ist ohnehin die Qualität", sagt der Tiroler.

Dass Fusionen wirtschaftlich keinen Sinn mehr machen, bewertet er freilich anders als die CIPRA-Vertreter: "Wir haben uns mit einer Bahn an 60 weitere drangehängt. Gemeinsam ist man stärker und kann überleben." Die Begehrlichkeiten für Zusammenschlüsse sieht Niederwieser nicht von den Bergbahnen ausgehen: "Die Entwicklung wird von den Kunden getrieben." Für 70 Prozent sei die Größe des Skigebiets entscheidend. Unter 100 Pistenkilometer finde man kaum Beachtung. Fieberbrunn hatte vor der Fusion 45 Pistenkilometer, danach 270.

Für den Tiroler Peter Haßlacher, Vorsitzender von CIPRA Österreich, ist indes "ein ruinöser Wettbewerb im Gange, bei dem nicht alle mithalten können". Wer finanziell kann, wird aber wohl weiter nach Fusionen streben. "Wenn wir das nicht gemacht hätten, wären wir vom Markt verschwunden", ist Niederwieser überzeugt.

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