Barrierefrei durch die Stadt: Wo behinderte Menschen behindert werden
Menschen mit Behinderungen sind nicht nur durch ihr eigentliches Handycap eingeschränkt. Oft werden Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen, gehbehindert oder blind sind (um nur einige wenige Einschränkungen anzuführen), zusätzlich behindert - und das im wahrsten Wortsinn.
Dazu zählen blockierte Leitsysteme am Boden, die einem blinden Menschen die Orientierung in der Stadt ermöglichen ebenso, wie abgestellte Fahrzeuge oder blockierte Gehwege – etwa durch Mülltonnen, die einem Rollstuhlfahrer den Weg versperren. Alltägliche Dinge, die einem selbst oft gar nicht auffallen.
Um das Bewusstsein in diesem Bereich zu erhöhen, hat die Stadt am Montag zu einer „Rallye barrierefrei“ auf den Adventmarkt vor dem Schloss Mirabell geladen. Mithilfe von Rollstühlen, Dunkelbrillen und Blindenstöcken musste eine Strecke durch den Markt bewältigt werden.
„So anstrengend“
Andrea Brandner, SPÖ-Stadträtin und Vorsitzende des Behindertenbeirats der Stadt Salzburg, hat am Montag diese Perspektive selbst eingenommen: „Im Rollstuhl habe ich versucht, den Parcours zu bewältigen. Mir ist bewusst geworden, wie anstrengend es ist, sich auf dem Kopfsteinpflaster zu bewegen. Danach mit der Blindenbrille und dem Blindenstock war es ein totaler Perspektivenwechsel. Dabei habe ich gemerkt, wie massiv einschränkend es ist, wenn eine Sinneswahrnehmung fehlt.“
Die Aktion wird von der Expertin Monika Schmerold vom Verein knack:punkt und dem Experten Peter Weiser vom Blinden- und Sehbehindertenverband begleitet. Schmerold ist selbst auf einen Rollstuhl angewiesen und hat oft schon auf Versäumnisse und Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen und tut das unermüdlich weiter.
Dass noch einiges zu tun ist, ist auch Brandner bewusst: „Wir brauchen ganz viel Bewusstsein, Hinschauen und Sensibilisierung. Immer bewusst machen, dass Barrierefreiheit für einen ganz großen Teil der Bevölkerung wichtig ist.“
Barrieren sichtbar machen
Und sie verspricht: „Wir möchten ganz viel Unterstützung in allen möglichen Formen anbieten.“ Das sei auch ein Ziel der Adventaktion, diese Barrieren sichtbar zu machen, den Abbau voranzutreiben und das Bewusstsein für die Bedeutung von Barrierefreiheit zu stärken.
Weiters wolle man damit auf die Bedürfnisse und Herausforderungen von Menschen mit Behinderungen aufmerksam machen. In Salzburg gibt es mittlerweile einen Etappen-Plan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, bereits seit 1997 ist ein Beirat für Menschen mit Behinderungen eingerichtet.
Im städtischen Wirkungsbereich werde darauf geachtet, bei der Stadtplanung künstliche Barriere weitgehend zu vermeiden und abzubauen, die Stadt übernimmt alle Kosten für erforderliche Gebärdendolmetsch-Dienste, um auch gehörlosen Menschen den persönlichen Kontakt bei den städtischen Behörden zu ermöglichen.
Dass Gemeinderatssitzungen auch in Gebärdensprache übersetzt werden, ist ebenfalls Standard.
„Aus anderer Sicht“
Oft gibt es auch im persönlichen Umgang mit Menschen mit Behinderungen Defizite. Darauf hat die Stadt mit einem eigenen Angebot reagiert. Beim Projekt „Aus anderer Sicht“ werden etwa die Fahrerinnen und Fahrer der Salzburger Obusse explizit darauf geschult, wie sie Menschen mit Behinderungen kompetent begegnen können, um diesen bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen.
Dass schon viel passiert sei, betont auch Peter Ebner, der Behindertenbeauftragte der Stadt. So habe der Behindertenbeirat große Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen – was dieser auch mache.
Oft werde „nicht respektvoll mit behinderten Menschen“ umgegangen, sagt er. Etwa, wenn Behindertenparkplätze illegal benutzt werden. „Es ist noch viel zu tun“, räumt Ebner ein, wichtig sei es, „guten Willen zu schaffen und vom Bewusstsein ins Handeln zu kommen“. Etwa mit noch mehr Achtsamkeit bei Sanierungen, auch von öffentlichen Räumen. Wenngleich er auch weiß, dass Denkmalschutz, etwa bei der Pflasterung, eine schwierige Hürde darstellt.
Darüber hinaus gibt es aktuell eine Ausstellung, die in der Wolf-Dietrich-Halle des Schlosses Mirabell zu sehen ist. Die Ausstellung thematisiert Inklusion und die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen.
Ein weiterer Blickfang soll der Christbaum vor dem Schloss Mirabell sein, an dem Wünsche in Form von Lebkuchen hängen. Diese Wünsche – etwa in leichter Sprache, Rampen statt Treppen oder dem Recht auf Mitsprache – symbolisieren konkrete Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.
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