Als 17-Jährige zum IS: 24 Monate bedingte Haft für Maria G.

Frau sitzt mit dem Rücken zur Kamera in Gerichtssaal
Die zweifache Mutter wurde im März aus syrischem Internierungslager zurück nach Österreich geholt.

Zusammenfassung

  • Maria G. kehrte nach fünf Jahren im IS-Internierungslager in Syrien mit ihren zwei Söhnen nach Österreich zurück.
  • Das Außenministerium musste sie nach einem Gerichtsbeschluss gemeinsam mit ihren Kindern zurückholen; eine andere IS-Rückkehrerin wurde bereits verurteilt.
  • Maria G. wurde rechtskräftig zu 24 Monaten bedingte Haft verurteil.

Seit mehr als einem halben Jahr ist Maria G. (27) wieder zurück in Österreich: Sie saß fünf Jahre lang im Internierungslager Camp Roj in Syrien fest - nachdem sie 2014 als 17-Jährige Salzburg verlassen hatte, um sich dem Terrorregime des Islamischen Staates anzuschließen. 

Im heutigen Prozess rund um den Vorwurfs der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation zeigte sich die 27-Jährige voll geständig. "Ich habe viel über meine damalige Radikalisierung und Ausreise nachgedacht und kann mir heute nicht mehr erklären, wie das passieren konnte," so die Zweifachmutter vor Gericht. Das Ergebnis der Verhandlungen: 24 Monate bedingte Haft. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Vom IS-Lager zurück in Österreich

Zuvor hatten ihre Eltern lange um die Rückholung ihrer Tochter sowie der beiden in Syrien geborenen Enkelsöhne gekämpft. Doch das Außenministerium verweigerte vorerst, erst nach einer Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts stand fest:  Die Republik muss die IS-Auswanderin gemeinsam mit den Kindern zurück in ihr Heimatland holen.

Am 1. März war es soweit, G. und ihre beiden Kinder wurden mit einer Linienmaschine aus dem Irak nach Wien-Schwechat geflogen.

Wienerin bereits verurteilt

Während eine andere 26-jährige Frau aus Wien - die sich ebenfalls dem IS angeschlossen hatte und wie G. mit ihrem Sohn aus dem Internierungslager geholt wurde - in Haft genommen wurde, wurde die Festnahmeanordnung bei Maria G. aufgehoben: Sie durfte mit ihren Söhnen nach Salzburg. Die 26-jährige Wienerin wurde bereits im April zu zwei Jahren bedingt verurteilt (nicht rechtskräftig).

Nährboden für Radikalisierung

Die Staatsanwaltschaft legte Maria G. zur Last, sich - inspiriert von Propagandafilmen - der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen zu haben. "Es ist aber nichts gefunden worden, das die Angeklagte über den Umstand des Auswanderns in das Herrschaftsgebiet des IS hinaus belasten könnte", räumte der Staatsanwalt ein. Sprich, sie war selbst nicht an kriegerischen Handlungen oder Gräueltaten beteiligt.

"Es mag wer sagen, die Angeklagte hat unserer freien demokratischen Gesellschaft den Rücken gekehrt. Aber es geht nicht um Rache, sondern es geht darum, jemanden, der eine falsche Entscheidung getroffen hat, wieder in die Gesellschaft einzugliedern", betonte der Staatsanwalt. Die Angeklagte habe durch ihr Verhalten vor allem sich selbst, ihren Angehörigen und ihren Kindern Schaden zugefügt.

Die Angeklagte habe nach einem dramatischen Erlebnis in jungen Jahren als Jugendliche unter Panikattacken, Zukunftsängsten und Orientierungslosigkeit gelitten. Über ihren muslimischen Freund kam sie in Kontakt mit dem Islam und dürfte sich dann vor allem in den Sozialen Medien radikalisiert haben. Ende 2013 konvertierte G. zum Islam. Mit ihrem Freund kam es zum Bruch, da der ihre radikalen Ansichten nicht teilte.

"Die Tat liegt mehr als elf Jahre zurück. Meine Mandantin war damals 17 Jahre alt und hatte psychisch belastende Jahre hinter sich. Diese Umstände haben die Radikalisierung erst möglich gemacht", sagte ihre Verteidigerin Doris Hawelka im Verfahren. G. habe umfassend mit den Ermittlungsbehörden kooperiert und in fünf insgesamt 20 Stunden langen Vernehmungen alle Fragen beantwortet.

"Größter Fehler ihres Lebens"

Ihre Mandantin habe seit ihrer Rückholung auch "alles getan, um gute Voraussetzungen für ihr weiteres Leben zu schaffen", so die Verteidigerin im Rahmen der Verhandlung. G. hat nach ihrer Rückkehr auf freiwilliger Basis ein Deradikalisierungsprogramm begonnen, sich um Bewährungshilfe bemüht und im Sommer nicht nur eine Arbeitsstelle, sondern auch einen Therapieplatz gefunden.

"Sie ist sich bewusst, dass die Ausreise nach Syrien der größte Fehler ihres Lebens war. Und sie hat in einer gewissen Weise auch den Preis dafür bezahlt." G. habe de facto elf Jahre in Gefangenschaft gelebt, weil auch das Leben als Frau und Mutter im IS nichts anderes gewesen sei. Die sechs Jahre in den beiden Internierungslagern seien schlimm gewesen. "Das war bereits die schwerwiegendste Strafe. Es gibt keine Sanktion im österreichischen Strafrecht, die schlimmer wäre als diese sechs Jahre." Für die Rückholung von Maria G. gebühre dem Außenministerium Dank. "Aber es wurden leider wichtige Jahre - vor allem für die Kinder - vergeudet. Diese Zeit ist verloren."

Zweite Chance

G. selbst wollte sich angesichts der umfangreichen Einvernahmen durch die Ermittler am Mittwoch nicht mehr zu ihrer Geschichte äußern, sagte aber, dass sie und ihre Kinder viel Schlimmes erlebt hätten. "Ich bin froh wieder hier zu sein". Nach dem Urteil bedankte sie sich beim Gericht für die zweite Chance.

Die Angeklagte war gerichtlich unbescholten. Aufgrund des Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und dem jugendlichen Alter bei der Ausreise wurde der Fall vor einem Schöffengericht für Jugendstrafsachen verhandelt. Das Gericht verordnete Bewährungshilfe, die weitere Teilnahme an Deradikalisierungsprogrammen und Psychotherapie. Die Probezeit der bedingten Strafe beträgt drei Jahre. Wie die Richterin in ihrer Urteilsbegründung sagte, wäre eine unbedingte Strafe im Falle von G. kontraproduktiv gewesen.

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