"Ich bin seit 2017 Wirt auf der Adlersruhe und es wird tendenziell immer wärmer", erzählt Riepler. Und nach einer Pause: "Dass es so warm is, des is net normal. Einzelne Tage ja, aber so lange. Die Gletscher schwitzen draußen regelrecht", sagt Riepler, den der KURIER telefonisch während der Arbeit in der Hütte erreicht.
Einen offiziellen Temperaturrekord vom Dach Österreichs gibt es nicht, da der Berg oder die Adlersruhe selbst, über keine amtliche Wetterstation verfügen. Was sich aktuell abspielt, kann aber als rekordverdächtig bezeichnet werden.
Besonders an zwei Stellen seien die Erwärmung und der Klimawandel Österreichs höchstem Berg deutlich anzumerken: Am sogenannten Eisleitl und am Bahnhof.
Wandern durch Matsch, statt durch Schnee
Das 45 Grad steile Eisleitl, über das schon die Erstbesteiger den Gipfel erreichten, war bereits im vergangenen Sommer das "Sorgenkind" des Bergs. Der Bereich, der normalerweise im August einer „Schneefahrbahn“ gleicht, war damals komplett schneefrei, das Eis geschmolzen, die Steinschlag-Gefahr enorm hoch. Grund für die prekäre Lage waren auch damals die hohen Temperaturen, die sogar auf 3.600 Metern Seehöhe dafür sorgten, dass Bergsteiger statt durch Eis und Schnee durch Schlamm wanderten.
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Gletscher blank
Heuer habe Schneefall im August die Situation etwas entspannt. "Der Berg hat eine kurze Verschnaufpause bekommen. Aber am Eisleitl und am Bahnhof merkt man extrem, wie die Gletscher schmelzen. Wir reden dort von einer Höhe von 3.500 bis 3.600 Meter. Da ist alles blank. Wir haben nicht nur in tiefen Lagen einen massiven Eisverlust bei den Gletschern, sondern auch hier heroben", erzählt Riepler.
Neues "klimatisches Regime"
Eine Beobachtung, die Gletscherforscher unterstreichen. „Wir befinden uns in einem neuen klimatischen Regime“, betont auch Glaziologin Andrea Fischer, die von der APA bei einer Begehung des Tiroler Jamtalgletschers begleitet wurde.
Fischer kommt alle 14 Tage auf den Gletscher: „Es sieht jedes Mal anders aus.“ Die Forscherin und ihr Team beobachten zahlreiche Gletscher in den Ostalpen. Manchmal tue sie sich mittlerweile schwer, sie an ihrer Form zu erkennen, so rasant sind die Veränderungen. Das prognostizierte Ende der Gletscher sei mittlerweile um rund 50 Jahre nach vorne gerückt.
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Der selbst für die Wissenschaft überraschend rapide Gletscherschwund gibt einmal mehr Anlass, Warnsystemen, Katastrophenfonds und Verbauungsmaßnahmen neu zu überdenken.
Pendel schlägt aus
Extreme, die auch Riepler kennt. "Es gibt keine Konstanten mehr. Am 8. August hatten wir in der Früh minus 8,2 Grad, jetzt ist es extrem heiß. Es ist brutal, wie das Pendel ausschlägt." Dass alles extremer wird, auch in der Extremhöhe, zeigt ein aktuelles Beispiel vom Juli diesen Jahres.
Bei einem heftigen Gewitter schlug ein Blitz in das Seil der neuen Transportseilbahn ein. Diese ist wie eine Lebensader für die Hütte. Nicht nur Waren werden damit transportiert, sondern auch verletzte Wanderer in Sicherheit gebracht. Mittlerweile ist die Bahn wieder funktionsfähig.
Ereignisse werden mehr
"Das war ein außerordentliches Gewitter. Die Blitze haben im Klettersteig sogar die Stangen rausgesprengt. So heftig war das", erinnert sich der Hüttenwirt.
Er ist überzeugt: "Diese Ereignisse werden mehr, das Klima schlägt voll zu. Und ja, die Zukunft hier heroben am Berg bereitet mir massive Kopfschmerzen."
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