Coronavirus-Verdacht legte Bahnverkehr am Brenner lahm, Anschober "sehr in Sorge"

Züge am Brenner
500 Passagiere saßen in zwei Zügen fest. Gesundheitsminister Anschober zeigte sich Sonntagabend "sehr in Sorge", Grenzkontrollen seien aber nicht nötig. Heute tagt der Einsatzstab.

Für vier Stunden standen die Züge still. Zwei Fahrgäste mit Husten und Fieber in einem Zug von Venedig nach München haben den Zugverkehr am Brenner in der Nacht auf Montag zum Stillstand gebracht. Die italienische Bahn meldete den Corona-Verdachtsfall den ÖBB. Diese schalteten das österreichische Innenministerium ein - und der zuständige Bezirkshauptmann aus dem Bezirk Innsbruck-Land stoppte daraufhin den Zug per Bescheid.

Die beiden Fahrgäste hatten den Zug allerdings bereits in Verona verlassen und wurden dort negativ auf den SARS-CoV-2 Virus getestet. Bis aber das Innenministerium Entwarnung gab, saßen 500 Passagiere aus zwei Zügen am späten Sonntagabend auf dem italienischen Grenzbahnhof am Brenner fest. Um 23.30 ging die Reise weiter. Bei allen Passagieren, die in Österreich aussteigen, sollten Identitätsfeststellungen vorgenommen werden, so das Innenministerium. In München durften die Passagiere bei der Ankunft hingegen unkontrolliert den Bahnhof verlassen.

Anschober: "Sind sehr, sehr in Sorge."

Angesprochen auf mögliche Grenzkontrollen in Richtung Italien sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in der ORF-Sendung Zeit im Bild 2 derartige Kontrollen seien "derzeit nicht erforderlich. Aber wir sind sehr, sehr in Sorge, wir sind vorsichtig und aufmerksam und werden morgen den Sachverhalt noch einmal mit allen Experten überprüfen." Er verwies auf den für heute angesetzten Einsatzstab

Anschober trifft gegen 10 Uhr die Gesundheitslandesräte.

Man könne derzeit nicht prognostizieren, wie sich die Lage bei der vom Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Epidemie entwickeln werde, in etwa drei Wochen werde man womöglich wissen, ob es zu einer globalen Ausbreitung kommt. "Die Gesundheitsbehörden tun alles, damit das nicht der Fall ist", betonte Anschober. Er verwies auf den "hervorragend" aufgestellten österreichischen Gesundheitsbereich und die gute internationale Vernetzung der Behörden. Sollte es bei Verdachtsfällen Spuren nach Österreich geben, werde dies umgehend gemeldet und untersucht.

Gesundheitsminister Anschober über Coronavirus-Gefahr

Nehammer: "Kein Grund zur Panik"

Sonntagvormittag meldete sich bereits Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zu Wort: "Es gibt keinen Grund zur Panik" in Österreich. Im Ö1-Morgenjournal am Montag verwies er bei der Frage nach Grenzkontrollen auf die Einschätzung durch die Gesundheitsbehörden. Beim heutigen Einsatzstab werde unter anderem die Lage an den Grenzen im Süden, aber auch zu Bayern besprochen werden, so Nehammer im Radio. 

Hotline der Wirtschaftskammer für Firmen

Die Wirtschaftskammer richtet wegen des Coronavirus ab Montag eine Hotline für betroffene Unternehmen aus Österreich ein. Ziel sei es, den Firmen beispielsweise beim Kontakt zu chinesischen Behörden zu helfen, wie es am Sonntag in einer Pressemitteilung hieß.

Das Wirtschaftsministerium organisierte eine "Task Force" namens "Wirtschaft COVID-19" zwischen der chinesischen Botschaft, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung. Rund 1.000 Firmen aus Österreich haben Niederlassungen in China, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner in Asien.

Hotline der Wirtschaftskammer zum Coronavirus: 05 90900-4352, Mo-Fr 9.00-17.00 Uhr

Italien: Städte abgeriegelt, Sperrzonen errichtet

Ungeachtet der Probleme im Zugverkehr stand das öffentliche Leben in vielen Gegenden in Norditalien wegen des Coronavirus-Ausbruchs praktisch still. Die Zahl der Infizierten lag am Sonntagabend bei mehr als 150, damit ist Italien das Land mit der höchsten Zahl an bestätigten Erkrankten in Europa. Die meisten kamen aus der Lombardei, wo zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt wurden. Sie liegen in der Nähe von Mailand, der zweitgrößten Stadt Italiens und dem Finanzzentrum des Landes. In Venetien wurde die Gemeinde Vo abgeriegelt. Schulen, Universitäten und Museen bleiben geschlossen. Auch der Karneval von Venedig, der bis Dienstag gehen sollte, wurde vorzeitig beendet. Drei infizierte Menschen kamen bisher in Italien ums Leben.

Unter den Menschen ging die Angst um. Medien zeigten Fotos von Supermärkten in Mailand mit leer geräumten Regalen und langen Schlangen an den Kassen.

Zahlreiche Sehenswürdigkeiten bleiben zu. Der Mailänder Dom sollte zum Beispiel als Vorsichtsmaßnahme für Touristen bis mindestens Dienstag geschlossen bleiben. In Kirchen in der Lombardei und in Venetien fielen Gottesdienste aus. Auch die Hafenstadt Triest beschloss am Sonntagabend eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen.

Mehr Informationen zur Lage in Italien finden Sie hier:

Kommentare