Neue Präsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer im Transit-Spagat

Neue Präsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer im Transit-Spagat
Mit der EU-Mandatarin Barbara Thaler rückt eine Vertreterin der Tiroler Verkehrspolitik in Brüssel an die Spitze der WK

Keine 20 Stunden sind zwischen dem Rücktritt von Christoph Walser (ÖVP) am Freitag und der Klärung seiner Nachfolge als Präsident der Tiroler Wirtschaftskammer vergangen. Die Weichen dafür, dass EU-Abgeordnete Barbara Thaler (ÖVP) übernimmt, sollen bereits gestellt gewesen sein, als die Gremien des in der Kammer tonangebenden Wirtschaftsbunds diese Personalie am Samstag abgesegnet haben.

Bei der Antrittspressekonferenz der 41-Jährigen wurde das freilich in Abrede gestellt. Wirtschaftsbundobmann und ÖVP-Nationalrat Franz Hörl nutzten dabei zunächst aber noch einmal die Gelegenheit, um Walser für seine Tätigkeit als Wirtschaftskammer-Präsident Rosen zu streuen.

Finanzstrafdelikte

Der sieht sich, wie berichtet, mit Ermittlungen wegen Finanzstrafdelikten rund um sein Transportunternehmen konfrontiert. „Menschen machen Fehler“, erklärte Thaler zu der Causa, die sie aber ansonsten nicht groß kommentieren wollte. „Ich war genauso überrascht wie viele andere.“

Mehr dazu: Ermittlungen: Walser tritt als Tiroler WK-Präsident zurück

Für Hörl ist Thaler ein „Rundum-Zukunftspaket“. Sie habe „zuletzt auf europäischer Bühne eine gute Figur gemacht“. Auf dieser Bühne war die nunmehr erste Präsidentin in der Geschichte der Tiroler Wirtschaftskammer gewissermaßen die Anwältin der Transitpolitik der Landesregierung, trat etwa für höhere Lkw-Bemautungen auf der vom Schwerverkehr überrollten Brenner-Route auf.

Neue Präsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer im Transit-Spagat

Aus der Kammer und dem Wirtschaftsbund heraus wurde diese Linie freilich immer wieder konterkariert. Erst vor zwei Monaten hatte Hörl ein Aus für den permanenten Lufthunderter auf der Inntalautobahn gefordert, der Basis für praktisch alle transitbeschränkenden Maßnahmen der Landespolitik ist.

Mehr dazu: Wo der Lufthunderter fallen könnte

Die Wirtschaftskammer nahm in Person des Obmanns der Tiroler Güterbeförderungsbranche, Ulf Schmid, den Ball auf und forderte ebenfalls ein Aus für das Tempolimit. Man müsse die Tiroler „nicht ganzjährig in Geiselhaft nehmen“, wenn sich die Luftwerte ohnehin ständig verbesserten. Schmid dürfte dabei wohl freilich eher die Interessen der Wirtschaft im Blick gehabt haben als jene der Tiroler Bevölkerung.

"Beim Lufthunderter emotionslos"

Wie hält es aber nun Thaler, die ihr Mandat bis zur EU-Wahl im Mai erfüllen will, in ihrer neuen Rolle als WK-Präsidentin mit Tempo 100? „Ich bin beim Lufthunderter emotionslos“, erklärte sie. Die dafür relevanten Grenzwerte seien erreicht oder nicht. „Und dann hat man entsprechend dem Gesetz zu handeln.“

Der "Lufthunderter" ist auf einem Abschnitt A12, zwischen Imst und Landeck, vorerst Geschichte

Auf der A12 gilt der Hunderter gemäß IG-Luft seit wenigen Tagen nur noch im Unterland

Wie die Tiroler Tageszeitung ausgerechnet am Montag berichtet hat, ist genau das nun auf dem Oberländer Abschnitt der Inntalautobahn schlagend geworden. Da die Luftschadstoffwerte dort nicht mehr überschritten werden, hat die Landesregierung die Tempobremse in diesem Bereich nun aufgehoben. Die galt seit 2021 ohnehin nur mehr im Winter, weil die verbesserte Luftqualität sie im Sommer schon nicht mehr rechtfertigte.

Diese Entwicklung könnte über kurz oder lang auch den Lufthunderter auf der eigentlichen Brenner-Route über den Unterländer Abschnitt der Inntalautobahn ins Wanken bringen. Thaler wagt jedenfalls den Spagat, der sich durch ihre beiden Funktionen ergibt, und will „an machbaren Lösungen mitarbeiten.“

Obmannfrage

Ihr neues Amt sorgt auch auf anderer Ebene für Bewegung – im Tiroler Wirtschaftsbund. Dort will Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) Anfang kommenden Jahres Franz Hörl die Obmannschaft streitig machen. Ob sie einen der beiden unterstützt oder gar selbst ins Rennen geht, wollte Thaler nicht beantworten: „Das werden wir intern in unseren Gremien klären.“ Dort würden „zeitnah“ Gespräche stattfinden.

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