Warum wird der Lufthunderter bei Hallein auf der A10 beendet?Laut Verkehrslandesrätin Marlene Svazek von der FPÖ Salzburg besteht „keine fachliche Notwendigkeit mehr für die Geschwindigkeitsbegrenzung. Beispielsweise wurden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid seit drei Jahren unterschritten. Die Daten und Fakten sprechen eine eindeutige Sprache, daher werden wir die Aufhebung des Lufthunderters verordnen.“
Stimmt das, wurden die Höchstgrenzen nicht überschritten?Ja. Seit 2019 zeigen die Daten der Messstelle Hallein, dass die Grenzwerte nicht überschritten wurden. Das hat vor allem mit emissionsärmeren Verbrennermotoren zu tun.
Was machen Stickstoffoxide mit der Gesundheit von Menschen? Stickoxide sind Reizgase, die zu Asthma, Allergien und einer Schwächung des gesamten Immunsystems führen. Durch eine hohe Stickstoffdioxid-Belastung nehmen auch Atemwegs- und Herzerkrankungen zu. Die Risiken sind individuell, besonders betroffen sind Säuglinge, ältere Personen und chronisch Kranke.
Darf die Salzburger Regierung das alleine entscheiden?Ja. Das Umweltministerium gibt die Höchstwerte für Umweltgifte vor, die nicht überschritten werden sollen. Die Bundesländer sind für die Umsetzung verantwortlich, und schaffen das vor allem durch Tempolimits.
Warum sollen Tempolimits zu weniger Umweltgiften führen, die Strecke bleibt ja gleich?Pro gefahrenem Kilometer emittiert ein Pkw bei Tempo 100 statt Tempo 130 im Schnitt um 49,7 Prozent weniger Stickoxide und um 34,2 Prozent weniger Feinstaub.
Was sagt Klima- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) zum Vorhaben der Salzburger?Auf KURIER-Anfrage heißt es aus dem Klimaschutzministerium: „Geringes Tempo führt zu weniger Verkehrstoten, verursacht weniger klimaschädliche Emissionen und weniger Lärm und spart durch den geringeren Treibstoffverbrauch auch Geld. Das IG-L zeigt, dass die Emissionswerte und die Lärmbelastung vor Ort gründlich sinken, das hebt die Lebensqualität aller Anrainer. Aktuell erarbeitet die EU strengere Richtwerte. Das Tempolimit jetzt aufzuheben, ist das falsche Signal.“
Kommen aus Brüssel tatsächlich strengere Schadstoff-Limits für den Verkehr?
Ja. Die Stickstoff-Höchstgrenze soll laut einem aktuellen Entwurf der EU-Kommission von derzeit 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm reduziert werden.
Könnten auch andere „Lufthunderter“-Zonen auf Österreichs Autobahnen fallen?
Der Tiroler ÖVP-Wirtschaftsbundchef und Nationalratsabgeordnete Franz Hörl hat ein Aus für den Lufthunderter auf der Inntalautobahn (A12) gefordert. Wenn die Rechtsgrundlage aufgrund stark verbesserter Messwerte fehle, sei auch das Tempolimit abzuschaffen, so Hörl. Dabei ist die Gefahr groß, dass mit einem Ende der IG-L-Maßnahmen in Tirol auch die restriktiven Lkw-Fahreinschränkungen, wie das sektorale Fahrverbot im Inntal und am Brenner, fallen könnten.
Diskutiert wird aber auch über den Lufthunderter auf der Westautobahn bei Linz: Um die Emissionen auf einer der am stärksten befahrenen Autobahnen Österreichs in den Griff zu bekommen, wurde auch hier eine Verkehrsbeeinflussungsanlage installiert. „Diese ist eine wichtige Maßnahme zur Gesundheitsvorsorge Zehntausender Menschen im dicht besiedelten Umland von Linz, die es ermöglichte, eine bessere Luftqualität für die abgasgeplagten Anrainerinnen und Anrainer zu erreichen“, sagt der Grüne Umweltlandesrat Stefan Kaineder zum KURIER. Noch bis Herbst läuft eine Evaluierung und Prognose, Kaineder ist freilich für eine Beibehaltung: „Der Schaden für Gesundheit und Umwelt überwiegt aus meiner Sicht den Vorteil eines minimalen Zeitgewinns.“
Wie kann man den Lufthunderter hinsichtlich des Klimaschutzes beurteilen?
Die CO2-Emissionen sind aus gesundheitlicher Sicht ohne Relevanz. Klar ist aber, dass bei höheren Geschwindigkeiten auch höhere CO2-Emissionen entstehen – der CO2-Ausstoß erhöht sich von 100 km/h auf 130 km/h um 23 Prozent.
Gibt es Ausnahmen beim Lufthunderter?
Batterieelektrische Pkw als auch jene mit Wasserstoff und Brennstoffzelle können 130 km/h fahren, sofern sie ein grünes Nummernschild haben und es ein Hinweisschild gibt.
von B. Gaul, S. Mendoza, S. Bumberger, M. Liebhart
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