Windenbergung in der Nacht: „Wie Rückwärtseinparken ohne Licht“

Windenbergung in der Nacht: „Wie Rückwärtseinparken ohne Licht“
Die ARA-Flugrettung könnte als erste Flugrettungsorganisation in Österreich grünes Licht für nächtliche Windenbergungen erhalten

Die Alarmierung erfolgt gegen 21.30 Uhr: Zwei Wanderer sind in Bergnot geraten, sie können in der Dunkelheit weder vor und zurück. Der „RK1“-Hubschrauber der ARA-Flugrettung hebt vom Stützpunkt in Fresach (Bezirk Villach-Land) ab. Wenig später werden zwischen Bäumen die Verletzten ausgemacht. Und dann passiert etwas, was es in dieser Form in Österreich bisher nicht gab: Eine Windenrettung des Verletzten bei Nacht.

Das oben beschriebene Szenario ist eine Übungssituation, die Dienstagnacht anlässlich des 20-jährigen Bestehens der rot-weiß-roten Hubschrauber der ARA-Flugrettung in Österreich vorgeführt wurde. Doch die nächtliche Windenrettung könnte bald Realität werden.

Go von Behörden

„Wir warten nur mehr darauf, dass uns die Behörde die Zustimmung erteilt. Es hat bereits einen Demo-Flug in Tirol gegeben. Wir sind zuversichtlich, dass es ein Go geben wird. Wir wären dann die erste Luftrettungsorganisation in Österreich und Deutschland, die eine Windenrettung auch bei Dunkelheit durchführt“, sagt ARA-Geschäftsführer, Thomas Jank. Mit dem grünem Licht der Austro Control könnte es im Herbst soweit sein.

Die nächtliche Windenbergung könnte dann bereits im kommenden Winter zum Einsatz kommen. Bis zum offiziellen Startschuss dürfen die rund 80 Mitarbeiter der ARA die Bergung zumindest trainieren. „Im Hochgebirge ist eine Windenbergung bei Nacht eine echte Herausforderung. Man muss sich das so vorstellen, als ob man mit seinem Auto in einem Parkhaus ist, das Licht geht aus, du siehst nichts, und dein Kollege auf der Rückbank des Autos weist dich in eine kleine Parklücke ein. Also Rückwärtseinparken ohne Licht. Jeder Schritt wird mit Checklisten abgearbeitet“, erklärt ein Pilot vor dem Demonstrationsflug.

Umsteigen während des Fluges

Beim Flug selbst wird rasch klar, wie gut das Team zusammenspielen muss: Denn der Winden-Operator, der für die Winde verantwortlich ist, sitzt vor dem Einsatz aus Sicherheitsgründen als Co-Pilot neben dem Piloten im Cockpit.

Sobald der Pilot in den Schwebeflug geht, steigt der Winden-Operator außen über die Kufen in den hinteren Teil des Hubschraubers. Dann wird der Notarzt oder Sanitäter mit der Seilwinde zum Verletzten hinuntergelassen. „Der große Vorteil einer Winden- gegenüber einer Seilbergung ist, dass man viel schneller bei der Bergung ist. Mit einem Seil benötigt man zunächst einen Zwischenlandeplatz, bei dem der Flugretter am Seil angehängt wird, dann wird er zum Verletzten transportiert, dann geht es wieder zu einem Zwischenlandeplatz, um den Verletzten in den Hubschrauber einzuladen“, erklärt ein anwesender Pilot das Prozedere. Bei der Windenbergung sei die Verladung des Verletzten während des Fluges möglich – ohne Zwischenlandung.

Neuer saisonaler Standort in Aussicht

Eine Verteuerung bei der Abrechnung der Flugminuten (aktuell 119 Euro pro Minute) soll die Windenbergung laut Geschäftsführer Jank nicht mit sich bringen.

Neben der Windenbergung in der Nacht könnte der Winter für die ARA-Flugrettung in Kärnten noch eine Neuerung bereithalten: Im Skigebiet Nassfeld soll ein saisonaler Helikopterstandort für einen rot-weiß-roten Hubschrauber entstehen.

Sollte die Windenbergung bei Dunkelheit tatsächlich kommen, würde dies die Flugrettung auch ihrem Ziel näherbringen, auf einen 24-Stunden-Flugbetrieb umzustellen. „Wir sind bereit für den 24-Stunden-Betrieb. Aber das ist eine Frage der Politik, weil es auch finanziert werden muss. Wir haben die Maschinen und das Verfahren“, sagt Jank.

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