Sicherheitslücke: Kärntner Retter warten seit 13 Jahren auf Digitalfunk

© Wammerl Patrick
Der Digitalfunk ist Standard in ganz Österreich. Mit einer Ausnahme: Kärnten. Zwischen Land und Innenministerium wird der Ton rauer
Die heftigen Unwetter in Salzburg und Tirol der vergangenen Tage haben eines erneut verdeutlicht: Wie wichtig eine reibungslose und rasche Kommunikation der einzelnen Einsatzorganisationen wie Polizei, Feuerwehr oder Rettung in Krisenfällen untereinander ist.
Als Meilenstein kann dabei die Einführung des Digitalfunks in Österreich gesehen werden. Ein universelles Sprach- und Datensystem für alle Organisationen und Behörden. Der Digitalfunk garantiert Sicherheit durch Verschlüsselung, Funken ohne Infrastruktur, exzellente Sprachqualität und kein Kanalsuchen im täglichen Betrieb. 2004 erfolgte die Vergabe. 2006 folgte in Tirol mit dem ersten Bundesland der Vollbetrieb.
Seit Jahren ist das Funksystem auch in allen Bundesländern Österreichs Standard. In allen? Nein, in Kärnten herrscht nach wie vor Funkstille, wenn es um die digitale Technologie geht.
Mit Ausnahme der Landeshauptstadt Klagenfurt. Hier wurde der Digitalfunk für die Polizei im Jahr 2008 zur Fußball-Europameisterschaft eingeführt. Versprochen wurde danach vieles, gehalten wenig. Und so funken die Kärntner Rettungsorganisationen auch 13 Jahre später nach wie vor analog.
In der Praxis bedeutet dies: Ein Bergretter versucht bei einem Rettungseinsatz im Hochgebirge die Rettungseinsatzstelle zu erreichen, hat aber kein Signal per Funk oder am Handy und muss – in einer Situation, in der jede Minute zählt – erst höher aufsteigen, um ein Funksignal zu bekommen. Wie gut die Qualität der Übertragung dann ist, sei dahingestellt.
Aus dem Innenministerium (BMI) in Wien heißt es: Man sei sich der Problematik bewusst. „Das BMI hat beim Digitalfunkausbau in allen Bundesländern grundsätzlich immer auf die Kooperation mit den Ländern gesetzt, weil – das zeigen Erfahrungswerte aus anderen Bundesländern – etwa drei Viertel der Nutzer des Digitalfunks aus landesnahen Organisationen kommen (z.B. Feuerwehr, Rettung, Landesbehörden). Das verbleibende Viertel entfällt auf die Polizei“, heißt es auf KURIER-Anfrage.
In Kärnten gebe es jedoch trotz jahrelanger Bemühungen und Verhandlungen nach wie vor keine Kooperationsvereinbarung. Uneinigkeit herrsche vor allem über die Finanzierung des Ausbaus und die fehlenden Standorte. In allen anderen Bundesländern lief der Ausbau laut Innenministerium bisher so ab: Das Land finanzierte und organisierte die Standorte für die Technik, die für den Digitalfunk erforderlich sind. Das Innenministerium bzw. der Bund stattet die Standorte mit der nötigen Technik aus, betrieb und wartete sie.
In Kärnten scheitere all dies jedoch bereits bei der Organisation der Standorte, heißt es aus Wien. Denn offenbar soll es das Land nicht schaffen, diese zu organisieren. Unter vorgehaltener Hand werden dabei die verschiedenen Interessen von Grundbesitzern als Grund genannt.
Aus dem Büro des zuständigen Landesrats Daniel Fellner (SPÖ) heißt es, dass alle "bisher angebotenen Lösungen nicht restlos überzeugen konnten." Man wolle auf eine moderne Lösung warten. Fellner hatte bereits im Vorjahr betont, dass Kärnten eine Modell-Region für einen Funk auf Basis der 5G-Technologie werden möchte.
Dass aus Wien nun eher kritische Töne Richtung Kärnten ertönen, kommentiert Fellner schriftlich so: "All diese Bedenken habe ich auch gegenüber dem BMI kommuniziert, woraufhin mir meine Gesprächspartner versichert haben, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und mir dann die Ergebnisse rückzumelden. Aus diesem Grund überrascht mich nun die aktuelle Aussage des BMI, wonach Kärnten es nicht schafft, die Standorte zu organisieren, doch sehr. Das ist nicht mein Ansatz von kollegialer Zusammenarbeit“.
Kritik gibt es jedoch auch innerhalb Kärntens. Der Chef des Team Kärntens, Gerhard Köfer: „Gerade in Zeiten des Klimawandels und zunehmender Extremwettersituationen braucht es eine rasche Lösung und keine politische Hinhalte-Taktik. Die Rettungsorganisationen leisten übermenschliches in solchen Situationen, die Politik muss die grundlegende Ausstattung bereitstellen.“
Im Innenministerium in Wien arbeitet man bereits an einer anderen Lösung für den Süden des Landes: „Derzeit werden seitens des Innenministeriums alternative Lösungsansätze gesucht, wie z.B. die Mitnutzung des Mobilfunknetzes in einer Kooperation mit A1. Dazu gibt es auch eine gesetzliche Grundlage im Fernmelderecht. Dadurch könnte eine Digitalfunkabdeckung entlang des hochrangigen Straßennetzes (Autobahnen, Schnellstraßen) sowie in den Bezirkshauptstädten sichergestellt werden“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Flächenmäßig würde zwar nur etwa ein Drittel der Kärntner Landesfläche abgedeckt, jedoch jene Bereiche, in denen etwa drei Viertel der Kärntner Bevölkerung lebt.
Fragt sich nur, was ein Urlauber dazu sagt, der in Berg- oder Seenot gerät und dessen Rettung sich verzögert, da er eben nicht auf der Autobahn, sondern im Funkloch in einer Notlage ist.
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