Wiener Ukraine-"Friedensgipfel": Pro-russische Argumente zum Auftakt
Nach dem Abspielen von John Lennons "Imagine" haben am Samstag Redner zum Auftakt des umstrittenen "Internationalen Gipfel für Frieden in der Ukraine" in Wien heftige Kritik an den USA und an der NATO geäußert. Vor allem der prominente US-Ökonom Jeffrey Sachs ließ keinen Zweifel, dass er die USA für Russlands Krieg gegen die Ukraine verantwortlich macht. Als differenzierter erwiesen sich am Nachmittag Wortmeldungen von Aktivisten aus der Ukraine und Russland.
"Eine schlechte Angewohnheit"
Der Krieg in der Ukraine sei ein Desaster, das aus der unbeugsamen Arroganz der USA sowie ihrem Druck, ihren Provokationen sowie ihrer Ablehnung diplomatischer Vorschlägen resultiere, erklärte Sachs in einer aufgezeichneten Rede. Auch hätte er in den vergangenen 30 Jahren unzählige Male verhindert werden können. Und vor neun Jahren - nach dem Machtwechsel nach dem Kiewer Maidan 2014 - hätte demnach der Krieg nicht ausbrechen sollen, da sich die USA nicht mit dem gewaltsamen Sturz von anderen Regierungen beschäftigen sollten. "Dies ist aber eine schlechte Angewohnheit der Vereinigten Staaten", erklärte Sachs.
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Diplomatische Angebote Russlands, einen Krieg zu vermeiden, seien von den USA zuletzt im Dezember 2021 und im März 2022 zurückgewiesen worden, klagte der Starredner und machte eine von den USA betriebene NATO-Osterweiterung maßgeblich für die Geschehnisse verantwortlich.
"Unsere Mainstreammedien erzählen die falsche Geschichte, dass dieser Krieg mit einer 'unprovozierten Invasion' durch Putin am 24. Februar 2022 begonnen habe", sagte der prominente Wirtschaftswissenschafter, der wie zuletzt bei einem Auftritt beim russischen Chefpropagandisten Wladimir Solowjow die Berichterstattung westlicher Medien angeprangert hatte. Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinen Entscheidungen vermied der US-Amerikaner indes in seinem 24-minütigem Vortrag; seine Argumente erinnerten über weite Strecken an Darstellungen von offiziellen Vertretern Russlands.
Ein deutlich differenziertes Bild
Diskutantinnen und Diskutanten aus den vom aktuellen Krieg betroffenen Region boten indes ein deutlich differenziertes Bild. Während die in Österreich lebende ukrainische Aktivistin Kateryna Radtschenko und der aus Kiew zugeschaltete Pazifist Jurij Schelljaschenko im Saal Applaus für Forderungen nach einem bedingungslosen Waffenstillstand erhielten, warf die aus dem Ausland ebenso per Video zugeschaltete Nina Potarska ein, dass ein derartiger Schritt auch mit hohe Kosten verbunden sei. "Ein Waffenstillstand jetzt würde bedeuten, man akzeptiert, dass sich Familien nie mehr wiedervereinigen werden: Die Kontaktlinie würde zu einer spaltenden Grenze", sagte sie. Es sei auch nicht genug gegen den Krieg zu sein und darüber Lieder an einem sicheren Ort zu singen, betonte sie.
Der russische Ingenieur Oleg Bodrow warnte vor der Gefahr durch Kernkraftwerke in kriegerischen Auseinandersetzungen und skizzierte die dramatischen Situation, in der sich die Zivilgesellschaft in Russland befindet. Er prangerte an, dass Staatsmedien rund um die Uhr für die "Militärische Spezialoperation" Werbung machten und dass unabhängige Medien geschlossen oder nunmehr im Exil arbeiten müssten. Auf APA-Anfrage kritisierte Bodrow die Auftritte seines Vorredners Sachs bei Wladimir Solowjow im russischen Staatsfernsehen. "Ich erachte Solowjow als Leitorgan einer imperialen Propaganda", sagte er.
"Fünfte Kolonne Russlands"
Dass der "Friedensgipfel" nicht wie ursprünglich geplant in Räumlichkeiten des ÖGB stattfand, war bei der Veranstaltung selbst nur am Rande ein Thema. Die etwa 350 Personen fassende Ersatzlocation Lorely-Saal in Wien-Penzing war jedenfalls bis zum letzten Platz besetzt, nach einigen Reden wollten die Aktivistinnen und Aktivisten bis Sonntag insbesondere in Arbeitsgruppen weiterdiskutieren und am Montag in einer Pressekonferenz ihre Ergebnisse präsentieren.
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Der ÖGB hatte die Veranstalter auf Wunsch der Ukraine am Donnerstag ausgeladen. Der ukrainische Botschafter Wassyl Chymynez hatte einige der angekündigten Teilnehmer als "fünfte Kolonne Russlands" bezeichnet.
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