Der Mann, den damals Youtube-Videos dazu bewogen hatten, nach Syrien zu gehen, wandte sich bald von der FSA ab. Im Juni 2014 kehrte er nach Österreich zurück. „Ich habe schreckliche Dinge gesehen und wollte den IS hier weiter bekämpfen“, gab der Rückkehrer am Montag an. Deshalb habe er sich den österreichischen Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt und gegen IS-Kämpfer ausgesagt. Laut eigener Aussage sei Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.
Nach seiner Rückkehr berichtete er von den Gräueltaten in Syrien, darunter getötete Schwangere und lebendig Begrabene. Seine Angaben führten unter anderem dazu, dass gegen den Hauptangeklagten, Turpal I., ein internationaler Haftbefehl erlassen wurde. Der mehrfachen Staatsmeister im Taekwondo wurde daraufhin in Weißrussland in Haft genommen und nach Österreich ausgeliefert. Hier befand er sich bis vor Kurzem in U-Haft, ist aber mittlerweile auf freiem Fuß, da diese zwei Jahre nicht übersteigen darf – obwohl er sich in Syrien als besonders brutaler IS-Schlächter „Abu Aische“ einen Namen gemacht haben soll.
Bei seiner Einvernahme und in Anwesenheit einiger Beschuldigter kämpfte der Kronzeuge immer wieder mit Erinnerungslücken: „Ich kann mich an viel nicht mehr erinnern, es ist fast zehn Jahre her.“ An Vieles wolle er sich auch gar nicht mehr erinnern. Auf mehrfache Nachfrage des Vorsitzenden meinte er aber zumindest, „Abu Aische“, der eine Kampftruppe angeführt und Massaker angeordnet haben soll, durch ein Fernrohr bei einer Geiselnahme beobachtet zu haben.
Der Zeuge trug auch dazu bei, dass Mucharbek T. – ein 33-jähriger Tschetschene, der als Jugendlicher nach Österreich gekommen war – zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, weil er als IS-Kämpfer in Syrien unter anderem an der Erschießung von Bewohnern eines Hochhauses beteiligt war.
T. war am Montag ebenfalls als Zeuge geladen. Wiederholt bestritt er, Waffen verwendet zu haben. „Was der Kronzeuge erzählt, ist erfunden“, behauptete der 33-Jährige. Turpal I. habe zudem nie den Kampfnamen „Abu Aische“ getragen oder als Anführer fungiert. Der Hauptangeklagte selbst sieht sich als Opfer einer Verwechslung und will in Syrien lediglich das Grab seines gefallenen Schwagers besucht haben.
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