Wiener Krankenhaus Nord könnte 1,5 Milliarden kosten

Ein Ende der Krisen ist auf der Großbaustelle in Wien-Floridsdorf nicht in Sicht.
Manager hatte die Kostenexplosion bereits 2016 beziffert - in der Öffentlichkeit wurden andere Zahlen genannt

Das Krankenhaus Nord könnte noch teurer werden, als bisher angenommen. Und dem Wiener Krankenanstaltenverbund ( KAV) ist die Kostenexplosion schon länger bekannt, als er öffentlich einräumte. Das zeigen mehrere interne Protokolle, die dem KURIER in Auszügen vorliegen. Aus ihnen geht hervor, dass der damals für das Großprojekt verantwortliche interimistische Direktor Thomas Balazs den Bau bereits 2016 mit 1,5 Milliarden Euro bezifferte – was eine Überschreitung des aktuellen Kostenplans bedeuten würde.

Balazs gehe davon aus, dass man bei 1,5 Mrd. landen werde, ist in einem Sitzungsprotokoll des KAV-Aufsichtsgremiums aus Jänner 2016 zu lesen. Gefragt nach dem Worst-Case-Szenario antwortet er laut dem Papier: „Nicht valorisiert.“ Das würde bedeuten, dass das Spital im Endeffekt sogar noch mehr kostet. In der Öffentlichkeit hieß es zu diesem Zeitpunkt dagegen, dass das „modernste Spital Europas“ mit rund einer Milliarde Euro zu Buche schlagen werde und 2017 fertig gestellt werden soll.

Dabei handelte es sich jedoch nicht um die erste Kostenangabe. Beim Baustart im Jahr 2012 war die Stadt Wien noch von Gesamtkosten von 825 Millionen Euro ausgegangen. Dass diese Kalkulation nicht hält, hatte die damalige Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) Ende 2015 – kurz nach der Wien-Wahl – eingestanden.

Keine „heile Welt“

„Das Krankenhaus Nord ist der SPÖ und der Stadt Wien komplett entglitten. Die Protokolle zeigen das totale Chaos innerhalb des KAV bei der Projektorganisation“, sagt die Wiener ÖVP-Mandatarin Ingrid Korosec. „Meine Vermutungen, dass die tatsächlichen Kosten schon lange klar waren und sich womöglich noch steigern, wurden jetzt bestätigt.“ Korosec zufolge spreche Balazs in einem weiteren Protokoll im Juni 2016 davon, dass es sich beim Krankenhaus Nord nicht um die „heile Welt“ handle und man außerdem massiv mit Terminen kämpfe. Balazs hat den KAV mittlerweile verlassen, sein Vertrag ist im Frühling ausgelaufen.

„Das Management hat einen klaren Auftrag. Und der lautet: 1,34 Milliarden“, kommentiert Gesundheitsstadtrat Peter Hacker die Vorwürfe. Die Summe entspricht dem Kostenplan, den der SPÖ-Politiker nach seinem Amtsantritt im Mai eingefordert hatte. Der Rechnungshof war in seinem Bericht zuletzt von maximal 1,4 Mrd. Euro ausgegangen. „Es gibt diese Vorgabe und daran orientieren wir uns auch“, heißt es aus dem KAV. Eine mögliche Erklärung, warum der KAV von dieser Summe ausgeht, könnte sein, dass er die Finanzierungskosten nicht miteinrechnet.

Sein Versprechen sollte das Management wohl auch tunlichst einlösen. Gefragt nach den Konsequenzen, sollte sich Balazs’ interne Aussage bewahrheiten, sagt Hacker: „Damit sollte sich niemand beschäftigen.“

Was in der Vergangenheit gesagt wurde, sei ihm egal, erklärt Hacker. Damit müsse sich die derzeit laufende, gemeinderätliche U-Kommission zur Causa auseinander setzen. „Die Kostenexplosion und das Chaos um die endgültigen Werte wird bestimmt Thema in der U-Kommission sein, damit alle offenen Fragen restlos aufgeklärt werden“, kündigt Korosec an. Die nächste Sitzung des Gremiums findet nächste Woche am  Dienstag statt.

Hintergrund: Pannen-Projekt

Zu Beginn der 2000er-Jahre beschloss  die Stadt Wien die Errichtung des Krankenhaus Nord. Es soll über 789 Betten verfügen und rund 2500 Mitarbeiter beschäftigen. Die Grundsteinlegung erfolgte 2012. Im Laufe der folgenden Jahre kam es zu einem stetigen Anwachsen der Kosten und einer wiederholten Verschiebung des Eröffnungstermins. Laut derzeitigem Plan soll das Haus im Herbst 2019 in Vollbetrieb sein.

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