Wie sich Pandemiemanager vor der nächsten Corona-Welle rüstet
Wann bin ich dran?
Anfang Mai 2021 war das die wichtigste Frage jener Österreicher, die nach einer Covid-Schutzimpfung gierten. Doch neun Impfstrategien in neun Bundesländern brachten neun Antworten auf diese einzige Frage, die nur eines verband: Es gab zu wenig Impfstoff für die Masse an Impfwilligen.
Exakt ein Jahr später sitzt der neue Corona-Pandemiemanager der Steiermark, Gerald Lichtenegger, in seinem Büro und kämpft genau mit dem Gegenteil.
450 Steirer lassen sich durchschnittlich pro Tag gegen Corona impfen. Die meisten von ihnen erhalten dritte Stiche, zehn Prozent auch schon vierte: Menschen, die älter sind als 80 Jahre, oder Hochrisikogruppen ab 65 Jahren, wird die vierte Dosis vom Nationalen Impfgremium (NIG) bereits ab sechs Monaten nach der Grundimmunisierung empfohlen. Bei der Gruppe der 80-Jährigen und aufwärts ist die vierte Dosis auch schon ab dem vierten Monat möglich.
Erststiche scheinen kaum noch in der Statistik auf. 45 waren es beispielsweise am vergangenen Samstag, 13 am Sonntag – österreichweit. Innerhalb von sieben Tagen gab es bundesweit 24.605 Impfungen gegen das Coronavirus, der Anteil der Erststiche darunter lag bei 831 oder 3,4 Prozent. „Man muss akzeptieren, dass es einen gewissen Anteil an Menschen gibt, die der Impfung skeptisch gegenüber steht“, gesteht Lichtenegger ein. „Auch wenn die medizinische Notwenigkeit gegeben ist. Aber es gibt für niemanden mehr eine Ausrede, es gibt Zugang zum Impfstoff.“
Zu kurz gedacht
Die Steiermark liegt mit einer Durchimpfungsrate von 68,5 Prozent hinter dem Burgenland und Niederösterreich an dritter Stelle im Bundesländervergleich und über dem Österreichschnitt von 67,7 Prozent. 68,5 Prozent der Steirer besitzen somit ein gültiges Impfzertifikat. Wobei Lichtenegger das bloße Schielen auf den grünen Pass – ab dem dritten Stich derzeit 365 Tage gültig – zu kurz gedacht ist. „Den Menschen trifft die Zertifikatsgültigkeit im Alltag unmittelbar. Das tritt dadurch stark in den Vordergrund und nicht die medizinische Sinnhaftigkeit der Impfung“, bedauert er.
Sieben Impfstraßen sind in der Steiermark noch zu eingeschränkten Zeiten in Betrieb, 15 waren es einmal. Doch diese acht bereits geschlossenen könnten binnen 14 Tagen wieder aufgesperrt werden. „Wir haben uns die Räumlichkeiten gesichert, bis Jahresende ist das durchgeplant“, betont Lichtenegger. Auch das notwendige Personal könne in derselben Zeit bereitgestellt werden. „Das ist schon im Hinblick auf den Herbst wichtig.“
Zu dem Zeitpunkt vermutet Lichtenegger nämlich eine weitere Empfehlung des Nationalen Impfgremiums, der vierten Dosis als Auffrischung für alle nämlich. „Wir rechnen damit, dass wir uns alle im Herbst zur vierten Impfung einfinden werden.“
Was richten BA.4 und BA.5 an?
Das passt auch zu den Szenarien, die rund 80 Experten für das Gesundheitsministerium ausgearbeitet haben. Die vier Modelle reichen vom Bestfall – Covid-19 wird darin mit anderen respiratorischen Erkrankungen wie Influenza oder grippalen Infekten gleichgesetzt – bis zum schlechtesten Fall: Neue Varianten tauchen auf, die ansteckender und gefährlicher sind und das Gesundheitssystem erneut überlasten. Das Beratungsgremium Gecko beobachtet ohnedies die neuen Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 mit Argusaugen: Sie sorgen momentan für eine Corona-Welle in Südafrika, erste Fälle wurden auch schon in Österreich nachgewiesen (s. Seite 22).
Das steirische Pandemiemanagement ist derzeit dabei, die älteren Menschen zur Auffrischung zu bewegen, dafür wurden die Betreiber von Senioren- oder Pflegeheimen angeschrieben. Vom Bund wünscht sich Lichtenegger vor der zu erwartenden Corona-Welle im Herbst eine breite Kampagne für die vierte Dosis, und dass man die Länder damit nicht alleine lasse. „Es ist eine Herausforderung, das Ganze neun Mal zu machen.“
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