Wie die Südafrika-Variante nach Tirol kam: Behörden prüfen heiße Spur
Während die Corona-Ampel in Wien und seit Donnerstag auch in Oberösterreich orange leuchtet, geht in Tirol die südafrikanische Virusmutation um. Und von dort soll sie möglichst nicht rauskommen. Darum hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Ausreisebeschränkungen für das Bundesland erlassen, die am Freitag in Kraft treten.
Corona-Kontrollen in Tirol laufen reibungslos
In Tirol selbst wird indes mit neuen Maßnahmen versucht, die Covid-Variante im Hotspot-Bezirk Schwaz einzudämmen – etwa mit an alle 84.000 Bewohner versandten PCR-Gurgeltests. Aber auch die Spurensuche nach der Einschleppung des ungebetenen Mutanten-Gastes läuft.
Und da hat Gebi Mair, Klubobmann der Tiroler Grünen, in ORF-Talkrunden am Mittwoch und Donnerstag über eine angebliche heiße Spur berichtet. Im Moment gehe man davon aus, "dass der Eintrag aus dem süddeutschen, Münchner Raum war."
In Bayern zeigt sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hingegen höchst alarmiert über den Cluster in Tirol und forderte von der deutschen Bundesregierung, dass diese das Bundesland als "Mutationsgebiet" ausweist – verschärfte Grenzkontrollen inklusive.
"Vielversprechende Spur"
Aber was hat es mit der Einschleppung der Mutation aus Bayern auf sich? Tirols Corona-Einsatzleiter Elmar Rizzoli weiß davon nichts. Die Behörden würden sehr wohl eine "vielversprechende Spur" verfolgen, die aber "geografisch in eine andere Richtung geht." Näheres kann Rizzoli noch nicht sagen: "Da laufen die letzten Abklärungen."
Der bisher älteste bekannte Fall geht auf den Corona-Test eines Patienten im Bezirkskrankenhaus Schwaz am 23. Dezember zurück. Dass er sich mit der mutierten Covid-Variante aus Südafrika (B.1.351) infiziert hat, wusste damals noch niemand.
Das wurde erst einen Monat später bekannt: Nach der Entdeckung eines Clusters mit der britischen Virusmutation (B.1.1.7) in Jochberg (Bezirk Kitzbühel) Mitte Jänner ließ das Land Tirol 1.000 alte Proben von positiven Corona-Tests aus dem Unterland sequenzieren. Dabei wurde – sozusagen als Beifang – nachträglich bei Altfällen die südafrikanische Variante entdeckt.
Bis zu 438 Fälle
Vom ersten nachgewiesenen Fall zu Weihnachten wurden bis Donnerstag in Tirol – vor allem im Bezirk Schwaz – 438 bestätigte und teils noch unbestätigte Fälle der Südafrika-Mutation entdeckt. 176 sind laut Land Tirol durch die AGES bestätigt. Die hatte in einem Report von Mittwochabend für Tirol noch 167 bestätigte B.1.351-Fälle ausgewiesen – siehe oben. In anderen Bundesländern breitet sich indes vor allem die britische Variante aus.
Die Südafrika-Variante ist bisher außerhalb von Tirol nur in drei Reise-assozierten und sofort isolierten Fällen in Wien (der erste am 3. Jänner) und in zwei Fällen in einer steirischen Kaserne – ein Soldat kehrte infiziert vom Heimaturlaub im Hotspot Schwaz zurück – gefunden worden.
Um ein Überspringen von Tirol auf andere Bundesländer oder Staaten zu verhindern, tritt am Freitag, null Uhr, für Ausreisen aus Tirol eine Testpflicht in Kraft. Die Kontrolle der Quarantäne light wird zum Kraftakt für die Polizei und das assistierende Bundesheer. Wie berichtet, ist die Ausreise aus Nordtirol für die nächsten zehn Tage nur noch mit einem negativen Corona-Test möglich.
Und das soll "möglichst lückenlos" kontrolliert werden, wie Harald Baumgartner von der Tiroler Grenz- und Fremdenpolizei am Donnerstag im KURIER erklärte.
115 Züge zu überwachen
Der logistische Aufwand ist enorm. Wie ein ÖBB-Sprecher auf Anfrage mitteilt, fahren werktags 115 Personenzüge aus Tirol. Das heißt, alleine auf den Bahnstrecken ist der Überwachungsaufwand immens. Zusätzlich müssen alle Straßen, die in Nachbar-Bundesländer oder -staaten führen, kontrolliert werden.
Durchreisende sind entgegen den ursprünglichen Plänen von der Testpflicht ausgenommen, müssen aber glaubhaft machen können, dass sie Tirol ohne Stopp durchqueren – etwa mit ihrem Zugticket. Für Autofahrer, so wurde bereits hämisch kritisiert, tun sich dabei Schlupflöcher auf.
Dass der Güterverkehr von der Regelung ebenso ausgenommen ist, war jedenfalls nahezu unumgänglich – zumindest, wenn man keinen totalen Verkehrskollaps riskieren will. Denn täglich fahren 7.000 bis 8.000 Schwerfahrzeuge durch Tirol.
Staus unvermeidbar
Alle Lkw-Fahrer zu kontrollieren, wäre in der Praxis kaum möglich gewesen. Eines ist aber trotzdem klar: "Es werden sich unweigerlich Staus ergeben", sagt Manfred Dummer, Sprecher der Landespolizeidirektion Tirol.
Denn auch wenn der Pkw-Verkehr in Corona-Zeiten geringer ist als üblich, könnte es insbesondere an der Autobahn-Grenze (A12) bei Kufstein Richtung Bayern zu Behinderungen kommen. "Da fahren jeden Tag etwa 3.700 Autos", sagt Dummer. Verschärfend kommt hinzu, dass es an diesem Übergang keine Möglichkeiten für Verkehrsausleitungen gibt. Jede Kontrolle – vor allem, wenn der Test fehlt – hält also alles andere auf.
Landespolizeidirektor Edelbert Kohler appelliert deshalb: "Kümmern Sie sich rechtzeitig um eine Testbestätigung, wenn Sie das Bundesland verlassen müssen." Rund 1.300 Polizisten, Polizeischüler und Soldaten werden an 51 Stellen – auf Straßen, in Zügen und am Flughafen Innsbruck – rund um die Uhr kontrollieren.
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