Wenn der Ortschef schon vor der Wahl feststeht
Neun Orte, eine Gemeinsamkeit: In allen steht der neue Ortschef bereits vor den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Kärnten am 28. Februar quasi schon fest. Denn in Baldramsdorf, Dellach im Drautal, Flattach, Greifenburg, Heiligenblut, Hohenthurn, Mallnitz, Mühldorf und Rosegg tritt nur ein Kandidat für das Amt an.
„Man könnte sich auf die Schulter klopfen und sagen, ich bin so gut, ich brauche eh keinen Gegenkandidaten. Fakt ist, dass fehlende soziale Absicherungen das Bürgermeisteramt zusehends unattraktiv machen“, sagt Kärntens Gemeindebund-Präsident, Günther Vallant.
Im kleinen Bergdorf Mallnitz (Spittal/Drau) geht der amtierende Bürgermeister Günther Novak (SPÖ) zum zweiten Mal ohne Gegenkandidaten ins Rennen. „Ich hätte kein Problem, wenn es einen gibt, aber die ,Liste Gemeinsam für Mallnitz´ stellt keinen“, sagt der SPÖ-Mann. Die Gründe für das Fehlen eines Kandidaten sind bei GFM-Spitzenkandidat Anton Glantschnig rasch erklärt: „Wir haben einen Bürgermeister, der Berufspolitiker ist. Wir sind alle in der Privatwirtschaft tätig, und schaffen es aus zeitlichen Gründen nicht, den Bürgermeisterposten zu besetzen“, sagt der Tierarzt und Unternehmer. Das sieht auch Novak so: „Ein Bürgermeister ist rund um die Uhr im Einsatz, das muss man mögen. Ich habe als Bundesrat auch sicher einen guten Zugang zu den Parteien.“
Bürgermeister als Nebenjob als Problem
Gute 25 Kilometer entfernt von Mallnitz liegt Mühldorf (Spittal/Drau). Auch hier wiederholt sich das Bild des Einzel-Antritts und des fehlenden Zeitguthabens. Kandidat, ohne Gegenkandidaten: Erwin Angerer (FPÖ). „Als ich 2003 erstmals angetreten bin, waren wir zu dritt, jetzt bin ich allein.“ Angerer, der auch Nationalratsabgeordneter ist: „Man muss erst einen Arbeitgeber finden, der dieses Amt akzeptiert. Hinzu kommt, dass die Anreize, Bürgermeister zu werden, gering sind. Kleine Aufwandsentschädigung, Haftung und keine soziale Absicherung.“
Gemeindebund-Präsident Vallant beurteilt das ähnlich: „Bürgermeister zu sein ist kein Nebenjob. Das Optimum wäre, das zu ändern.“
Idealismus als Voraussetzung
Wie sieht dies einer, der nach 24 Jahren im Bürgermeisteramt nicht mehr antritt und dem ein Kandidat ohne Gegenkandidat nachfolgt? Josef Schachner ist noch für wenige Tage Bürgermeister in Heiligenblut am Großglockner. „Attraktiv ist das Bürgermeisteramt nicht. Man gewinnt keine Freunde dazu, aber jede Menge Bekannte. Man muss Idealist sein, um das zu machen“, sagt Schachner (Heiligenbluter Liste). Einen „Möchtegern-Kandidaten“ zu finden, sei dabei nicht das Problem. „Und von einem bin ich überzeugt: Parteipolitik hat in einem kleinen Ort nichts verloren. Du musst vom Seelendoktor bis zum Dachabschaufler alles sein.“
Abwanderung als Problem
Schachners Nachfolger ist schon wegen seines Alters eine Ausnahme. Der 46-jährige Martin Lackner (Unabhängige und ÖVP Heiligenblut). „Leider gibt es immer mehr Orte mit nur einem Kandidaten. Die Geldmittel werden durch die Abwanderung für die Gemeinden immer weniger und so schrumpft der Handlungsspielraum.“
Allein im Vorjahr haben 23 Bürger Heiligenblut den Rücken zugekehrt – bei aktuell 974 Einwohnern eine Menge. Und auch bei den Kandidaten ohne Gegenkandidaten fällt auf, dass sieben der neun Orte im Bezirk Spittal/Drau liegen – also jenem Bezirk, der 2020 mit 223 Menschen die zweithöchste Abwanderung in ganz Kärnten verzeichnete. Lediglich Rosegg und Hohenthurn liegen im Bezirk Villach-Land.
Warum sich der Tourismusverbandsobmann von Heiligenblut die Kandidatur trotzdem antut? „Weil ich an Heiligenblut glaube.“ Ein Idealist wäre gefunden.
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