Einwohnerzahlen als umstrittene Basis für Bürgermeister-Gagen
Erwin Angerer, Bürgermeister von Mühldorf, und seine Gemeinde im Bezirk Spittal an der Drau gelten als gallisches Dorf mitten im Mölltal. Während Oberkärnten seit Jahren mit massiver Abwanderung zu kämpfen hat, freut sich die kleine Gemeinde über Zuzug. „Ich bin 2003 zum ersten Mal als Bürgermeister angetreten. Damals hatten wir 923 Bewohner, heute sind es 1.007“, erzählt der FPÖ-Mann.
Mehr Einwohner, mehr Geld
Genau jene sieben Personen über der 1000-Einwohner-Marke sind der Knackpunkt, wenn es ums Bürgermeistergehalt in Österreich geht. Denn dieses richtet sich nach der Einwohnerzahl. Angerer kann sich somit laut Kärntner Landesgesetzblatt über rund 400 Euro brutto mehr im Monat freuen, sollte er am 28. Februar bei der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl wiedergewählt werden. Neben Mühldorf verzeichnet nur noch ein einziger Ortschef im Süden Österreichs aufgrund von Zuwanderung ein Plus auf seinem Konto: Jener von Köttmannsdorf im Bezirk Klagenfurt-Land.
Rund eine halbe Stunde Autofahrt von Mühldorf entfernt, zeigt die Bürgermeister-Welt von Klaus Rüscher ein anderes Bild. Eines, das für Kärnten als symbolhaft gesehen werden kann. Denn laut Statistik Austria ist Kärnten das einzige Bundesland Österreichs, das schrumpft und laut Prognose in den kommenden Jahrzehnten auch weiter schrumpfen wird.
Abwanderung, ein Phänomen Kärntens
Mit Stichtag 31. Oktober 2018 rutschte die Einwohner-Marke in Malta (Bez. Spittal/Drau) unter die 2000er-Grenze. „Das ist kein Problem von Malta, sondern ein Oberkärntner Phänomen. Die jungen, gut ausgebildeten Leute wandern aufgrund der Jobsituation ab“, sagt Rüscher (Liste für Malta), der seit zwölf Jahren die Geschicke des Ortes lenkt.
Warum Mühldorf die Landflucht nicht betrifft? Arbeitsplätze lautet die schnelle Antwort von Bürgermeister Angerer. 150 Arbeitsplätze seien durch einen Gewerbepark entstanden, weitere 40 in einem Seniorenheim. Hinzu komme Infrastruktur und Kinderbetreuung. Auch in den Sommermonaten und auch „wenn die der Gemeinde einen Haufen Geld kostet“, sagt Angerer.
Ein Trend sei seit Corona in Malta aber zu beobachten: Die Rückkehr ins negativ behaftete Land. „Es gibt viele Anfragen für Baugründe und Wohnungen. Diese Situation ist eine Chance für den ländlichen Raum. Wenn wir Infrastruktur schaffen, Bildungseinrichtungen, gute Internetverbindungen und leistbaren Wohnraum, dann könnten wir als Gewinner aus der Krise gehen“, so Rüscher.
Welche Basis für Berechnung?
Bei einer Frage sind sich die Bürgermeister von Malta und Mühldorf aber einig: Wegen des Geldes sind sie nicht Ortschefs geworden. Angerer: „Deswegen wird keiner Bürgermeister. Ich wäre für bundesweit einheitliche Bezüge aller Bürgermeister. Kärnten liegt aktuell im hinteren Drittel.“ Und auch Rüscher schlägt in dieselbe Kerbe: „Die Arbeit bleibt ja die gleiche. Ob ich sie für 1.950 Einwohner mache, oder für 2.020 Personen. Der Landeshauptmann bekommt ja auch nicht weniger Geld, weil weniger Menschen in Kärnten leben.“
Dass ein Bürgermeistergehalt nach Höhe der Einwohnerzahl nicht mehr zeitgemäß ist, sieht auch Kärntens Gemeindebundpräsident Günther Vallant so. „Wir sprechen eigentlich von einer Aufwandsentschädigung. Aber wenn das Maß für diese Entschädigung die Einwohnerzahl ist, dann sagt dies nichts über die Tätigkeit aus. Kein Geschäftsführer einer Firma bekommt mehr Gehalt bezahlt, nur weil er mehr Leute beschäftigt. Ein denkbares Maß zur Bewertung wäre etwa das Budget einer Gemeinde.“
Und dann sei da noch die Sache mit der Haftung. Denn Bürgermeister haften persönlich. „Das schreckt natürlich viele ab“, sagt Angerer, Ortschef von Mühldorf. Und Amtskollege Rüscher aus Malta fügt hinzu: „Das wird vor allem in Zukunft zu einem großen Problem werden, denn genau diese Dinge, halten fähige Leute von diesem so wichtigen Amt in einer Gemeinde ab.“
Wer haftet?
Gemeindebundpräsident Vallant verweist zwar auf eine Versicherung, „also wenn jemand etwa am Gehsteig ausrutscht und die Gemeinde wegen Glatteis klagt. Aber nichtsdestotrotz haften die Bürgermeister mit ihrem Privatvermögen – und das bei der geringen Aufwandsentschädigung. Das wollen immer weniger riskieren.“
Kommentare