Randale in der Silvesternacht: Polizisten mit Böllern beschossen
Die Corona-Schutzmaßnahmen, die strengeren Ausgangsregeln, fehlende offizielle Feuerwerke der Städte - das wirkte sich aus. Die Silvesternacht war meist ruhiger als sonst - ausgenommen Wien: In Favoriten waren Randalierer unterwegs, die nicht nur Schaufenster in Brand steckten, sondern sogar Polizisten mit Silvesterraketen und Böllern beschossen - diese sollen laut Informationen der Austria Presse Agentur die doppelte Sprengkraft von Handgranaten gehabt haben.
Schaufenster in Brand gesteckt
Die Gruppe machte jedenfalls den Reumannplatz unsicher: 20 bis 30 Personen sollen nicht nur gegen die Covid-19-Maßnahmen verstoßen haben, sondern auch darüber hinaus für Randale gesorgt haben. Die Verdächtigen sollen Schaufenster eingeschlagen oder sie mit Silvesterraketen in Brand gesteckt haben, ebenso etliche Mülltonnen, Zeitungsständer, Auslagenscheiben, Bänke, Kaugummitautomaten sowie Fensterscheiben. Zeugen berichteten laut APA auch, dass zahlreiche „Allahu Akbar“-Rufe zu hören gewesen sein sollen. Weiters wurde laut Polizei ein Christbaum in Benzin getränkt.
Neun Verdächtige gefasst
Als die ersten Polizisten am Reumannplatz eintrafen, wurden sie "durch mehrere Personen mit pyrotechnischen Gegenständen beworfen", berichtet die Polizei am Neujahrstag. Alle Verdächtigen flüchteten: Zwei entdeckten die Beamten in einem Haus in der Nähe: Der 16-Jährige und der 21-Jährige - beide syrische Staatsangehörige - führten die Polizisten zu einer Wohnung, wo sich sieben weitere Personen im Alter zwischen 14 und 29 Jahren - zwei Österreicherinnen, 14 und 15 Jahre, zwei Iraker, 20 und 22 Jahre sowie drei Syrer, 23, 27 und 29 Jahre, befanden.
Alle neun Personen wurden unter anderem wegen des Verdachts der schweren Sachbeschädigung vorläufig festgenommen, aber im Lauf des Neujahrstages großteils frei gelassen.
Einbruch bei Juwelier
Ein 21-Jähriger, der als Hauptverdächtiger gilt, ist noch in Polizeigewahrsam: Gegen ihn wird auch wegen versuchten Einbruchs durch Einschlagen der Auslagenscheibe ermittelt. Er soll im Zuge der Tumulte mit den pyrotechnischen Gegenständen auch gleich einen Einbruch bei einem Juwelier verübt haben.
Kontrollen verschärft
"Für derartiges deliktisches Verhalten gibt es absolut kein Verständnis". kommentierte Polizeipräsident Gerhard Pürstl. Die Exekutive werde "die Erhebungen zum Tathergang und weiteren Aus-forschungen von Straftätern konsequent fortführen". Er kündigte zusätzliche Maßnahmen in Favoriten an: "Ab sofort werden uniformierte Sondereinheiten, aber auch Ermittler in zivil schwerpunktmäßig Kontrollen durchführen."
Sicherheitsgipfel geplant
ÖVP-Innenminister Karl Nehammer kündigte eine Schwerpunktaktion der Wiener Polizei "gegen alle, die sich beteiligt haben", an: "Für solche Aktionen haben wir absolut keine Toleranz." Die Vorfälle in der Silvesternacht am Reumannplatz seien "ein Zeichen einer tiefen antidemokratischen und unsolidarischen Einstellung. Wer sich nicht mit unseren gesellschaftlichen Werten identifizieren kann und versucht diese zu stören, muss mit allen rechtlichen Konsequenzen rechnen“, so Nehammer.
Pürstl soll nun außerdem in einem Sicherheitsgipfel mit Vertretern der Stadt Wien die sicherheitspolizeiliche Lage besprechen und "gemeinsame Ableitungen aus integrations- und sicherheitspolizeilicher Sicht treffen".
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) zeigte sich "erschüttert'" über die Bilder aus Favoriten: "Es kann nicht sein, dass Randalierer eine solche Spur der Verwüstung mitten in Wien hinterlassen. Zum wiederholten Mal zeigt sich hier, welche Gefahr von Parallelgesellschaften ausgeht."
Ausschreitungen schon im Sommer
Erst im August war es in Favoriten zu schweren Ausschreitungen zwischen kurdischen und türkisch-nationalistischen Demonstranten gekommen. Die Vorfälle belasteten das Verhältnis zwischen Wien und Ankara. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warf der Türkei vor, „Unfrieden zu säen“.
Anderswo war es ruhiger
Die Wiener Berufsrettung hatte 300 Einsätze, ein deutlicher Rückgang: Beim Jahreswechsel 2019/20 gab es 487. Einen schweren Unfall mit Feuerwerkskörpern gab es aber dennoch: Ein 25-Jähriger hantierte in Wien-Simmering mit einem pyrotechnischen Gegenstand und verlor einen Teil seiner rechten Hand.
Rund 200 Einsätze verzeichnete die Polizei in Kärnten - für das gesamte Bundesland. Das ist für eine Silvesternacht doch erstaunlich wenig und sogar über das Jahr gerechnet ein "durchschnittlicher Einsatzverlauf", merkt Rainer Dionisio, Sprecher der Landespolizeidirektion, am Neujahrstag an. "Das ist ein Indikator für eine Polizei ruhige Silvesternacht."
Wenige Brände
Der Notruf Niederösterreich verzeichnete zum Jahreswechsel 208 Einsätze - das ist ein Drittel weniger als im Vorjahr und somit der stärkste Rückgang seit langer Zeit. "Silvester war wie das gesamte Jahr anders", sagte ein Sprecher des Notrufes. Die meisten Einsätze betrafen Stürze (auch bedingt durch etwas zuviel Alkoholgenuss), Herz-Kreislauf-Probleme oder andere akute Erkrankungen - nur ein einziges Mal mussten die Helfer in Niederösterreich wegen einer Verletzung durch eine Silvesterrakete ausrücken.
Die Feuerwehren hatten 14 Alarmierungen wegen Bränden, hieß es in einer Mitteilung: auch für sie war es die "ruhigste Silvesternacht" seit langem - 2019/20 gab es 96 Einsätze für die niederösterreichischen Feuerwehren.
In Kärnten gab es einige Einsätze wegen Abfeuern von Pyrotechnikartikeln im Ortsgebiet, zudem einige Verstöße gegen das Covid-Maßnahmengesetz, Abstandsregeln wurden nicht eingehalten.
Ein Feuerwerk in Innsbruck
Die Tiroler Einsätzkräfte melden ebenfalls eine selten stille Silvesternacht, allerdings gab es im Bundesland laut vorläufiger Bilanz drei Verletzte durch Feuerwerkskörper und zwei nach Bränden, die Männer erlitten Rauchgasvergiftungen. Die Leitstelle Tirol verzeichnete um 43 Prozent weniger Alarmierungen als im Vorjahr, die Einsatzkräfte 239 Mal aus. Beim Jahreswechsel 2019/20 waren es 421 Einsätze absolviert.
In Innsbruck gab es übrigens ein offizielles Feuerwerk der Stadt: Bis zum frühen Vormittag des Neujahrstages gab es 15.000 Zugriffe auf die Facebookseite der Stadt, auf der das Feuerwerk in der Seegrube nachträglich anzuschauen ist.
Ruhe auch in Oberösterreich
In Oberösterreich hatten in der Silvesternacht 700 Polizisten Dienst, doch für sie gab es nur wenige Einsätze, wie es am Neujahrstag hieß. "Gröbere Verstöße" seien nicht gemeldet worden.
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