„Den hedonistischen, der kauft, weil es Spaß macht, und den utilitaristischen, der kauft, was er braucht. Situationsabhängig sind die meisten Menschen einmal das eine, einmal das andere. In der Kaufsituation sind wir uns gar nicht bewusst, wie viele Einflüsse es auf unsere Kaufentscheidung gibt.“
Die meisten Menschen reden sich insbesondere bei Aktionstagen wie dem Black Friday ein, grundsätzlich der utilitaristische Typ zu sein, also ausschließlich vernünftig zu kaufen. Damit werden auch vermeintliche Schnäppchen gerechtfertigt – sie seien eben günstig und daher sinnvoll. „Wir glauben zwar, es läuft alles rational, aber in Wirklichkeit handeln wir nach dem Bauchgefühl. Unser Belohnungssystem wird beim Schnäppchen-Kauf aktiviert. Durch die künstliche Verknappung, die der Handel mit dem Rabatt-Etikett herstellt, bekommen wir den Eindruck, nur diese eine Chance zu haben.“
Arnd Florack, Sozialpsychologe und Konsumforscher an der Universität Wien, sieht bei der Rabatt-Jagd mehrere Phänomene aufeinandertreffen. Grundsätzlich müsse man zwischen „mögen“ und „haben wollen“ unterscheiden. Etwas gut zu finden sei etwas anderes, als etwas haben zu wollen. Letzteres sei das Ausschlaggebende bei Kaufentscheidungen. „Geht es so weit, dass Menschen ständig das Gefühl haben, dass sie etwas haben wollen und es nach dem Kauf bedauern, haben wir einen Aspekt der Kaufsucht.“
Zwar betrifft Kaufsucht nur wenige, doch der Schnäppchen-Versuchung unterliegen die meisten Menschen. Das hat auch mit dem sogenannten Shopping-Momentum zu tun, das besonders bei Rabattaktionen wichtig wird: „Das ist der Punkt, an dem der Kunde ins Kaufen kommt. Wenn Sie es als Unternehmer schaffen, dass Kunden kaufen, geht es meistens weiter. Entweder, man kauft nichts, oder man kauft mehreres. Denn wer kauft, kauft weiter. Es ist wie ein Dammbruch. Bei Schnäppchen bricht der Damm an dieser Stelle. Und dann kauft man auch Dinge, die nicht vergünstigt sind. Das wissen Unternehmer natürlich und Verkäufer sind dementsprechend geschult, passende weitere Produkte anzubieten.“ Dazu kommt etwas, das Florack „Umkehrung der Verlustaversion“ nennt. Nobel-Preisträger Daniel Kahneman wies anhand mehrerer Experimente nach, dass Menschen dazu tendieren, Verluste höher zu gewichten als Gewinne. Beispielsweise ärgert man sich über den Verlust von 100 Euro mehr, als man sich über den Gewinn von 100 Euro freut. „Die Verlustaversion hindert uns normalerweise daran, Dinge zu kaufen, die wir eigentlich nicht brauchen. Dass wir es insbesondere bei Rabatt-Aktionen dennoch tun, liegt daran, dass wir glauben, etwas zu verpassen. Wir reden uns ein, nur an diesen Tag, nur zu diesem Zeitpunkt zugreifen zu können. Wir haben Angst, es danach zu bedauern – Verlustangst ist also einer der Treiber, die dazu führen, dass Leute, die eigentlich auf ihr Geld aufpassen, hier zugreifen. Die Idee, dass uns am Black Friday etwas entgehen könnte und diese Chance nicht wiederkommt, ist Unsinn. Wir unterliegen ihr trotzdem.“
Das bestätigt auch Claus Ebster: „Nur, weil ich mich wissenschaftlich damit beschäftige, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht auch auf Schnäppchen hereinfalle. Ich habe ja schließlich auch ein Belohnungssystem.“ Barbara Mader
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