Warum die Ärztekammer eine Stornogebühr für Arzttermine will

Ein Arzt tippt Informationen auf dem Computer im Büro ein.
Die Ärztekammer überlegt eine Strafe fürs unentschuldigte Nichterscheinen bei Terminen. Das hat mehrere Gründe.

Nur zwei Tage habe es im Vorjahr gegeben, an denen kein Patient unentschuldigt nicht erschienen sei. An ganz besonders schlimmen Tagen treffe dies auf etwa ein Viertel aller Termine zu, berichtet eine Wiener Zahnärztin dem KURIER. „Ich habe meine Ordination jetzt schon seit ein paar Jahren, und es wird von Jahr zu Jahr schlimmer“, erzählt die Ärztin, die anonym bleiben möchte.

Ähnliches hat auch der Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark und Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dietmar Bayer in den vergangenen Monaten in seiner Praxis in Leibnitz verstärkt erlebt. Er ließ jetzt mit einem Vorschlag aufhorchen, der Abhilfe schaffen soll: eine Stornogebühr für Patienten, die ihren Termin ohne Absage verfallen lassen.

Fehlende Solidarität

„Im Zuge der Pandemie haben viele Ordinationen ihr Patientenmanagement von Tagesordination auf Terminordination umgestellt. Wenn ein Termin nicht abgesagt wird und der Patient nicht erscheint, habe ich eine Stehzeit von 50 Minuten. In dieser Zeit könnte ich drei Kontrollen bei dringenden Patienten durchführen“, kritisiert Bayer. Auch in der Schule, sagt er, habe das unentschuldigte Nichterscheinen Konsequenzen, selbiges sollte in der Arztpraxis gelten.

„Im Zuge der Pandemie haben viele Ordinationen ihr Patientenmanagement von Tagesordination auf Terminordination umgestellt. Wenn ein Termin nicht abgesagt wird und der Patient nicht erscheint, habe ich eine Stehzeit von 50 Minuten. In dieser Zeit könnte ich drei Kontrollen bei dringenden Patienten durchführen“, kritisiert Bayer. Auch in der Schule, sagt er, habe das unentschuldigte Nichterscheinen Konsequenzen, selbiges sollte in der Arztpraxis gelten.

Zwischen 25 und 50 Euro „Strafe“ könne sich Bayer für dieses „unsolidarische, unfaire Verhalten“ vorstellen. Die Zahlung sollte aufgeteilt werden zwischen Arzt – „als Entschädigung für den logistischen Aufwand“ – und einem Strukturfonds, aus dem in Folge neue Leistungen, wie etwa längere Ordinationszeiten oder mehr Behandlungsräume finanziert werden sollen. So käme das Geld wieder den Patienten zugute, meint Bayer.

Rückendeckung für seinen Vorschlag bekommt er von Thomas Szekeres, dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer: Jeder unangekündigt verfallene Termin sei einer, der einem anderen Patienten nicht angeboten werden könne, so Szekeres via Aussendung. „Wer Termine, die er nicht einhalten kann, nicht rechtzeitig oder gar nicht absagt, handelt egoistisch und rücksichtlos und schadet anderen Patienten, die länger auf Termine warten müssen.“

Wetterabhängig

Ein fehlendes Solidaritätsgefühl kritisiert auch die Wiener Zahnärztin bei ihren Patientinnen und Patienten. Ihrer Meinung nach ist das Erscheinen – oder Nichterscheinen – jedoch auch häufig eine Frage des Wetters: „Vor allem die Jungen sind da sehr unzuverlässig. In der Praxis wissen wir ganz genau, bei starkem Regen oder Schneefall oder dem ersten schönen Tag im Jahr werden die meisten Termine abgesagt. Das ist grotesk, aber mittlerweile Usus“, so die Ärztin.

Ein Arzt hält ein rotes Stethoskop hinter seinem Rücken.

Ein Viertel aller Termine würde bei Schönwetter abgesagt, erzählt eine Wiener Zahnärztin dem KURIER

Zahlen fürs Warten?

Die Forderung der Ärztekammer sorgte zum Teil für Aufregung in den sozialen Medien: Auf KURIER.at forderten die Leserinnen und Leser im Gegenzug eine Strafzahlung für Ärzte, wenn es – trotz Termin und pünktlichen Erscheinens – zu Wartezeiten kommt.

Bayer weist diese Forderung zurück: „Wir arbeiten nicht am Fließband, sondern behandeln individuelle Menschen. Unser Vorschlag soll dazu dienen, Wartelisten zu reduzieren und Menschen zu helfen. Diese Forderung zieht unseren Vorschlag ins Lächerliche.“

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