Chinesische Datensammlung: So reagiert das offizielle Österreich
Die Causa rund um die Zhenhua-Files aus China erreicht nun auch Österreich. Wie im September aufgedeckt worden ist, hat ein chinesisches Unternehmen im großen Stil Daten über Politiker, Militärs und andere interessante Personen gesammelt. Die Shenzhen Zhenhua Data Information Technology soll auf diese Weise Informationen über 2,4 Millionen Menschen gesammelt haben. Darunter sind allein 52.000 Amerikaner.
Dem Standard wurden nun auch die Namen der Österreicher zugespielt, darunter sind etwa der Bundespräsident Alexander van der Bellen oder die grüne Klubobfrau Sigi Maurer.
"Es ist ein höchst aufklärungswürdiger Vorgang. Wenn sich das bewahrheiten sollte, wird dies inakzeptabel", sagt ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der ebenfalls zum Opfer wurde, zum KURIER. "Das Außenministerium ist beauftragt, mit China Gespräche aufzunehmen. China ist gefordert hier zur Aufklärung beizutragen."
Ansonsten ist das offizielle Österreich hingegen eher zurückhaltend. Der Verfassungsschutz (BVT) und die Präsidentschaftskanzlei prüfen zwar die Angelegenheit, viel dürfte dabei aber nicht heraus schauen. Denn die Zhenhua-Files bestehen vor allem aus der Auswertung von sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder Tiktok. Es handelt sich also um Informationen, die von den Betroffenen selbst veröffentlicht werden.
Deshalb dürfte die Datensammlung nicht einmal strafbar sein, heißt es aus Exekutivekreisen. Und sie entspricht eigentlich dem, was von Nachrichtendiensten erwartet wird. Auch Österreichs Dienste werten derartige "offene Quellen" aus.
Es wäre also eher überraschend, wenn eine Weltmacht wie China dies nicht tun würde. Der Unterschied ist vielleicht nur die große Menge an Informationen und wie diese automatisiert abgearbeitet werden. Das offizielle China bestreitet allerdings jeden Zusammenhang mit dieser Firma, die etwa das chinesische Militär zu seinen Kunden zählt.
Von der Queen bis Wrabetz
Eher kurios ist teilweise, wer sich unter den 444 ausspionierten Österreichern befindet. China wollte offenbar mehr über den (mittlerweile toten) Wiener IS-Terroristen Mohamed Mahmoud wissen. International gerieten etwa die britische Queen oder Premier Boris Johnson in das Visier der Datensammler.
Auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz oder ÖBB-Chef Andreas Matthä sind unter den Betroffenen zu finden. Diese Personen sind offenbar deshalb interessant, weil sie für die kritische Infrastruktur zuständig sind. Typische Ziele von Nachrichtendiensten.
Die Österreicher wurden offenbar in drei Kategorien eingestuft: "politisch exponierte Person", "Verwandter oder enger Vertrauter" und "Person von besonderem Interesse". Bei letzteren soll es sich vor allem um Verbrecher gehandelt haben.
In Ungarn führten die Zhenhua-Files jedenfalls zur Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates, weil auch Informationen über ein Kind von Premier Viktor Orban gesammelt worden sind. In Österreich ist vorerst nichts derartiges geplant, die Aufregung hält sich eher in Grenzen, wie Betroffene in Hintergrundgesprächen sagen.
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