Warten auf die Operation: Der vertröstete Patient

Symbolbild
Geplante Eingriffe: Wartefristen sind bis zu einem Jahr lang. Das kann auch am strengeren Arbeitszeitgesetz liegen.

Margarete K. (Name geändert, Anm) sieht schlecht. „Das ist so, als hätte ich meine Brille nicht geputzt. Immer sehe ich Flecken“, beschreibt die alte Dame. Ihr Augenarzt diagnostizierte Grauen Star, riet zur Operation und meldete K. im LKH Graz an. „Ich war ganz perplex, als ich den Brief bekommen habe“, erinnert sich die 79-Jährige: Als Termin für die Katarakt-Operation wurde der 17. Juni angesetzt 2019.

Das ist eine üppige Wartezeit. Damit schlägt die steirische Spitalsholding andere Institutionen um Längen. Wobei Betroffene in den meisten Bundesländern ohnedies ebenfalls Geduld und Ausdauer aufbringen müssen: Je nach Bundesland und Standort kann Wartezeit für Katarakt-Operationen bis zu einem Jahr dauern (siehe Grafik). Ähnlich ist die Situation bei Hüftprothesen.

Patientenanwalt Gerald Bachinger wird nicht zum ersten Mal mit diesem Problem konfrontiert. „Derzeit ist der Bereich der planbaren Operationen nicht zufriedenstellend geregelt. Wir haben in manchen Bereichen unzumutbare Wartezeiten.“ Die Ursachen dürften zum Teil im österreichischen Gesundheitssystem wurzeln, das auch bei kleinen Eingriffen viel mehr auf Spitäler als auf niedergelassene Ärzte setzt. Auch das 2015 verschärfte Arbeitszeitgesetz trage dazu bei. „Wird die Ressource ärztliche Arbeitszeit verknappt, wirkt sich das auf die Wartezeit aus“, überlegt Bachinger. „Die Arbeit ist ja gleich geblieben, aber die Posten sind nicht entsprechend erhöht worden. Dann wird Arbeit nach hinten verschoben, die nicht gleich erledigt werden muss. Das führt zu Wartezeiten.“

Verlegung auf Wunsch

Klemens Trieb widerspricht dieser Diagnose heftig. Er ist Primar der Orthopädie sowie ärztlicher Direktor des Klinikums Wels-Grieskirchen und Vorstandsmitglied der österreichischen Gesellschaft für Orthopädie. „Die neue Arbeitszeitregelung hat bei uns keinerlei negativen Einfluss auf die Wartezeiten“, erklärt der Primar. Warum in anderen Spitälern die Wartezeiten so drastisch ausfallen, kann er nicht erklären: „In unserem Klinikum spiegelt sich die neue Arbeitszeit in einer Leistungsverdichtung wieder. Wir haben auch keinen Personalengpass.“ Falls ein Patient auf eine Operation mehrere Monate wartet, handle es sich oft um einen Wunschtermin und betreffe vorwiegend nicht zwingend notwendige Eingriffe. Trieb meint, monatelange Wartezeiten seien international üblich.

Warten auf die Operation: Der vertröstete Patient

Listen öffentlich

Einen Vergleich der Wartezeiten über mehrere Jahre, um Veränderungen erkennen zu können, gibt es noch nicht. Das System war lange viel zu undurchsichtig, bedauert Patientenanwalt Bachinger. Das besserte sich erst, als die Spitalsträger 2011 gesetzlich verpflichtet wurden, durchschnittliche Wartezeiten für gängige Operationen zu veröffentlichen. Allerdings gibt es keine Sanktionen, wenn das nicht passiert. So bleibt die steirische KAGES diese Internet-Listen schuldig. „Wir behandeln nicht Durchschnittswerte, sondern Menschen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern“, kommentiert Sprecher Reinhard Marczik.

Margarete K. hat für sich eine Lösung gefunden. Sie lasse sich im Burgenland operieren, erzählt die Steirerin. Dort bekomme sie einen früheren Termin im Februar.

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