Vom Rohstoff zum Aushängeschild

ÖWM-Chef Willi Klinger
Das Weinviertel und acht weitere Gebiete profitieren vom DAC-System. Unumstritten ist es aber nicht.

Das Schlüsselerlebnis soll Bertold Salomon auf dem Münchner Oktoberfest gehabt haben. Dort bestellte sich der ehemalige Geschäftsführer des Österreichischen Weinmarketings (ÖWM) dem Vernehmen nach einen Grünen Veltliner – in der Annahme, ein solcher könne nur aus Österreich stammen. Tatsächlich kam der Wein aus Ungarn.

So entstand die Idee, eine geschützte Herkunftsbezeichnung für österreichische Weine zu etablieren. Unter der Bezeichnung DAC (Districtus Austriae Controllatus) sollten für die jeweiligen Weinbaugebiete typische Qualitätsweine in den Fokus gerückt werden. Den Anfang machte mit dem Jahrgang 2003 das Weinviertel. Und wo "Weinviertel DAC" drauf steht, ist Grüner Veltliner (GV) drin. Klassisch, pfeffrig, würzig, zwischen 12 und 12,5 Prozent Alkohol.

15 Jahre später gibt es acht weitere DAC-Gebiete. Schon mit dem Jahrgang 2017 soll das "Schilcherland" (die Weststeiermark) dazukommen. Und der Rest der Steiermark könnte laut ÖWM bis 2020 folgen.

Vom Rohstoff zum Aushängeschild
Setzer Wein Weinviertel DAC

Die Weinviertler Pioniere fühlen sich bestätigt. Der Vorsitzende des regionalen Weinkomitees, Hans Setzer (46), neben Ex-Weinbaupräsident Josef Pleil sowie den Winzer-Kollegen Roman Pfaffl und Franz Prechtl DAC-Wegbereiter der ersten Stunde, spricht von einer Erfolgsgeschichte.

Die Anfänge

Vor der DAC-Ära hatte das Weinviertel immensen Aufholbedarf punkto Wein-Image, schildert Setzer. Bekannt war man für "Brünnerstrassler" und Sektgrundwein, der Grüne Veltliner galt als reichlich vorhandener Rohstoff, stolz auf ihn war man aber nicht. Wertschöpfung für die Region ließ sich mit Billigwein-Exporten im Stahltank nicht lukrieren.

Das änderte sich schlagartig, als man die Sorte, die mit etwa 8000 Hektar ohnehin rund die Hälfte der Weinviertler Anbaufläche vereinnahmt, zum Aushängeschild machte. (Und dafür bei sämtlichen anderen Sorten auf die Herkunftsbezeichnung "Weinviertel" auf dem Etikett verzichtete.)

"Auf einmal haben sich die Winzer mit der Sorte identifiziert und sich aktiv mit ihr auseinandergesetzt. Der GV wurde zum Muss und in den besten Lagen gesetzt", schildert Setzer. Damit ging auch eine gesteigerte Wertschöpfung über die gesamte Produktpalette einher. Bekamen die Winzer früher 30 bis 45 Cent pro Liter Fassware, bewegt man sich laut ÖWM-Chef Willi Klinger heute zwischen 1 und 1,50 Euro.

Vom Rohstoff zum Aushängeschild

Aktuell füllen mehr als 600 Betriebe pro Jahr insgesamt fünf Millionen Bouteillen DAC. Der Flaschenpreis liegt zwischen 4 und 14 Euro; bis zu 25 Euro kosten DAC Reserven (im Kamp- oder auch Kremstal sogar bis 45€).

"Das braucht einfach Zeit"

Trotz der Weinviertler Erfolgsstory (von der man sich am 14. März bei der Jahrgangspräsentation in der Wiener Hofburg überzeugen kann) und vergleichbaren Erfahrungen in weiteren DAC-Gebieten (siehe Grafik), hat das System nicht nur Befürworter. Während die Wachau mit Steinfeder, Federspiel und Smaragd ein eigenständiges (älteres) Herkunftsmarketing forciert hat, wollen andere Weinbaugebiete die Herkunftsbezeichnung nicht nur auf eine einzige Sorte beschränken – "damit geht dem Gebiet der Werbeeffekt verloren", meint etwa Leopold Blauensteiner, Winzer-Obmann am Wagram.

Dabei wäre man nach Ansicht Klingers genau dort mit Grünem und Rotem Veltliner "jederzeit startklar". "Andere Gebiete, wie etwa Carnuntum, wissen dagegen noch nicht, wo ihr Fokus liegt", meint der ÖWM-Chef. "Aber das braucht vielleicht einfach Zeit." Irgendwann werde es "in jedem Weinbaugebiet eine DAC geben". Wobei auch mehrere gebietstypische Sorten möglich sind.

Kommentare