Eine Frau ruft aus einem Auto: "Ich bin Alleinerzieherin und muss in die Arbeit. Bitte lasst das." Einer der Aktivisten entschuldigt sich. Die Blockade wird aber trotzdem eingerichtet. Mit dabei: Ein gutes Dutzend Wissenschafter von den "Scientists for Future", die sich mit der Aktion solidarisch zeigen.
In der entgegengesetzten Fahrtrichtung versammelt sich zeitgleich ein Trupp auf der Straße, um den Verkehr mit einer bislang für die Letzte Generation unüblichen Protestform lahmzulegen - "slow walk" statt Klimakleben heißt die Devise.
Blasmusik und Autofahrer
Der langsame Marsch über die Olympiabrücke zur nächsten zentralen Kreuzung wird begleitet vom Demo-erprobten "Street Noise Orchester". Die Fröhlichkeit der Blasmusik spiegelt sich nicht in den Gesichtern der im Stau stehenden Autofahrer wider.
"Das tut uns natürlich leid", sagt Leo Rauch, Sprecher der Letzten Generation, auf den Ärger der Betroffenen angesprochen. "Das ist mühsam. Etwa für diese alleinerziehende Mutter. Aber das Problem, das wir haben, ist viel größer. Wir steuern auf eine Klimakatastrophe zu, die in keinem Verhältnis dazu steht, das Menschen zu spät in die Arbeit kommen."
Die Polizei ist an diesem Morgen innerhalb von wenigen Minuten zur Stelle. Der Verkehr wird rasch von der blockierten Kreuzung - einer der meistbefahrenen der Stadt - abgeleitet.
Als der Protestzug vor dem Olympiastadion ankommt, ist der Südring dahinter auf vier Spuren autofrei. Zwischendurch lassen die Demonstranten ein Rettungsauto und einen Bus passieren.
Der heutige Protest richtet sich unter anderem gegen die Klima-Passagen in der jüngsten Rede von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sowie gegen neue Öl- und Gasbohrungen. Zudem wird Tempo 100 auf der Autobahn gefordert.
Kapelle gegen Hupkonzert
An der nächsten Kreuzung - einem großen Kreisverkehr unterhalb der Autobahnabfahrt Mitte - drehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der unangemeldeten Kundgebung begleitet von einem Hupkonzert, dem die Blasmusik entgegenschallt, zwei Runden.
"Wir wollten mal was anderes probieren, frischen Wind hineinbringen", erklärt Rauch, warum heute nicht nur gesessen und geklebt, sondern auch gegangen wurde.
Der "slow walk" endet schließlich vor dem Einkaufszentrum Sillpark nahe dem Hauptbahnhof. Nach gut zwei Stunden ist der Spuk vorbei. Für heute.
Kommentare