Beziehungsaufbau
Jeder der derzeit 16 vom Verein betreuten Familien wird eine Hauptbetreuerin zur Seite gestellt; in der Regel schon vor der Geburt. „Da geht es um Beziehungsaufbau“, erläutert Kruppa. Das sei anfangs nicht immer leicht, vor allem, weil die Klientinnen vom Jugendamt verpflichtet werden, an dem Projekt teilzunehmen.
Die Kinderärztin hat vor allen ihren Klientinnen und Klienten „einen Riesenrespekt.“ Denn der Weg, den sie vor sich haben, ist ein schwerer. Und der kann nur mit einer besonderen Vertrauensperson an der Seite gelingen. „Diese Hauptbetreuerin hat die Funktion einer guten Großmutter, einer ‚weisen alten Frau‘ (unabhängig vom Lebensalter der Betreuerin), die sowohl das Wohl des Kindes als auch der Mutter im Blick hat und schaut, dass es ihnen gut geht“, sagt Kruppa.
Das braucht natürlich Zeit, weil Vertrauen langsam wachsen muss und das besonders bei Menschen, deren Vertrauen sehr gestört wurde. In der Praxis heißt das, dass die beiden den Alltag miteinander verbringen: Gemeinsam bereiten beide das Kinderzimmer vor, erledigen Bürokratisches, kochen, gehen einkaufen, und und und.
Über die Zeit soll „der unverletzte Kern der Frauen“ hervorgeholt werden, der oft tief im Unterbewusstsein steckt. „Die Schwierigkeit ist, dass unsere Klientinnen sehr früh traumatisierte Menschen sind, und es schwer ist, an diesen Kern zu kommen.“ Das braucht manchmal Jahre.
Einmal, so erinnert sich die Grow-Togehter-Mitbegründerin, schaffte es eine Mutter trotz guter Betreuung nicht, sich um ihr Kind zu kümmern: „Auch weil das Umfeld so katastrophal war, dass das Kind fremd untergebracht werden musste.“ Irgendwann hat sie sich dann doch aus dem Tief befreien können – dank der Betreuerin, zu der der Kontakt immer aufrecht blieb. „Sie hat an mich geglaubt und in mir eine Person gesehen, zu der ich werden kann“, erinnert sich die Mutter heute, die es geschafft hat, dass ihr Kind wieder bei ihr leben kann.
Grow Together ist aber mehr als nur eine Stütze für die Eltern. Sobald das Kind ein Jahr alt ist, kommt es in eine Krippe, wo die Kinder Dinge erleben, die sie vielleicht von zu Hause nicht kennen.“ Daneben gibt es noch Eltern-Kind-Gruppen, wo die Eltern Erziehung lernen.
Traumatisierte Menschen „fahren immer wieder ein Notprogramm und sind damit beschäftigt, selbst zu überleben. Da fällt es schwer, sich um jemanden zu kümmern“, sagt Kruppa.
Doch wie geht kümmern? Wie merke ich, dass mein Kind hungrig ist, wie lege ich es schlafen? All das muss geübt werden. Was Kruppa beobachtet: Eltern, die vorher nicht sonderlich motiviert waren, einen Beruf zu erlernen, packen das jetzt an. „Sie wollen alle ganz viel für ihr Kind, wie überhaupt alle Eltern das Beste für ihr Kind wollen.“
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