Verbrechen ohne Leiche: Prozess gegen zwei Ungarn in Salzburg

SALZBURG: PROZESS "VERBRECHEN OHNE LEICHE: ZWEI BRÜDER WEGEN RAUBES MIT TODESFOLGE ANGEKLAGT"
Die Halbbrüder sind wegen Raubes mit Todesfolge angeklagt. Das Opfer war nach einem Autoverkauf plötzlich verschwunden.

Zwei Ungarn sind am Dienstag wegen schweren Raubes mit Todesfolge vor einem Geschworenengericht in Salzburg gestanden. Die Halbbrüder im Alter von 26 und 20 Jahren sollen einen 31-jährigen Iraker am 2. Jänner 2023 in der Stadt Salzburg bei einem vereinbarten Autokauf beraubt und getötet haben. Die Leiche des Manns wurde bisher nicht gefunden. Der ältere Angeklagte bekannte sich nicht schuldig. Sein Halbbruder gestand eine Körperverletzung mit tödlichem Ausgang ein.

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Der 26-jährige, bisher unbescholtene Erstangeklagte und sein in Ungarn vorbestrafter Halbbruder wohnten zur Tatzeit in einer Wohnung im Salzburger Stadtteil Elisabeth-Vorstadt. Den Ermittlungen zufolge hatte der Iraker seinen BMW-SUV seit Oktober 2022 um 17.000 Euro im Internet zum Kauf angeboten. Die Halbbrüder bekundeten zum Jahreswechsel ein Kaufinteresse.

Laut Staatsanwältin Elena Haslinger wurden der Kauf und die Übergabe des Wagen in einer Tiefgarage beim Salzburger Hauptbahnhof (Elisabeth-Vorstadt) abgewickelt. Die beiden Ungarn sollen bereits zuvor den Entschluss gefasst haben, den Wagen zu rauben. Es sei davon auszugehen, dass der Iraker im Zuge der Übergabe des Fahrzeuges an die Angeklagten zu Tode gekommen ist. Dabei sei ihm auch die Armbanduhr geraubt worden. "Seit 330 Tagen gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm", gab Haslinger zu bedenken. "Die Leiche wurde an einen unbekannten Ort gebracht."

Vermisstenmeldung brachte Fall ins Rollen

Die Freundin des Irakers meldete den 31-Jährigen am 3. Jänner bei der Polizei als vermisst. Laut Staatsanwältin gab es keine Anzeichen dafür, dass der Mann sein Leben habe beenden wollen. Die letzten Standortdaten des Handys des Irakers wurden am Nachmittag des 2. Jänner in der Elisabeth-Vorstadt ermittelt. Weitere Erhebungen ergaben, dass die beiden Ungarn von Nußdorf am Haunsberg bis Großgmain im Flachgau herumgefahren sein dürften. Eine Suche nach der Leiche durch Polizisten, Spürhunde, Drohnen und Hubschrauber brachten keinen Erfolg.

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Der BMW wurde am 17. Jänner sicherstellt. Im Kofferraum wurden Blutspuren des Irakers entdeckt. Im Innenraum des Wagen lag die Armbanduhr des Vermissten, darauf haften DNA-Spuren des Erstangeklagten, so die Staatsanwältin. Weitere Blutspuren des Opfers wurden auf einem Handtuch in der Wohnung in der Stadt Salzburg bei einer Hausdurchsuchung am 19. Jänner sichergestellt, in der die beiden Ungarn gewohnt hatten.

Der Erstangeklagte wurde am 21. Jänner festgenommen, sein Halbbruder im Februar. Er stellte sich damals der Polizei. Die Untersuchungshaft verbrachten die Halbbrüder in verschiedenen Justizanstalten. Ihre Angaben waren bisher widersprüchlich, wie die Staatsanwältin feststellte. Der Verfahrenshelfer des Erstangeklagten sagte heute, der 26-Jährige habe mit dem Verschwinden des Opfers nichts zu tun. Der Autokauf habe tatsächlich in der Wohnung des Ungarn in Anwesenheit seines Halbbruders und des Irakers stattgefunden.

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Als der Iraker nach der Übergabe noch Gegenstände aus dem Auto habe holen wollen und dann sein Bruder mit dem Autoschlüssel in die Wohnung zurückgekommen sei, habe dieser erklärt, dass er mit dem Iraker im Stiegenhaus Streit gehabt hätte, schilderte der Verteidiger des Erstangeklagten. Dieser habe zu seinem Bruder gesagt, er wolle damit nichts zu tun haben. "Er ist in einem Dilemma gestanden. Er wollte seinen Bruder nicht belasten. Dass er manche Sachen falsch angegeben hat und die Ermittlungen dadurch erschwert wurden, das macht ihn auch nicht schuldig."

Zahlreiche Widersprüche

Der Erstangeklagte selbst meinte, viele der Vorwürfe würden nicht stimmen. Er habe das Auto nicht geraubt, und er habe auch mit dem Tod des Irakers nichts zu tun. "Ich wollte meinen Bruder schützen", sagte er zur vorsitzenden Richterin Bettina Maxones-Kurkowski. Im Lauf der Einvernahme schilderte er, der Bruder habe ihm erzählt, er hätte im Stiegenhaus mit dem Iraker gerauft, er habe ihn niedergeschlagen und nun sei er tot. Der Bruder habe ihn gefragt, ob er ihm helfen könne, den Mann wegzutragen. "Ich wollte damit nichts zu tun haben", beteuerte der Erstangeklagte.

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Er habe später im Wagen des Irakers einen Fleck mit einem Handtuch aus seiner Wohnung weggewischt und die Uhr vom Kofferraum auf einen Sitz im Auto gelegt, sagte der 26-Jährige. Wo sich das Geld für den Autokauf, das Handy des Irakers oder dessen Leiche befindet, das wisse er alles nicht. Dass er wenige Stunden vor der Tat zahlreiche Suchanfragen über Regionen im Flachgau und angrenzenden Berchtesgadener Land auf der Google-Maps-App eingab und nach der Tat mit seinem Bruder dort im Auto unterwegs war, begründete er mit einer Suche nach günstigeren Wohnungen. Schließlich erklärte er noch, "ich nehme alles auf mich wegen meines Bruders. Dadurch wird vieles auf mich zurückfallen."

Der Verfahrenshelfer des Zweitangeklagten erklärte, die Sache sei damals aus dem Ruder gelaufen. Der 20-Jährige bekenne sich der Körperverletzung für schuldig und der Bestimmung zur falschen Beweissausage hinsichtlich eines Cousins von ihm. Der Beschuldigte selbst hielt sich in seiner Einvernahme an der heutigen Version seines älteren Bruders. Als er gleichzeitig mit dem Iraker die Wohnung verlassen und die Stufen im Stiegenhaus hinuntergegangen sei, habe ihn der Iraker von hinten an den Schultern gestoßen. "Ich bin auf meine Schulter gefallen, da bin ich nervös geworden und habe den Mann gestoßen."

Sie hätten sich gegenseitig geschlagen, er habe dem Mann mehrere Schläge mit der Faust versetzt, schilderte der Zweitangeklagte. "Er ist am Boden liegengeblieben und hat sich nicht mehr bewegt." Da sei er zu seinem Bruder gelaufen und habe ihm erklärt, der Mann sei wahrscheinlich tot, er möge ihm helfen. Der Bruder habe das abgelehnt und ihm nur gesagt, wo das Auto geparkt sei. Er selbst habe dann den Pkw vor das Haus gefahren. "Ich habe den Mann in den Kofferraum gelegt und bin weggefahren, raus aus der Stadt." In einer Gasse oder auf einem Feldweg habe er den Iraker ausgeladen, dessen Tasche (wo das Geld für den Autoverkauf vermutet wird, Anm.) danebengestellt und sei weggefahren. Wo das gewesen sei, wisse er nicht, "ich habe keine Häuser gesehen".

Die Fragen der Vorsitzenden, ob er den Ort vorher ausgekundschaftet hat, das Motiv der Raub des Geldes war und er die Leiche doch vergraben hat, verneinte er. "Ich war nicht auf das Geld angewiesen." Und auf die Frage, warum er dem verletzten Iraker im Stiegenhaus nicht geholfen habe, antwortete er: "Ich weiß nicht warum. Das Ganze war ein Schock."

Der Prozess ist für drei Tage anberaumt. Nach dem Auftakt heute soll auch noch am 30. November und 5. Dezember verhandelt werden. Das Delikt schwerer Raub mit Todesfolge ist mit einer Freiheitsstrafe von zehn bis 20 Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht.

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