TNT in Kärntner Messie Haus: Angeklagte wollten sich gegen Putin rüsten
Was macht man mit 1,5 Kilo TNT, 20 Sprengzündern, 70 Waffen, 8,5 kg Schwarzpulver, 8 Stück Rohrbalken, Stahlkugeln, verschiedenen Chemikalien, darunter Salpetersäure und Schwefelsäure, in einem verwahrlosten Haus in einer 100-Seelen-Gemeinde im Kärntner Bezirk Völkermarkt?
Diese Frage wird seit Dienstag, 9 Uhr, am Landesgericht Klagenfurt versucht zu klären. Und sie gibt Einblick in eine krude Gedankenwelt.
Eine, in der eine 68-jährige und ihre 69-jährige Verlobte aus Tirol, die in dem verwahrlosten Haus eines 68-jährigen Briten in Kärnten lebten - mit dem die 68-Jährige offenbar ebenfalls verlobt war - Waffen und Lebensmittel horteten, um sich so offenbar gegen einen bevorstehenden Atom-Angriff von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, der bis Kleindiex reichen sollte, vorzubereiten.
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Wie berichtet, waren im Februar ein 29-jähriger Steirer und zwei Briten (beide 68 Jahren) in Kleindiex festgenommen worden, nachdem bei einem Rettungseinsatz zufällig ein illegales Waffenlager entdeckt worden war. Eine weitere Frau wurde zunächst im Krankenhaus behandelt.
Gefunden wurde dabei unter anderem ein Spazierstock, in dem eine Waffe versteckt war, sowie zwei vollautomatische und eine halbautomatische Waffen. In einem Safe waren ebenso zwei Waffen der Marke Glock verwahrt. Die anderen Waffen sollen im ganzen Haus verteilt, frei herumgelegen sein.
Laut Anklage gibt es auf die eingangs gestellte Frage eine klare Antwort: Die Angeklagten wollten offenbar "eine Rohrbombe mit verheerender Wirkung anfertigen".
Von den Angeklagten selbst, die alle einen Waffenschein besitzen, bekannte sich nur die Erstangeklagte 68-jährige Britin schuldig, die während des Prozesses das Gericht mehrmals lautstark mit Schimpfwörtern bedachte, bis schließlich sogar der Sicherheitsdienst in den Gerichtssaal gerufen wurde.
Erhöhte Sicherheit, wegen einer Frau, die sich selbst als Waffentechnikerin bezeichnete, und die volle Verantwortung für den gefundenen Sprengstoff und die Zünder übernahm. Aber nicht für die Waffen.
Waffen als Geschenk
"Die Waffen waren legal. Ich habe den anderen die Waffen als Geschenk überreicht", sagte die Britin. Und: "Die anderen haben weder etwas mit den Waffen, noch dem Sprengstoff zu tun. Ich habe den Sprengstoff sicher verwahrt."
Hatten sie vor eine Rohrbombe zu bauen? fragte Richter, Christian Liebhauser-Karl. Nein, war die laute Antwort, der Britin, die im Animal-Print vor Gericht erschienen war.
Schüsse auf Ratten im Haus
"Warum waren dann alle Bestandteile für eine Rohrbombe vorhanden?" fragte der Richter weiter. Die Erklärung der Angeklagten, die in Irland auch im Militärdienst stand: Mit den Stahlkugeln habe man auf Ratten im Haus geschossen, dies dann aber eingestellt, da die Löcher an den Wänden durch die Einschüsse zu groß geworden wären.
Sie würde keine Bomben bauen: "Ich bin keine Terroristin und Bomben sind zu gefährlich."
Vorbereitung für Atomschlag von Putin in Kleindiex
Aber ja, man habe sich im 100-Seelen-Dorf Kleindiex für einen Atom-Angriff von Putin vorbereitet. "Ich habe einen Geigerzähler, Gasmasken und Schutzanzügen." Sie habe immer noch Angst davor, dass Putin eine Atom-Waffe zünde. "Es ist meine Aufgabe die anderen im Haus davor zu beschützen." Laut dem Hausbesitzer soll die Frau auch massenweise Lebensmittel und Konservendosen gehortet haben, um einen möglichen Atomschlag überstehen zu können.
Kalk gegen Strahlung
Nicht schuldig bekannte sich auch ihre 69-jährige Verlobte, die als Zweitangeklagte vor Gericht stand. Keine Britin, sondern eine gebürtige Tirolerin. Die laut ihrer Verlobten eine "ausgezeichnete Schützin" sei, mit der sie auch regelmäßig Ausflüge zu einem Waffenhändler gemacht haben soll. "Ein bis zwei Mal im Jahr sind wir zum Waffenhändler gefahren und haben legal gemeinsam Waffen gekauft", erzählte die Tirolerin.
"Fragen sie doch Franz Fuchs"
Und auch sie bestätigte: "Wir haben uns auf einen nuklearen Schlag vorbereitet. Wir haben Kalk besorgt, damit wir die Strahlung binden können." Bewaffnet habe man sich wegen eines drohenden Atom-Kriegs aber nicht. Und auch das Dynamit könne sie sich nicht erklären. Eine Rohrbombe habe sie nie bauen wollen. "Wenn sie dazu etwas wissen wollen, dann fragen sie doch den Franz Fuchs", antwortet die Tirolerin Richter Liebhauser-Karl.
Einzelgänger, in der Nacht unterwegs
Laut Anklage waren die Vorbereitungen für eine Rohrbombe offenbar so weit fortgeschritten, dass ein Handy, dessen Akku als Zündquelle dienen sollte, einsatzfertig bereit lag. "Wir sprechen von einer Rohrbombe, die unmittelbar einsatzfähig war", erklärte die Staatsanwältin.
Die Angeklagten sollen in Kleindiex kaum aufgefallen und meistens nur in der Nacht unterwegs gewesen sein. Das Haus gehörte dem angeklagten Briten, in dem alle zusammen lebten.
Not happy über Waffenfund
Der britische 68-jährige Hausbesitzer, der angab mit der 69-jährige Frau verlobt zu sein, bezeichnete sich selbst nicht als Waffennarr und will auch von dem Dynamit in seinem Haus nichts mitbekommen haben. "Ich war schockierend naiv und habe nichts mitbekommen", sagte der Brite.
Der Mann wurde bei der Hausdurchsuchung im Februar festgenommen, blieb 2 Monate in U-Haft, aber mit seiner Verlobten will er nach all dem trotzdem kein klärendes Gespräch geführt haben. Er habe ihr nur mitgeteilt, dass er "not happy" über alles sei, was passiert sei.
Die 68-Jährige habe die Waffen ihm gegenüber schlussendlich nur mit einem Argument gerechtfertigt: Dass Putin bald die Bombe abwerfen werde. Einen Hinweis, dass die Frauen selbst Bomben bauen wollten, habe er nicht erhalten.
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Bleibt der vierte Angeklagte: Der 29-jährige Steirer, ein gelernter Lokführer, der nun als Marktforscher tätig ist, war in das Haus laut eigenen Angaben erst kurz vor dem Polizeieinsatz in das Messie-Haus gezogen. Er verfügt über ein aufrechtes Waffenverbot. Am Handy soll er Fotos von Hitler und Mussolini gehabt haben.
Im Fernseher liefen ständig Kampfsendungen
Als Waffennarr bezeichnete er sich selbst nicht. Ein Wort, das er aber sehr wohl für die Erst- und Zweitangeklagte wählte. "Es hat im Haus immer getschindert. Gedacht habe ich mir dabei aber nichts", sagt er. Die anderen 3 hätten ständige Dokumentationen angeschaut. Über den Krieg, oder die Marine. Er will auch beobachtet haben, dass die beiden Frauen zu Waffenhändlern gefahren sind.
Laut seinen Aussagen hätten sich die Erstangeklagte und der Brite oft über Putin und einen möglichen Angriff auf Österreich unterhalten haben.
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt klagt jedenfalls die Vorbereitung eines Verbrechens durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel nach dem § 175 Abs. 1 StGB an.
Die Angeklagten werden je von einem Verteidiger vertreten. Einer davon ist Christian Leyroutz.
Der Strafrahmen beträgt 6 Monate bis zu 5 Jahren Haft.
Gutachten eingeholt
Der Prozess wurde vertagt. Es sollen mehrere Gutachten eingeholt werden. Die Verteidiger wollen so den Beweis erbringen, dass die Materialien doch nicht geeignet gewesen wären, eine Bombe zu bauen. Außerdem soll ein Psychiater den Hausbesitzer begutachten.
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