Tiroler außer Lebensgefahr: "Suche war hochdramatisch"

Tiroler außer Lebensgefahr: "Suche war hochdramatisch"
21-Jähriger liegt mit Bauchschuss in Pariser Krankenhaus. Tiroler Intensivmediziner berichtet von verzweifelter Suche.

"Das Wiedersehen war hochemotional", beschreibt Intensivmediziner Hermann Köhle jenen Moment, als der Stief- und der leibliche Vater von Daniel B. Samstagnacht gegen 23 Uhr endlich in die Augen des jungen Tirolers schauen konnten. "Daniel war wach", erzählte Köhle, der die Angehörigen des 21-Jährigen als Freund der Familie nach Paris begleitete, im KURIER-Gespräch. "Er ist stabil und außer Lebensgefahr. Wir können ihn wahrscheinlich in ein paar Tagen nach Hause bringen."

Tiroler außer Lebensgefahr: "Suche war hochdramatisch"
Hermann Köhle (vorne links) von der Medalp in Tirol hat den Vater des bei einem Anschlag im Pariser Club Bataclan verletzten Tirolers nach Paris begleitet.
Rund 24 Stunden dauerten das Zittern und die Ungewissheit, bis feststand, dass der junge Mann aus Tarrenz bei Imst den Anschlag auf die Pariser Konzerthalle Bataclan, bei dem mindestens 89 Besucher starben, überlebt hat. Köhle hatte seinen Dienst an der Unfallklinik Medalp im Tiroler Oberland Freitagabend gerade beendet, als er einen verzweifelten Anruf von der Familie von Daniel B. erhielt. Der war kurz zuvor von Terroristen in der voll besetzten Konzerthalle angeschossen worden. Danach fehlte jede Spur von dem Tiroler.

Gemeinsam mit den Angehörigen setzte sich Köhle gegen 3.30 Uhr ins Auto. Die Angst fuhr mit, die Stimmung unterwegs war zum Teil gespenstisch. "In Frankreich waren die vierspurigen Autobahnen wie ausgestorben", erzählt der Arzt aus dem Tiroler Oberland. Während die Männer sich der vom Terror erschütterten Stadt näherten, versuchte die österreichische Botschaft längst mit Hochdruck, Daniel B. zu finden. Als die Tiroler Samstag um 14 Uhr endlich Paris erreichen, ist der 21-Jährige immer noch verschollen.

Unerträgliche Momente

"Wir haben dann alle Krankenhäuser abgeklappert. Botschafterin Ursula Plassnik hat uns überall hin begleitet. Die Suche war hochdramatisch. Wir sind jeder noch so kleinen Geschichte nachgegangen", berichtet Köhle. Mit jeder Stunde schwand die Hoffnung. "Die Spannung ist ins Unerträgliche gestiegen", beschreibt der Arzt die verzweifelte Stimmung am späten Samstagabend, als plötzlich das Handy von Daniels Vater klingelte.

Der 21-Jährige war in einem Pariser Krankenhaus nach einer Notoperation aus der Narkose erwacht und konnte einer Krankenschwester die Telefonnummer seines Vaters aufschreiben. Wie sich herausstellte, lag der Schwerverletzte in einem Spital, das die Botschaft zuvor bereits mehrmals kontaktiert hatte. "Aber dort konnte man ihn nicht identifizieren. Handy und Pass waren in seiner Jacke, die wahrscheinlich in der Konzerthalle verloren gegangen ist."

Im Bataclan war der 21-Jährige bei der Schießerei, wie berichtet, von seiner Freundin getrennt worden, die wie eine weitere Österreicherin bei dem Attentat unverletzt blieb. Sie verbrachten gemeinsam mit den Tirolern Hansjörg "Lofi" Loferer und Medina Rekic von "White Miles" die Nacht auf Sonntag in der österreichischen Botschaft. Das Tiroler Rock-Duo war, wie berichtet, im Bataclan kurz vor dem Anschlag aufgetreten. Dass sie danach kurz etwas essen gegangen waren, könnte den Musikern das Leben gerettet haben.

"Wollen nur noch heim"

Die beiden Tiroler sind mit Daniel B. befreundet. "Wir waren extrem erleichtert", berichtete Loferer am Sonntag von jenem Moment, als endlich klar war, dass der 21-Jährige, der bei einer Tourbus-Firma arbeitet, lebt. Der Auftritt im Bataclan hätte für die Band einer der Höhepunkte ihrer Tour sein sollen. "Jetzt wollen wir nur noch heim", sagte Loferer vor dem für gestern Nachmittag gebuchten Flug.

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