Davon ist bei den ÖVP-Funktionären zu Beginn dieses Abends aber nichts zu spüren: Sie rechnen sich die Niederlage schön. (Relativierende Worte sollen dann später von höherer Stelle folgen.)
Dass das möglich ist, liegt zum einen an einem Dreier – und zum anderen an einem Zweier: Wenig wohlmeinende Umfragen sahen die Partei phasenweise bei weniger als 30 Prozent. Dass man nun einen „deutlichen Dreier vorne hat“, sieht mancher hier als Bestätigung.
Andere ÖVP-Funktionäre beginnen bereits zu rechnen: „14 plus 7, das geht sich aus“, sagt einer mit Blick auf die zu erwartende Mandatsverteilung im Landtag. Gemeint ist eine Zweier-Koalition. Zuletzt war unklar, ob man sich eine Regierungsmehrheit mit nur einem Partner ausgeht.
Eine Last fällt ab
Eine Last scheint auch von den Schultern des 1,90 Meter großen ÖVP-Spitzenkandidaten Anton Mattle gefallen, als dieser unmittelbar nach der Hochrechnung mit einem Tross von Journalisten durch die Gänge des Landhauses hetzt. Das Ergebnis sei eines, bei dem man sagen könne: „Ja, die Aufholjagd hat geklappt“. Das trifft freilich nur zu, wenn man vor der Wahl kursierende Umfragen als Maßstab nimmt, die die ÖVP unter 30 Prozent sahen. Ein Minus von rund zehn Prozentpunkten, für Mattle ist das kein Rücktrittsgrund. Er stellt vielmehr den Führungsanspruch für die Volkspartei, die nun auf 14 Mandate kommt. „Das wäre doppelt so viel wie der Zweite oder der Dritte“ – das Match um Platz zwei entschied letztlich die FPÖ für sich, die die SPÖ hinter sich ließ.
An Spitzenkandidat Anton Mattle, der die ÖVP nach dem überraschenden Abgang von Landeschef Günther Platter erst im Juli übernahm, übt man an diesem Abend auf der „Wahlparty“ jedenfalls keine Kritik. Zumindest nicht offiziell. Die Funktionäre tragen „Toni“-Aufkleber am Revers ihrer Anzüge: „Er war der Richtige.“ Nachsatz: Das Signal der Wähler habe man aber „verstanden“.
Weniger Verständnis hat so mancher, dass Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig den Weg von Wien bis zur Party – und in die vordersten Reihen vor den Kameras – gefunden hat. Ein Minister bei einer Landtagswahl? Das ist immer schwierig. „Der soll rausgehen“, sagt einer – nur halb im Scherz. „Wir brauchen keinen aus dem Bund im Bild.“
Koalition ist Geschichte
Das Bild im Bund spiegelte jenes in Tirol bis zu diesem Wahlabend. Da wie dort regierten ÖVP und Grüne gemeinsam. „Schwarz-Grün“ ist Geschichte“, gesteht der grüne Spitzenkandidat Gebi Mair ein. Die Enttäuschung ist ihm ins Gesicht geschrieben, als er das Tiroler Landhaus betritt und mit dem zeitgleich eintreffenden SPÖ-Chef Georg Dornauer kurz die Hände schüttelt.
In dessen Parteizentrale ist kurz zuvor ebenfalls die Enttäuschung groß . Die Zahl der Helium-Luftballons, die man für die erste Hochrechnung vorbereitet hat, übersteigt jene der anwesenden Genossen bei Weitem. Die Ballons steigen bis an die Decke. Der Balken der SPÖ nicht. 17,4 Prozent erreicht die Partei im vorläufigen Endergebnis.
Ein Plus, das deutlich geringer ausfällt als von Dornauer erhofft. Oder, wie es einer der wenigen Anwesenden nüchtern analysiert: „Da wär mehr gegangen.“ Einbesonderer Wermutstropfen: Die SPÖ kommt hinter der FPÖ zu liegen und verliert Platz zwei. Zumindest ein zusätzliches Mandat ging sich für die Roten aber aus.
Ganz anders das Bild bei den Blauen: „Die FPÖ ist wieder da“, sagt Spitzenkandidat Markus Abwerzger. Das historisch beste Ergebnis war für seine Partei greifbar. Dass die ÖVP die FPÖ als Partner ausschließt, irritiert an diesem Abend niemanden. Als Blauer ist man das gewöhnt. Er „strecke die Hand aus“ und sei mit allen gesprächsbereit, sagt Abwerzger.
Schlechte pinke Karten
Hochfliegende Ziele hatte Neos-Chef Dominik Oberhofer: Zweistelligkeit und vier Mandate, statt der zwei Sitze, die man beim ersten Antreten in Tirol im Jahr 2018 errungen hat. Beides hat sich nicht erfüllt. Nur ein leichtes Stimmenplus ist es am Ende geworden.
Deutlich zulegen konnte hingegen die Liste Fritz, die ihren Stimmenanteil fast verdoppeln und um ein Mandat zulegen konnten. Die ausgewiesene Oppositionspartei darf sich als einer der Wahlsieger feiern.
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