Tirol: Scharfer Gegenwind für Bettler
In der Innsbrucker Altstadt duftet es nach Weihnachten. Die Touristen lassen sich am Montag trotz frühlingshafter Temperaturen nicht davon abhalten, am tags zuvor eröffneten Christkindlmarkt Kiachl mit Kraut (Bauernkrapfen, Anm.) zu probieren. Die Stände vor dem Goldenen Dachl stehen wie jedes Jahr an ihrem Platz. Aber für jene Menschen, die sonst in der Altstadt am Boden sitzend um Gaben bitten, ist die "Bergweihnacht" heuer erstmals eine Tabuzone.
Die Stadt hat von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht, selbst das stille Betteln temporär und zeitlich begrenzt zu verbieten. Die Regelung gilt auch in der Maria-Theresien-Straße, sobald dort die Stände aufgebaut sind. Eine Verbannung der Bettler aus der gesamten Innenstadt steht seit Monaten im Raum. Es ist ein rauer Wind, der den Armutsmigranten, die vorwiegend der Volksgruppe der Roma angehören, zunehmend ins Gesicht bläst. Und das ist kein Tiroler Phänomen.
In der Stadt Salzburg ist seit Juni ein sektorales Bettelverbot in Kraft. In der Zeit des Christkindlmarkts wird es auf Dom- und Residenzplatz ausgeweitet. Und in Vorarlberg hat Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) Roma zuletzt "Rückkehrhilfen nach Rumänien" angeboten und sich hinter seine Parteifreunde gestellt, die in den von ihnen regierten Städten wilde Zeltlager geräumt haben. Und keine weiteren mehr zulassen möchten.
"Das Betteln ist in den vergangen Monaten viel sichtbarer geworden", sagt die grüne Landtagsabgeordnete Nina Tomaselli. "Aber diese Leute sind aus bitter Armut hier. Wir müssen die Vertreibungslogik durchbrechen und einen Umgang mit diesen Leuten finden."
Neues Phänomen
Dass sich Vorarlberg damit so schwer tut, erklärt Tomaselli damit, dass es Bettelei bis vor Kurzem in größerem Umfang nicht gegeben habe und sich die Bevölkerung an den wilden Lagern stoße. Es fehlt laut Tomaselli aber schlichtweg an legalen Campingmöglichkeiten.
Mit Besorgnis beobachtet die Politikerin, wie parallel zum rigorosen Vorgehen gegen die Roma die Aggression gegen diese Gruppe steigt. "Sie werden im Internet als Untermenschen beschimpft", sagt Tomaselli. Letzte Woche gab es einen ersten Übergriff, bei dem zwei Männer, wie berichtet, Roma in Dornbirn bei einem Lager drangsalierten und sogar ihre Zelte versengt haben.
In Klagenfurt wurde am Wochenende ebenfalls ein Bettlerlager aufgelöst. "Die Personen zeigten sich aggressiv und unkooperativ, es war knapp vor dem tätlichen Angriff. Wir haben Stereoanlagen, Uhren, Handys und Fahrräder gefunden", berichtet Peter Cech von der Bergwacht. "Bei den Rumänen handelt es sich um eine von vielen organisierten Bettlergruppen", sagt Wilfried Kammerer vom Klagenfurter Ordnungsamt, das den am Freitag öffnenden Christkindlmarkt verstärkt kontrollieren will.
Eine verschärfte Gangart will, wie zuletzt ebenfalls berichtet, auch die Steiermark einschlagen. Ein Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Identität von Bettlern erfasst wird, noch ehe sie eine Übertretung begangen haben.
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