Tiersuchverein: Hilfe, wer hat mein Haustier gesehen?
Nero springt aus dem Auto, sein Frauchen Helga Brezovski hält ihm etwas unter die Nase – es riecht nach einem anderen Hund – und schon weiß er: Diesem Geruch muss er folgen, seine Spur aufnehmen und ihn finden.
Der fünf Jahre alte weiße Schäferhund ist ein ausgebildeter Suchhund, er sucht aber keine Menschen, sondern Haustiere, die weggelaufen sind. „Das sind andere Hunde, es sind Katzen, Hasen, sogar Schildkröten hatten wir schon. Es funktioniert mit allen Tieren“, erzählt Brezovski, die Trainerin bei Pettrailer, dem einzigen Tiersuchverein Österreichs, ist. Hunde für die Suche nach anderen Tieren zu trainieren ist schwieriger als die Suche nach Menschen. „Erst wenn der Hund das kann, starten wir mit Tieren. Das Training mit Personen ist einfacher, denn da bekommt der Hund die Belohnung vom Gesuchten, wenn er ihn gefunden hat. Beim Tier braucht er die Bestätigung von mir“, erklärt die Expertin. Die Ausbildung dauert rund ein Jahr.
320 Einsätze
In der Praxis ist eine verschollene Katze eine besondere Herausforderung. Erstens geht es oft kreuz und quer durch die Nachbarsgärten, findet sie der im Dienst stehenden Einsatzhund des Vereins – es gibt 25 –, ergreift die Katze oft die Flucht. „Die Hunde sind darauf trainiert, nicht näher als fünf Meter an die gesuchten Tiere heranzugehen. Dann melden sie, dass sie fündig wurden“, erklärt die Expertin. „Schließlich muss ich auch meinen Hund schützen. Zum Beispiel vor einem Tier, das seit Tagen im Gebüsch festhängt und Angst hat. Dann kann es sein, dass es aggressiv ist.“
Rund 320 Einsätze hat der Verein Pettrailer pro Jahr. Dazwischen wird die „Nasenarbeit“ mit den Hunden trainiert. Bei Helgas weißen Schäferhunden, ihr zweiter ist der zweijährige Santos, passiert das drei- bis vier Mal pro Monat. „Das ist für die Hunde Hochleistungssport, danach sind sie zwei Tage erledigt“, so die Niederösterreicherin. Seit zwei Jahren bildet sie beim Verein andere Hunde und ihre Besitzer zu „Pettrailern“ (Haustierverfolgern, Anm.) aus. Sie ist überzeugt: „Jeder Hund ist für die Arbeit mit der Nase geeignet.“
DNA aufbewahren
Bei rund 80 Prozent der Fälle, in denen sich Menschen an die „Einsatzorganisation“ für entlaufene Tiere wenden, ist der Sucheinsatz mit den Hunden gar nicht notwendig. Meistens würden sie von alleine zurückkommen oder wenn man Lebendfallen aufstellt, manchmal werden die Tiere auch durch Flyeraktionen wiedergefunden. Bei Hunden sei es so, dass rund 70 Prozent innerhalb der ersten 24 Stunden wieder dahin zurückkehren, wo sie ihren Besitzer das letzte Mal gesehen haben: „Am besten einen Stuhl aufstellen und sich da platzieren“, rät Brezovski.
Braucht es aber ein Einsatzteam, dann gibt es oft folgendes Problem: Die Besitzer der geliebten Tiere haben keine DNA von ihnen. Genau die brauchen die Suchhunde aber, um sie wiederzufinden. Am besten funktioniert das mit Haaren. „Man sollte seinem Haustier ein Büschel Haare am Bauch abschneiden und in einem sterilen Glas mit Schraubverschluss aufbewahren. Das muss man genau einmal machen, die DNA bleibt 15 Jahre erhalten“, sagt Brezovski. Kann oder möchte man das nicht, ist es auch möglich, mit einem sterilen Tuch über den Genitalbereich, Ohren oder die Innenseite der Schnauze oder des Mauls zu fahren und das Tuch im Glas aufzubewahren. In der Praxis müsse aber oft eine Schmusedecke reichen.
Fährtensuche
Haben die Einsatzhunde – es können auch mehrere sein, die sich ablösen, wenn einer eine Pause braucht – die Fährte anhand des vorhandenen Geruchs erfolgreich aufgenommen, geht es für ihre Besitzer an einer 7,5 Meter langen Leine hinterher. Oft querfeldein durchs Dickicht. „Letztens haben wir nach einem Jagdhund gesucht, der sich samt Leine vom Besitzer losgerissen hat. Da bin ich auf allen Vieren durch Brombeer-sträuche gekrochen“, erzählt Brezovski. Die Suche war erfolgreich, Nero freute sich über sein Leckerli.
Aber auch für Helga Brezovski lohnen sich die Strapazen: „Es ist einfach ein schönes Gefühl. Mir kommen jedes Mal die Tränen, wenn ich einen Hund oder ein anderes Tier dem dankbaren Besitzer zurückgeben kann, der sein Viecherl vielleicht schon mehrere Tage gesucht hat.“
Der Verein Pettrailer ist in ganz Österreich tätig und baut derzeit ein Netzwerk in Deutschland und der Schweiz auf. Er gibt auch Hilfestellung, bei der eigenen Tiersuche – www.pettrailer.at
Geruch sichern
Für den Ernstfall ist es gut, wenn man DNA vom Haustier zur Hand hat. Bei Tieren mit Fell geht das am besten, wenn man ihnen mit Gummihandschuhen und Schere ein paar Bauchhaare abschneidet und sie in ein Glas einschließt
Bekanntmachen
Ist ein Tier entlaufen, sollte man Gemeinde, Jäger, Tierarzt und Tierkliniken informieren und Flyer verteilen
Miauen auslösen
Für die Suche nach einer Katze Kaffeebohnen in eine Plastikdose füllen und in der Nachbarschaft oder im Wald nach Einbruch der Dunkelheit spazieren gehen und schütteln – und auf Miauen achten
Schleppfährte legen
Würstel kochen, mit dem Wasser sternförmig vom Entlaufort (oder dem Zuhause) eine Schleppfährte legen, die das Tier aufnehmen kann
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