„Für mich ist die Tiermedizin nicht erledigt, wenn ich eine Diagnose habe, dass es unheilbar ist, sondern da geht es für mich dann erst los“, zitiert Svenja Springer einen Veterinärmediziner, den sie für ihre Studie befragt hatte. Die Wissenschaftlerin am Messerli Forschungsinstitut der Vetmeduni Wien wollte herausfinden, wie Tierärztinnen und -ärzte aus Österreich, Deutschland und der Schweiz mit dem Lebensende von Kleintieren umgehen.
Ihr Fazit – vor kurzem in Frontiers in Veterinary Science erschienen: Während früher bei alten und unheilbar kranken Vierbeinern rasch die Euthanasie in den Vordergrund rückte, geht es heute um die beste Hospiz- und Palliativversorgung der Patienten.
„Wenn ich von Palliativmedizin rede, wissen die Halter gleich, was gemeint ist – auch wenn das Wort selbst nichts über die Dauer der Behandlung aussagt“, sagt Zoodoc Katharina Reitl. Der KURIER-Tiercoach erklärt die Herausforderungen der Sterbebegleitung. Denn nicht nur Hund, Katze und Co. sind dabei zu betreuen, auch für die Besitzer der Patienten ist diese Phase in der Beziehung eine schwere Zeit.
„Es ist eine Gratwanderung, Haustieren das Ende ihrer Tage möglichst lebenswert zu machen“, sagt Reitl. Die Vierbeiner sind selten nur betagt, meist sind sie schwerkrank. Sie leiden an Krebs, an Funktionsstörungen von Herz, Lunge oder Leber, an neurologischen Problemen oder an Arthrose. Mitunter schwächelt zudem ihr Immunsystem. Das Leid ist oft chronisch, Aussicht auf Besserung gibt es kaum.
Betreuung von sterbenskranken Tieren erfolgt fächerübergreifend
„Die Betreuung der Patienten muss häufig interdisziplinär erfolgen“, sagt die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Verschiedene Fachärzte sind gefragt. Medikamente müssen abgestimmt werden. In manchen Fällen können physiotherapeutische Maßnahmen wie gezielte Übungen, Wärme bzw. Kälte, Strom, Ultraschall und Lymphdrainagen helfen. Zudem ist Akupunktur ein wichtiger Pfeiler der Palliativmedizin. Auch Diätologen und Masseure können einen Beitrag leisten.
Versorgung von Hund, Katze und Co. am Lebensende ist aufwendig
„Viele Besitzer erschrecken, wenn sie mehrere Tabletten verabreichen müssen“, sagt der Zoodoc. Dabei kann ein Mehr an Präparaten weniger belastend und effizienter sein; Neben- und Wechselwirkungen sind zu berücksichtigen. Gegen Ende können schließlich Opioide notwendig werden.
„Die Medizin ist toll. Aber irgendwann heißt es, Abschied nehmen“, sagt Reitl. Sowohl Halter als auch Tierärzte sind verpflichtet, Schützlinge zu erlösen, wenn körperliche Qualen unerträglich und unumkehrbar werden. Euthanasie als Privileg. Der KURIER-Tiercoach bestätigt dabei, was Studienerstautorin Springer für die Palliativversorgung herausgefunden hat: „Eine vertrauensvolle, empathische, aber zugleich professionelle Beziehung zwischen Arzt und Halter ist das A und O.“
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