Online-Radikalisierung und Moscheen-Besuch
Vorgeworfen wird ihm in der 21 Seiten starken Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien – sie liegt dem KURIER vor – das Verbrechen der terroristischen Vereinigung (§ 278b Absatz 2 StGB) sowie der kriminellen Organisation (§ 278a StGB).
Die Staatsanwaltschaft hat die Verfahren gegen Beran A. und Luca K. von einander abgekoppelt und den 18-jährigen Komplizen zuerst angeklagt. Laut Staatsschutz ist er ein klassischer Fall jenes Phänomens, bei dem sich Jugendliche speziell via Social-Media-Plattformen wie Tiktok radikalisieren lassen.
Zum Islam konvertiert
In der Familie des 18-Jährigen kann man sich bis heute nicht erklären, wie der Jugendliche derart auf die schiefe Bahn geraten konnte. Besonders der Islam und radikales Gedankengut spielte bei den Eltern – sie haben türkisch/kroatische Wurzeln – keinerlei Rolle. Wie es in der Anklage heißt, "konvertierte Luca Anfang 2022 im Alter von 15 Jahren zum Islam und begann sich bereits nach kurzer Zeit mit den radikal-islamistischen Ansichten des IS auseinander zu setzen, besuchte Moscheen, wo genau diese Ansichten verbreitet wurden“.
Sein enger Kontakt- und Freundeskreis in der Zeit liest sich wie das Who-is-Who der heimischen IS- und Salafistenszene. Darunter finden sich neben Beran A. zwölf weitere, wegen Terrorverdachts namhafte und teils straffällige Personen wie Abu B. (Drahtzieher bei den Wiener Bandenkriegen der "505er"-Gruppe) oder Ali K. – jener 17-Jährige, der wegen eines geplanten Terroranschlags am Wiener Hauptbahnhof 2024 zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt wurde.
Hinrichtungsvideos und der Treueschwur
Laut Anklage tauchte Luca K. ab Ende 2023 tief in die radikal-islamistische Welt ein. Er begann IS-Propagandavideos im Bekanntenkreis zu verteilen, Hinrichtungsvideos zu verschicken – gespickt mit Selfies mit erhobenem Zeigefinger, der Tauhid-Geste, so die Anklage.
Im März und Mai 2024 wurde er zweimal wegen schwerer Körperverletzung am Landesgericht Wien verurteilt. Der milchgesichtige Teenager war damals bereits trotz seines zarten Alters in Straßenschlachten in Wien involviert.
Einen bemerkenswerten Fund machten die Staatsschützer am 9. April 2024. Luca K. soll seiner Rolle als "Sittenwächter“ nachgekommen und Beran A. gemaßregelt haben, er solle eine gewisse Moschee in Wien nicht mehr besuchen – weil diese "westliche Werte gut heiße“.
Morde und Wien-Terror bejubelt
Wie aus der Anklage zu entnehmen ist, soll Luca K. in Sprachnachrichten und Chats die Morde des Wien-Attentäters Kujtim F. verherrlicht und allgemein das Töten von Polizisten gut geheißen haben. Mit einem Messer und einer Pistole in Händen – und wie sein Vorbild Kujtim F. mit gekreuzten Händen vor der Brust – leistete Luca K. auf Video zusammen mit dem gesondert angeklagten Abid H. den Treueschwur auf den aktuellen Kalifen des Islamischen Staates, so die Staatsanwaltschaft.
Was seine genaue Beteiligung an dem geplanten Anschlag auf das Taylor-Swift-Konzert anbelangt, soll der Prozess genaue Aufschlüsse bringen. Der Angeklagte kannte Beran A. bereits aus seiner Schul- und Jugendzeit im Bezirk Neunkirchen. Laut Anklage verbrachte das Duo ab 2024 viel Zeit miteinander. Sichergestellt wurden Handyvideos, die die beiden jungen Männer beim Autofahren zeigen. Beran A. hielt dabei ein Messer in der Hand, auf der Klinge prangt ein IS-Symbol.
Ausländischer Geheimdienst warnte Österreich
Wenige Tage vor dem geplanten Terroranschlag wurde das Duo durch den Tipp eines ausländischen Geheimdienstes bereits rund um die Uhr vom Staatsschutz und von der Cobra observiert. In der Nacht zum 4. August 2024 fuhren Beran A. und Luca K. mit dem Auto zu einer Beachparty ins burgenländische Sigleß. In der Menschenmenge vor dem Eingang stellten die beiden ein Blaulicht auf das Autodach und spielten über das Handy ein Folgetonhorn ab. Die Ermittler glauben, dass es sich um einen Test für den geplanten Anschlag in Wien handelte.
Wie Luca K. beteuert, habe er von dem selbst hergestellten Sprengstoff seines Freundes nichts gewusst. Laut Anklage behauptet er, in die IS-Szene „hineingerutscht“ zu sein. Die Staatsanwaltschaft Wien und die Ermittler halten dies für eine "reine Schutzbehauptung“. Dass Luca K. als Bühnenbauer bei einer Firma angeheuert hatte, die auch für den Bühnenbau beim Taylor-Swift-Konzert verantwortlich war, wird auch noch Thema beim Prozess.
Einen Termin für die Verhandlung des Schöffengerichts in Jugendstrafsachen am Landesgericht Wiener Neustadt gibt es noch nicht.
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