Temperaturen unterschätzt: Kletterer von Eisscholle erschlagen

Risikosport Eisklettern (Symbolbild): Gefahren sind nur sehr schwer einzuschätzen
Im heurigen Winter bereits der dritte Tote. Experte meint: Mehr als doppelt so viele Verletzte als üblich.

Für drei Alpinisten aus Nordrhein-Westfalen (D) endete die Eiskletterei am Maralmfall im Maltatal in Kärnten verheerend. Die Freunde waren laut Polizei am frühen Dienstagnachmittag gerade dabei, ihren Übungsparcours abzubauen, als sich 50 Meter über ihnen eine Eisscholle löste. Der Brocken traf einen 50-Jährigen. Für ihn kam jede Hilfe zu spät.

"Vermutlich hat sich das Eis aufgrund der höheren Temperaturen gelöst", sagt Bernhard Winkler von der Polizeiinspektion Gmünd, der selbst an der Unfallstelle im Einsatz war. Der obere Teil des Wasserfalls sei in den Nachmittagsstunden mittlerweile wieder der Sonne ausgesetzt, schildert Winkler.

Nach dem frostigen Jänner ist für Eiskletterer nun besondere Vorsicht geboten. Vielerorts herrscht Tauwetter. "Das Eisklettern ist eine der Disziplinen im Alpinsport, bei der es sehr große Erfahrung braucht, um das Restrisiko einigermaßen gering zu halten", meint Franz Deisenberger, der als Unfall-Sachverständiger für das Kuratorium für Alpine Sicherheit tätig ist. Beim Gefahren sei zu unterscheiden zwischen jenen, die vom Eisfall selbst ausgehen und äußeren Faktoren wie Lawinen.

Gefährliches Gerät

Selbst die Ausrüstung birgt erhebliche Risiken. Steigeisen an den Beinen, messerscharfe Eisgeräte in den Händen: "Ich habe ein riesiges Verletzungspotenzial alleine durch das Material", schildert Deisenberger. Bei Abstürzen komme es deshalb schnell zu schweren Verletzungen. So geschehen im Jänner in Annaberg (NÖ), als ein 34-jähriger Slowake aus 20 Metern ins Seil gefallen war.

Temperaturen unterschätzt: Kletterer von Eisscholle erschlagen
ABD0019_20170122 - ANNABERG - ÖSTERREICH: ZU APA0056 VOM 22.1.2017 - Beim Eisklettern in Annaberg (Bezirk Lilienfeld) ist ein 34-Jähriger verletzt worden. Der Slowake war am Samstag, 21. Jänner 2017, mit zwei Landsmännern auf der Route "Blue Box" in den Hinteren Tormäuern unterwegs und stürzte kurz vor 16.00 Uhr rund 20 Meter ins Seil. Der Verletzte wurde von der Bergrettung in Sicherheit gebracht. - FOTO: APA/OEKR - ++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK UND REDAKTIONELL ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND ++
Betroffen seien bei derartigen Unfällen oft die Sprunggelenke, wenn bei Stürzen plötzlich die Spitzen der Steigeisen im Eis greifen, erklärt Deisenberger. Hinzu komme, dass im Gegensatz zum Felsklettern die Sicherung im Eis wesentlich schwieriger sei. "Eine Eisschraube hält ungleich weniger als ein Bohrhaken im Fels. Ich kann mir nicht wie beim Sportklettern erlauben, fünf Meter hinaufzuklettern und mich dann einfach fallen zu lassen", sagt Deisenberger. "Die Maxime beim Eisklettern ist: Stürzen verboten!"

Kein Todesfall im Vorjahr

Das Kuratorium für Alpine Sicherheit hat im laufenden Winter bereits jetzt deutlich mehr Unfälle registriert als im vorigen. Verglichen mit dem Mittel der letzten zehn Jahre seien Anfang Februar mehr als doppelt so viele Verletzte als in "normalen" Wintern zu beklagen, sagt Kuratoriums-Präsident Karl Gabl. Gab es im Vorjahr keinen Todesfall und sechs Verletzte, sind es heuer bereits drei Tote und elf Verletzte. Er führt das vor allem auf den verhältnismäßig kalten Jänner zurück. "Es waren die richtigen Bedingungen zum Eisklettern gegeben", sagt Gabl.

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