Strampeln im Urlaub: Statt Meer mehr Rad
Wie aufgefädelt stehen sie im Verkaufsraum: Hier ein rotes, dort ein grünes, daneben ein schwarz-weißes, drumherum neugierige Menschen, die sie beäugen und testen. Das eine mit Elektromotor, das andere ohne und dennoch haben sie etwas gemeinsam: Sie scheinen sehr gefragt - Fahrräder.
„Der Eindruck täuscht nicht“, bestätigt Michael Nendwich, Obmann der Sparte Sportartikelhandel in der Wirtschaftskammer Österreich. „Im Fahrradfachhandel herrscht gerade Jubelstimmung, dort läuft es super.“
Sportlich im Inland
Das hat mit der Corona-Krise zu tun: Obwohl die Autofahrten zum Strandurlaub bald wieder ohne Beschränkungen möglich sind, scheinen sich viele Österreicher auf einen sportlichen) Inlandsurlaub einzustellen. „Uns freut natürlich, dass das Thema Radfahren so gut funktioniert“, betont Nendwich.
Den Touristikern behagt der Trend zu mehr Rad statt Meer freilich auch. „Wir spüren es deutlich am Anfrageverhalten und an den Zugriffen, dass verstärktes Interesse da ist“, schildert Christian Hoflehner von Oberösterreich Tourismus. Die Radkarten würden weggehen „wie warme Semmeln“. Auch der Chef von Steiermark Tourismus, Erich Neuhold, berichtet von „so viel Nachfrage nach Radurlauben, wie noch nie. Auch die Zugriffe auf die Homepage mit Radangeboten sind stark gestiegen.“
Viele Touren
Und davon gibt es wahrlich viele, sowohl in der Steiermark als auch in Oberösterreich. Der Ennsradweg etwa verbindet die beiden Bundesländer und reicht über 280 Kilometer Länge bis nach Salzburg. In der Steiermark ist der Murradweg von Nord nach Süd die bekannteste Route für Radler. Im gesamten Bundesland gibt es 33 speziell ausgewiesene Themenradwege mit 1.100 Streckenkilometern. Rechnet man alle 140 Radwege (inklusive Landes- und Bezirksradwegen) zusammen, kommt man auf ein Netz von rund 4.500 Kilometer. Für die Mountainbiker stehen rund 170-Touren mit 4.600 Kilometern zur Verfügung, davon 1.670 Kilometer abseits des Kfz-Verkehrs.
Eine der beliebtesten Strecken ist auch der Donauradweg: Von Passau über Linz nach Wien legen Radfahrer hier 330 Kilometer zurück. In Oberösterreich werden aber auch kürzere Strecken wie der Hintergebirgsradweg gern in Angriff genommen: Auf 45 Kilometern fährt man dort zum Teil auf der ehemaligen Trasse der Waldbahn, weshalb die Strecke abschnittsweise durch dunkle Tunnel führt.
Unterschiedliche Persönlichkeiten
Je mehr der Trend zum Radeln steigt, desto deutlicher lassen sich aber auch einzelne Urlauberpersönlichkeiten unterscheiden, beschreibt Steiermark Tourismus-Chef Neuhold: Tourenradler, die mit dem eigenen Bike kommen und auch Gepäck mitführen oder der Urlaubsradler, der sich in der Destination für ein, zwei Tage ein Rad ausborgt.
Dann bliebe noch der Genussradler, der trotzdem flott sein will, Stichwort: Pedelec alias E-Bike. „Das Radfahren hat mit dem E-Bike spürbar Rückenwind bekommen“, betont Neuhold. Laut Branchenvertreter Nendwich beträgt der Anteil dieser Fahrräder im Verkauf bereits 39 Prozent. „Das gilt für Kunden, die in der Natur fahren wollen, aber auch im Alltag.“
Die Strecke für die E-Mountainbiker
Entsprechende Angebote gibt es für diese Radlergruppe bereits: Der Salzkammergut Bergseen E-Trail etwa wurde speziell auf E-Mountainbiker ausgerichtet. Er führt über 640 Kilometer und 15.000 Höhenmeter in zehn Etappen durch alle acht Regionen des Salzkammergutes atemberaubender Ausblick garantiert.
Zahlen zum Radboom
Starkes Plus
2019 wurden österreichweit 439.162 Fahrräder neu im Fach- oder Sportartikelhandel verkauft. Der Anteil der E-Bikes daran beträgt 38,9 Prozent oder 170.942 Stück. 2016 betrug der E-Bike-Anteil erst 22 Prozent.
Fahrradtypen
Das Gros der Verkäufe machen die regulären Fahrräder aus, 196.224 wurden 2019 verkauft. Dazu kamen 71.997 Kinder- und Jugendräder, 91.768 E-Bikes, 77.432 E-Mountainbikes sowie 1.741 sonstige E-Bikes (Lasten- oder Falträder).
Preis
Der Durchschnittspreis eines neuen Fahrrades betrug im Vorjahr 1.585 Euro, E-Bikes kosteten durchschnittlich 2.809 Euro.
Umsatz
Der Gesamtumsatz im Fahrradbereich lag im Vorjahr bei 696 Millionen Euro. Die E-Bikes machten davon 480 Millionen oder 69 Prozent aus.
Tempolimit
E-Bikes könnten schneller, dürfen aber nicht: Ihre Höchstgeschwindigkeit darf 25 km/h nicht überschreiten.
Opfer
Acht Menschen starben im Jahr 2019 an den Folgen eines E-Bike-Unfalls.
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