Sterbehilfe: "Patienten und Angehörige werden allein gelassen"
Es ist ein kontroverses und heikles Thema: Sterbehilfe. Seit 1. Jänner 2022 ist die Beihilfe zum Suizid in Österreich nicht mehr strafbar. Seither wurden 481 Sterbeverfügungen errichtet. Zumindest 181 Personen haben den assistierten Suizid in Anspruch genommen. Genau Zahlen liegen nicht vor - es wird nicht einheitlich registriert.
Doch manchen Betroffenen sind die Regeln zu streng. Sie haben Angst, nicht mehr selbst in der Lage zu sein, das tödliche Präparat einzunehmen. Vier Personen (darunter zwei Schwerkranke) und ein Verein haben sich in der Sache daher an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gewandt. Ihr Argument ist nur auf den ersten Blick irritierend: Sie argumentieren unter anderem mit dem Recht auf Leben. Am Donnerstag findet dazu eine öffentliche Verhandlung statt.
"Vor vier Jahren hat der Verfassungsgerichtshof über die grundsätzliche Frage entschieden. Jetzt geht es darum, dass der Gesetzgeber das nicht ordentlich umgesetzt hat", sagt Rechtsanwalt Wolfram Proksch. Man habe immense Hürden geschaffen, beklagt er.
Das sieht auch Palliativmedizinerin Christina Kaneider so. "Wenn sich der eigene Hausarzt weigert, ist für viele Betroffene schon Schluss." Patienten und Angehörige würden allein gelassen werden. Denn die Suche nach bereitwilligen Ärzte könne zum Spießrutenlauf werden - Mediziner können ohne Angabe von Gründen ablehnen. Öffentlich einsehbare Listen, welche Ärzte sich dazu überhaupt zur Verfügung stellen, gibt es selten.
Rita Offenberger von der Ärztekammer präsentiert im Zuge der Verhandlung erstmals entsprechende Zahlen: Österreichweit sind 294 Ärzte gelistet, die zur Aufklärung Sterbewilliger bereit sind.
- Wien: 33
- Vorarlberg: 5
- Tirol: 15, die auf der Ärztekammer-Homepage veröffentlicht sind, dazu 32 weitere, die nicht online gelistet werden wollten
- Steiermark: 78
- Salzburg:19
- Oberösterreich: 17
- Niederösterreich: 85
- Kärnten: 7
- Burgenland: 3
Ebenfalls kritisch betrachtet wird, dass die Sterbeverfügung nur ein Jahr lang gültig ist. "Dadurch setzt man die Betroffenen einem großen Druck aus", wird beklagt. Eine Neuerrichtung der Verfügung kostet zudem erneut Geld.
Eine Entscheidung fällten die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs am Donnerstag nicht.
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