Beliebter Kirchenmann: Steirischer Altbischof Weber gestorben

++ ARCHIVBILD ++ STEIRISCHER ALTBISCHOF JOHANN WEBER IM 94. LEBENSJAHR VERSTORBEN
Johann Weber wird als mutiger "Leutebischof" in schwierigen Zeiten gewürdigt. Er verstarb 93-jährig in Graz,

Die Diözese Graz-Seckau und mit ihr die österreichische Kirche trauern um ihren Altbischof Johann Weber. Der langjährige Grazer Diözesanbischof und frühere Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz ist in der Nacht auf Samstag im 94. Lebensjahr in Graz verstorben, wie die Diözese mitteilte. Weber hatte sich seit Mittwoch auf der Intensivstation des LKH Graz befunden.

Sein Zustand hatte sich kurzfristig stabilisiert, man war sogar optimistisch bezüglich einer Besserung gewesen, wie es am Samstag auf APA-Anfrage hieß. In der Nacht auf Samstag starb der beliebte Altbischof jedoch. Weber hatte erst im April seinen 93. Geburtstag gefeiert.

Abschied eines beliebten Hirten

Weber war zu seiner Zeit als Bischof einer der beliebtesten Kirchenmänner Österreichs. In seine Amtszeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz fielen u.a. die Aufräumarbeiten nach den Missbrauchsvorwürfen gegen Kardinal Hans Hermann Groer. In der Steiermark wirkte er noch lange als einfacher Pfarrer.

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn über seinen Amtsvorgänger an der Spitze der Bischofskonferenz:  "Es war ein Glück für die Kirche in Österreich, dass Bischof Weber ab 1995 an ihrer Spitze stand." Weber habe sich in schwierigen Jahren als "weiser, kluger, ausgleichender und zugleich engagierter und mutiger Bischof bewiesen", er habe "in der "schweren Zeit nach der Causa Groer und dem 'Kirchenvolks-Begehren' die Kirche sehr gut geleitet", hielt Schönborn im Interview mit Kathpress fest.

Schützenhöfer: "Bischof der kleinen Leut'"

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zeigte sich betroffen vom Tod des Altbischofs: "Bischof Johann hat in den Herzen der Steirerinnen und Steirer einen ganz besonderen Platz. Er war über Jahrzehnte das geistliche Herz einer aufblühenden Steiermark. Sein aufbrechender offener Geist verpflichtet dem 2. Vatikanischen Konzil prägte als Bischof der kleinen Leut' Generationen von SteirerInnen. Ich konnte ihm im April noch zu seinem Geburtstag gratulieren und war sehr berührt von seiner Antwort."

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen bedauerte am Samstag das Ableben von Altbischof Weber. "Mit Johann Weber verliert die steirische Kirche einen über Diözesangrenzen hinaus geschätzten Oberhirten", teilte er mit. Seine Volksnähe und Bescheidenheit würden vielen in Erinnerung bleiben. LHStv. Anton Lang (SPÖ) würdigte Weber als "Bischof über alle Konfessions-, Religions- und Parteigrenzen". Kärntens Oberhirte Josef Marketz nannte Weber einen "Leutebischof".

Beginn in "roten" Gebieten

Weber wurde am 26. April 1927 in Graz-St. Veit als eines von sechs Kindern eines Gendarmerie-Inspektors geboren. Die Aktivitäten der Nazis und den Einmarsch der Deutschen in Österreich bekam er in jungen Jahren zu spüren. 1937/38 war er ins Bischöfliche Knabenseminar eingetreten, das die Nazis nach dem "Anschluss" wie viele solcher katholischer Einrichtungen umgehend schlossen. Danach besuchte er das Akademische Gymnasium, 1943 wurde er im Alter von 16 Jahren als Luftwaffenhelfer eingesetzt, dann zur Wehrmacht eingezogen. 1945 absolvierte er die Matura und begann an der Grazer Karl-Franzens-Universität ein Studium, zuerst zwei Semester Germanistik und Geschichte, dann vier Jahre Theologie. Am 2. Juli 1950 wurde Weber zum Priester geweiht.

Als junger Kaplan hatte er für die katholische Kirche schwierige, weil "rote" Gebiete zu betreuen - die obersteirische Stahlstadt Kapfenberg und den weststeirischen Braunkohlen- und Eisenbahnerort Köflach. Von 1962 bis 1969 war Weber Stadtpfarrer in Graz-St. Andrä - dort agierte übrigens auch der jetzige Diözesanbischof von Innsbruck, Hermann Glettler, von 1997 bis 2017 als Seelenhirte und Künstler-Pfarrer. Am 10. Juni 1969 ernannte Papst Paul VI. Weber - nach dem überraschenden Rücktritt von Alois Schoiswohl zu Silvester 1968 - zum 56. Bischof der Diözese Graz-Seckau. Die Weihe erfolgte am 28. September 1969 im Grazer Dom.

Weber hatte früh die Notwendigkeit erkannt - im Gefolge der 1968er und des Wandels der Gesellschaft in der Ära Bruno Kreisky - die Kirche zu öffnen, ganz im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils, das der Wiener Erzbischof Franz König mitgeprägt hatte. Weber hatte sich immer wieder für eine stärkere Einbindung von Frauen in Kirchenfunktionen ausgesprochen und sich u. a. eine Frau als Kanzlerin - also eine Büroleiterin - im Bistum als dritthöchstes Amt nach Bischof und Generalvikar gewünscht. Mit Priestern müssen nur die Funktion des Bischofs, des Generalvikars und des Gerichtsvikars besetzt werden.

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In seiner Amtszeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz musste sich Weber mit einer der schwersten Krisen der österreichischen Kirche nach dem Krieg auseinandersetzen: den Anfang 1995 aufgekommenen Vorwürfen gegen den früheren Wiener Erzbischof Hans Hermann Groer wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen. Dieser war wie auch der dogmatische St. Pöltener Bischof Kurt Krenn von fortschrittlichen Kreisen in Kirche und bei Laien als deutlicher Rückschritt vom Konzil empfunden worden. Im April 1995 übernahm Weber von Groer den Vorsitz der Bischofskonferenz. In einer gemeinsamen Erklärung der Bischöfe Weber, Christoph Schönborn, Georg Eder und Egon Kapellari wurde Ende Februar 1998 bekanntgegeben, dass sie zur "moralischen Gewissheit" gelangt seien, dass die Vorwürfe gegen Groer "im Wesentlichen" zuträfen.

Dialog

In Webers Amtszeit fielen aber auch das Kirchenvolksbegehren und als dessen Folge der Beginn des "Dialogs für Österreich". Weber stellte 1970 erstmals einen Laientheologen als Pastoralassistenten an, richtete im selben Jahr einen Diözesanrat ein. 1971 wurden erstmals Ordensfrauen in einer Pfarre ohne Priester am Ort erlaubt. 1974 folgte die Telefonseelsorge, 1977 die Errichtung der Wohngemeinschaft "Mütter im Karenzjahr". 1981 kam der große Steirische Katholikentag. Am 13. September 1983 besuchte Papst Johannes Paul II. Mariazell.

Am 6. April 1995 wurde Weber in Wien als Nachfolger Groers zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt. Im 73. Lebensjahr, ein Jahr vor dem offiziellen Termin, bat er den Vatikan, sich zurückziehen zu dürfen. Ein Grund dürfte seine Gesundheit gewesen sein, kurz zuvor hatte er in einem Zeitungsinterview gemeint, er spüre "die Grenzen seiner Schaffenskraft". Ein anderer war wohl, dass Weber in vielen seiner Bemühungen, etwa in der Causa Groer, von Rom nicht wirklich unterstützt worden war.

Der Kirche blieb Weber, der über 50 Jahre lang Bischof und über 69 Jahre Priester gewesen war, noch lange über seinen Rücktritt hinaus erhalten. Abwechselnd mit Pfarrer Hans Schrei hielt er bis zuletzt im Grazer Pfarrverband St. Leonhard-Kroisbach-Ragnitz Gottesdienste. Am 9. Jänner 2017 feierte Weber zusammen mit Altbischof Egon Kapellari und dem aktuellen Oberhirten von Graz-Seckau, Wilhelm Krautwaschl, den Gottesdienst zur Beerdigung eines seiner politischen Weggefährten, des verstorbenen Alt-LH Josef Krainer jun. - in jener Pfarre St. Veit im Norden von Graz, wo er geboren worden war. Im Herbst 2019 hatte Weber sein Goldenes Priesterjubiläum gefeiert.

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