Als das neue Wunderwerk der Technik vor zwanzig Jahren im Wiener Kaisermühlen-Tunnel installiert wurde - ging zunächst einmal gar nichts. Die als Raserschreck erhoffte Section-Control war zunächst nicht kompatibel mit dem Strafcomputer der Wiener Polizei, der noch von einer DDR-Firma gekauft worden war. Ostblock und moderne Software waren nicht füreinander bestimmt.
Außerdem hatte ein Techniker übersehen, bei dem Hightech-Gerät die Greenwich-Mean-Time auf unsere Sommerzeit umzustellen. Wochenlang gab es keine Strafen, auch weil falsche Zeiten auf den Anonymverfügungen standen.
Als diese nach Monaten Verzögerung dann zu Jahresende schließlich doch noch ausgeschickt wurden, hatte ein junger Autofahrer aus Wien gleich 25 Strafzettel auf einmal in seinem Postkasten. Das kostete ihn 3000 Euro und für einige Wochen den Führerschein.
Sein telefonisches Ansuchen auf einen Rabatt wurde jedenfalls höflich, aber bestimmt abgelehnt.
Disput um die Section-Control
Dem vorangegangenen war allerdings ein jahrelanger Streit. Oberst Franz Stockinger, legendärer Chef der Wiener Verkehrspolizei, wollte das in den Niederlanden erfundene Langstreckenradar unbedingt haben. Verkehrsminister Caspar Einem (SPÖ) und die ASFINAG fanden hingegen, dass 15 Millionen Schilling (mehr als eine Million Euro) zu viel Geld für so ein System waren. Das würde sich niemals rechnen.
Erst als der KURIER über den Streit berichtete, gab es grünes Licht. Ein wirklicher Fan der Abschnittskontrolle wurde aber erst Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ). Er kündigte zahlreiche Geräte an und versprach, damit nur Baustellen und Tunnels auf Autobahnen zu überwachen. Wenig später wurde erstmals ein Gerät auf freier Strecke installiert, anschließend auch Gorbachs Tempo-160-Teststrecke auf der Tauernautobahn überwacht.
Section-Control war nicht wetterfest
Immer wieder gab es zu Beginn rechtliche, aber auch technische Probleme. Das zweite stationäre Gerät im Wechselgebiet auf der Südautobahn entpuppte sich als nicht wetterfest, nach Gewittern war es oft tagelang außer Betrieb.
Dennoch wurde die Section-Control zur Erfolgsgeschichte. Bereich nach siebzehn Monaten waren die Kosten des ersten Apparats wieder eingespielt. Kurz darauf setzte das große Vergessen bei den Autofahrern ein, im Folgejahr verfünffachte sich die Zahl der Strafen - und sank nie wieder.
Im Kaisermühlentunnel gab es nie mehr wieder einen tödlichen Verkehrsunfall, obwohl es bis heute ein Schlupfloch gibt. So schafften es Roadrunner, mit Tempo 300 durch die Röhre zu rasen. Ein ähnliches Tempo erreichten im August 2003 auch mehrere Verkehrspolizisten. Für sie war eine Nacht der Tunnel gesperrt worden, um die Anlage zu eichen. An diesem Nachtdienst gab es viel Interesse.
Viele Unfälle verhindert
Jedenfalls gingen durch das Langstreckenradar die Unfälle in den Bereichen meist um etwa 30 Prozent bis die Hälfte zurück. Die Praxis hat außerdem gezeigt, in mit Section-Control überwachten Bereichen verringert sich die durchschnittliche Geschwindigkeit bei Pkw um zehn und bei Lkw um fünfzehn Kilometer pro Stunde.
Seit 2011 sind die Geräte auch auf Bundesstraßen - etwa bei Krems - im Einsatz. Österreich besitzt neun stationäre und zwanzig mobile Systeme. Überwacht werden damit momentan ausschließlich Bereiche, in denen Tempolimits zwischen 60 und 100 km/h gelten.
Auch Deutschland und Italien haben wegen des österreichischen Erfolges ähnliche Geräte angeschafft. Im südlichen Nachbarland werden große Bereiche auf freier Strecke kontrolliert.
"Die Einführung von Section-Control war für die Verkehrssicherheit ein Meilenstein. Dort, wo sie eingesetzt wird, läuft der Verkehr ruhiger und harmonischer. Gefährliche Auffahr- und Spurwechselmanöver verringern sich. Das bringt nachweisbar mehr Verkehrssicherheit. Mithilfe von Section-Control konnten wir die Zahl von Unfällen in Baustellenbereichen am ASFINAG-Netz halbieren. Wir setzen dort auf Section-Control, wo herkömmliche Maßnahmen zur Temporeduktion keinen Erfolg erzielen“, betont ASFINAG-Chef Hartwig Hufnagl.
Mittlerweile kosten die Geräte übrigens nur mehr 200.000 Euro pro Stück.
Kommentare